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Immer mehr Menschen in Bayern infizieren sich mit Geschlechtskrankheiten
Die Zahl der HIV- und Syphilis-Infektionen schießt in die Höhe – besonders in Bayern. Wo im Freistaat die Zahl besonders hoch ist und was sich dagegen unternehmen lässt.
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Foto: Peter Endig, dpa/Jonathan Lindenmaier
Jonathan Lindenmaier
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:25 Uhr

Geschlechtskrankheiten verbreiten sich in Bayern deutlich stärker als noch vor einigen Jahren. Das zeigt die Zahl der Diagnosen von Syphilis und HIV. Wurden 2022 noch 510 Fälle von HIV in Bayern gemeldet, waren es 2023 laut Robert-Koch-Institut schon 608. Zu Beginn der 2000er-Jahre war dieser Wert noch halb so hoch. 

Ähnlich verhält es sich mit den Diagnosen von Syphilis. Zwar gingen die Zahlen während der Corona-Lockdowns zurück, weniger Kontakte hieß auch weniger Möglichkeiten, die Viren zu übertragen. In den Folgejahren stiegen die Fälle aber umso stärker an. Im vergangenen Jahr wurden laut RKI 1229 Fälle von Syphilis in Bayern diagnostiziert. Ein Anstieg von gut 20 Prozent gegenüber der Vor-Corona-Zeit und ein Vielfaches mehr als zu Beginn der 2000er-Jahre. Damals bewegte sich der Wert meist im Bereich von 500 bis 600 diagnostizierten Fällen.

Über die Entwicklung anderer Geschlechtskrankheiten wie Chlamydien oder Gonorrhoe liegen nur wenig gesicherte Informationen vor. Der Grund: Die meisten sind laut Infektionsschutzgesetz nicht oder erst seit Kurzem meldepflichtig. Das RKI geht allerdings auch für diese Krankheiten von einem Anstieg aus.

Die Zahl der Infektionen unterscheidet sich von Wohnort zu Wohnort

Norbert Brockmeyer ist Präsident der STI-Gesellschaft, die zu sexuell übertragbaren Krankheiten forscht und aufklärt. Er sieht mehrere Gründe für den Anstieg. Zum einen wüssten viele junge Menschen zu wenig über die Gefahren und die Verbreitung solcher Krankheiten. "Wir bräuchten dringend schon in den Schulen viel mehr Aufklärung über sexuelle Gesundheit", sagte er kürzlich gegenüber unserer Redaktion. Einen weiteren Grund sieht er in den digitalen Medien – Dating-Apps beispielsweise. "Dadurch ist die Möglichkeit geschaffen worden, schneller Sexualkontakte zu knüpfen."

Die Zahl der Infektionen unterscheidet sich aber auch von Wohnort zu Wohnort. "Insbesondere städtische Ballungszentren weisen hohe Inzidenzen auf", sagt eine Sprecherin des RKI. Dort sei die Zahl der Sexualkontakte meist höher, Krankheiten können sich eher verbreiten. Dieser Trend zeigt sich auch, wenn man auf die Zahl der Fälle in den Bundesländern blickt. Die meisten Diagnosen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner werden in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen gemeldet. Unter den Flächenbundesländern schneidet vor allem Bayern schlecht ab. So verzeichnet das RKI hier die meisten HIV-Diagnosen pro 100.000 Einwohner und die zweitmeisten Syphilis-Fälle.

Warum ausgerechnet im Freistaat so viele Menschen mit HIV oder Syphilis diagnostiziert werden, lässt sich nicht eindeutig begründen, heißt es vom RKI. Ein möglicher Erklärungsansatz: Die verhältnismäßig bevölkerungsreichen Ballungszentren wie München, Nürnberg oder Augsburg treiben die Zahlen nach oben. Dort würden laut RKI deutlich höhere Inzidenzen gemeldet als im Umland. Bundesländer mit weniger Großstädten melden tendenziell auch weniger Fälle. Auch innerhalb Bayerns weisen die Regierungsbezirke mit großen Ballungszentren – wie Oberbayern oder Mittelfranken – höhere Inzidenzen auf als ländlich geprägte Regionen wie die Oberpfalz.

Das bayerische Gesundheitsministerium will die Fallzahlen senken. Dabei setzt das Ministerium vor allem auf Informationskampagnen. "Bei sexuell übertragbaren Krankheiten wie HIV ist es oftmals so, dass viele Infizierte gar nicht wissen, dass sie den Erreger in sich tragen und weitergeben können", sagt ein Sprecher des Ministeriums. Norbert Brockmeyer von der STI-Gesellschaft sieht das ähnlich und betont die Notwendigkeit von niedrigschwelligen Testangeboten. "Die meisten STIs machen zu 80 Prozent keine Symptome", sagt er. Dadurch gehen viele Betroffene nicht zum Arzt. Wichtig seien praktische Lösungen wie Home-Tests für HIV oder Kits zur Selbstentnahme von Proben, die über Online-Shops und Gesundheitsämter zugänglich gemacht werden sollten. Aktuell werde das aber noch zu wenig angeboten. (mit dpa)

 
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