Der Klinikkonzern Asklepios kleidet Ärzte und Pflegepersonal in seinen rund 100 Einrichtungen deutschlandweit neu ein. Der klassische langärmlige Arztkittel wird von April an ausgemustert, kurze Ärmel sind Pflicht. Damit reagiere man auf die Sorge der Patienten vor einer Ansteckung mit multiresistenten Keimen, heißt es bei Asklepios. Auch am Universitätsklinikum (UKW) in Würzburg wird derzeit über eine neue Kleiderordnung diskutiert. Dass der traditionelle weiße Kittel für die rund 900 Ärzte ganz abgeschafft wird, hält Professor Ulrich Vogel, der Leiter der Stabsstelle Krankenhaushygiene, aber für eher unwahrscheinlich.
Vogel zitiert auf Nachfrage mikrobiologische Untersuchungen, die belegen, dass die Ärmel von Arztkitteln im Verlauf eines Arbeitstages mit bakteriellen Krankheitserregern kontaminiert werden. Auch wisse man, so der Experte, dass Träger von Langarm-Kitteln bei der regelmäßigen Händedesinfektion die Handgelenke „weniger effektiv“ behandeln. Insofern empfiehlt Vogel den Kollegen vor jeder ärztlichen Untersuchung von Patienten den Kittel abzulegen. In Operationssälen und im Intensivbereich sei eh schon lange nur kurzärmlige Arbeitskleidung im Einsatz.
Schwestern und Pfleger tragen heute schon in den meisten Häusern lediglich einen Kasack. In England ist kurzärmlige Arbeitskleidung auch bei Ärzten Pflicht. Allerdings, so Vogel, gebe es keine Studien, die belegen, dass sich Infektionsraten durch Klinikkeime so senken ließen.
Der Hygieniker nennt derweil auch Argumente, die für einen „Visitenmantel“ sprächen. Auf einem weitläufigen Gelände wie dem Uni-Campus sei der Kittel durchaus nützlich. Schließlich komme auch die Psychologie ins Spiel. Der Mediziner im weißen Kittel ist eben nicht nur in Fernsehserien eine Autorität. Studien zeigten, so Vogel, „dass es manchen Patienten leichter fällt, persönliche Informationen mitzuteilen, wenn das Gegenüber einen Arztkittel trägt“. Manchem Patienten helfe der weiße Mantel auch, Ärzte von Pflegekräften zu unterscheiden.
Dass es auch Mediziner gibt, für die der Kittel ein Statussymbol ist, bestätigt Asklepios-Geschäftsführer Kai Hankeln. So falle älteren Chefärzten der Abschied von der traditionellen Arbeitskleidung schwerer als jungen Kollegen. Der Konzern, der unter anderem Kliniken in Seligenstadt (Lkr. Offenbach) und Bayreuth betreibt, macht die Hierarchien künftig durch unterschiedliche Farbstreifen auf dem Kasack deutlich.
Unterdessen wird der der Einsatz von Kitteln am Uni-Klinikum weiter diskutiert. Auch bei der Rhön-Klinikum AG in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) arbeitet man laut Sprecher Achim Struchholz „permanent“ an den Themen Hygiene und Patientensicherheit. Ein Aus für den Kittel stehe aktuell nicht zur Debatte. Ähnliche die Lage am Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt. Laut Sprecher Veit-Maria Oertel verfügt jeder der über 200 Mediziner über sechs bis acht Kleidungssätze, darunter auch Kittel. Entscheidend für die Hygiene sei die Händedesinfektion. Oertel: „Da achten wir ganz besonders drauf.“ Mit Infos Von DPA