zurück
MÜNCHEN
„Kein Grund für Minderwertigkeits-Komplexe“
Markus Söder (links) ist seit dem 16. Oktober Europaminister im Kabinett von Ministerpräsident Günther Beckstein (rechts).
Foto: FOTO dpa | Markus Söder (links) ist seit dem 16. Oktober Europaminister im Kabinett von Ministerpräsident Günther Beckstein (rechts).
Das Gespräch führte henry Stern
 |  aktualisiert: 08.11.2007 03:42 Uhr

Mit vierzig Jahren ist er Bayerns jüngster Minister. Mit uns spricht Markus Söder über die Bedeutung, jeden Tag in der Zeitung zu stehen, über fränkische Identität in Europa – und seine Probleme bei der Wahl des Fernsehprogramms am Sonntagabend.

Frage: Bevor wir über fränkische Identität reden: Zunächst zu Ihrer eigenen neuen Identität als Bayerns Europaminister. Manche behaupten, das ganze Beckstein-Kabinett sei nur um diesen Posten für Sie herumgezimmert worden – um Markus Söder zugleich zu befördern und zu degradieren. Wie empfinden Sie das selbst?

Markus Söder: Ich gebe zu, auch ich war ein wenig überrascht. Aber ich freue mich jeden Tag mehr an dieser Aufgabe. Weil ich sehe, was dahinter steckt und was man für spannende Möglichkeiten hat. Zudem bin ich einer der jüngsten Minister in der bayerischen Geschichte. Das ist eine große Ehre. Und auch eine große Chance, mich persönlich weiter zu entwickeln.

Ihre Vorgänger taten sich mit öffentlicher Aufmerksamkeit oft schwer. Sie haben gleich gesagt, sie seien eine Art bayerischer Außenminister. Ist das das neue fränkische Selbstbewusstsein?

Söder: Es stimmt doch mit dem Außenminister: Ich bin für alle „Außen-Beziehungen“ Bayerns zuständig – ob nun in Berlin, in Brüssel oder auch für die internationalen Partnerschaften Bayerns. Was die Außenwirkung betrifft, ist das zweifellos eine neue Situation: Als CSU-Generalsekretär war ich ja für die „Abteilung Attacke“ zuständig. Ich habe vier Jahre lang mit jedem Linken der Republik gerauft. Da konnte ich mich über öffentliches Interesse wahrlich nicht beklagen. Aber es ist vielleicht kein Schaden, wenn man nicht jeden Tag in der Zeitung stehen muss. Meine Hauptaufgabe jetzt ist es, sachlich zu arbeiten und meinen eigenen politischen Entwicklungs-Prozess voranzubringen.

Ministerpräsident, Innenminister, selbst ernannter Außenminister – alles Franken. Manche Oberbayern in der CSU scheinen schon selbst Identitäts-Probleme zu bekommen. Gar von der „Franken-Mafia“ ist in München schon die Rede...

Söder: Wir wurden auch schon die „Bratwurst-Connection“ genannt. Ich halte solche Dinge aber für Unsinn. Es hat sich früher ja auch keiner aufgeregt, als die Franken weniger Aufgaben hatten. Insgesamt können wir im Fränkischen doch sehr selbstbewusst sein: Die CSU etwa hat in ganz Franken bei der letzten Landtagswahl genau so viele Stimmen geholt, wie in Oberbayern und München. Beide Landesteile sind also von der politischen Bedeutung her gleichwertig – und deshalb nun auch angemessen im Kabinett vertreten.

Auch Europa-Politik hat viel mit Identität zu tun: Mit der Weiterentwicklung einer europäischen Identität auf der einen Seite. Und mit Ängsten vor dem Verlust regionaler Identität auf der anderen Seite. Wie wollen Sie da vermitteln?

Söder: Ich will zunächst im täglichen Geschäft erreichen, dass unsere bayerische und fränkische Identität im großen Europa erkennbar bleibt. Als Beispiel fällt mir da etwa der Schutz des Bocksbeutels ein. Was mir aber darüber hinaus sehr wichtig ist: Ich möchte an einem Europa der Werte arbeiten. Europa hat sich bisher sehr stark über Institutionen definiert. Ich glaube aber, Europa muss weiterentwickelt werden zu einem Europa der Werte. Dazu gehört letztlich auch die bayerische und fränkische Identität. Dazu gehört der Bocksbeutel genauso wie das Kruzifix. Wenn diese Identität gewahrt bleibt, stärkt das auch die Akzeptanz der Bürger für Europa insgesamt.

Sie kämpfen für den Bocksbeutel, viele Winzer füllen ihren Frankenwein längst in andere Flaschenformen ab. Haben denn regionale Besonderheiten im globalen Markt überhaupt eine Chance?

Söder: Natürlich bin ich überzeugt, dass es auf Dauer eine Renaissance der regionalen Besonderheiten geben wird. Die Zeit der Gleichmacherei ist vorbei. Gerade durch die Globalisierung gibt es ein immer stärkeres Interesse an persönlicher und kultureller Identität.

Will man diese Identität auch vermarkten, muss man sich ihr aber erst selbst bewusst sein.

Söder: Was das Selbstbewusstsein betrifft, sind wir Franken auf einem guten Weg. Nicht nur was das Politische betrifft mit einem fränkischen Ministerpräsidenten. Auch sportlich mit dem DFB-Pokalsieg des 1. FC Nürnberg. Die Metropol-Region Nürnberg boomt. Die Schweinfurter haben ihre Krise lange hinter sich gelassen. Würzburg spielt mit seinen Hochschulen ganz vorne mit. Für Minderwertigkeits-Komplexe gibt es in Franken also schon lange keinen Grund mehr.

Der Würzburger Kabarettist Frank-Markus Barwasser alias Erwin Pelzig hat kürzlich geschrieben, was den Franken noch fehle, sei ein eigener „Tatort“ im Fernsehen. Das durchzusetzen, wäre doch eine schöne Aufgabe für den Franken Markus Söder?

Söder: Ich habe mir ja schon vor einigen Jahren mit Äußerungen zum „Tatort“ viel Ärger eingehandelt. Mein Problem am Sonntagabend ist ohnehin ein ganz anderes: Meine Frau möchte immer Rosamunde-Pilcher-Filme sehen, die ich persönlich nicht sehr mag. Mir ist es deshalb letztlich egal, ob der „Tatort“ aus Franken kommt oder aus Kiel. Ich bin schon froh, wenn ich mich an der Fernbedienung überhaupt mal durchsetzen kann.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top