Alles fängt wohl mal klein an: ein Mini-Biergarten im Englischen Garten in München. Eine Handvoll Liegestühle vor einer kleinen Bühne. Vielleicht zwei Dutzend Gäste. Ein Akkordeon-Spieler. Ein paar gebrauchte Dirndl und eine Bio-Lederhose als Dienst-Kleidung. Dazu ein selbst gemachtes Zepter aus „Upcycling-Papier“.
Eva I. heißt die erste bayerische Bio-Königin, die am Samstag in München auf diese Weise offiziell gekrönt wurde. Dass der Rahmen im Vergleich zu den längst zu „Events“ hochgestylten Ausrufungen von Wein- oder Bier-Königinnen eher handgestrickt ausfiel, passt aber durchaus zum Anspruch der Nachhaltigkeit der in Bayern boomenden Bio-Branche.
Durch und durch eine Premiere
Diese habe nun mit der – nach eigenen Angaben – auch bundesweit ersten Bio-Königin „ein charmantes Gesicht und eine starke Stimme“, wie Hubert Bittlmayer, Amtschef des Landwirtschaftsministeriums, in einer kurzen Rede lobte. Bis es soweit kommen konnte, mussten allerdings offenbar zunächst einige Hürden überwunden werden.
Denn der Zugang zu den royalen Insignien in der bayerischen Landwirtschaft ist streng geregelt: Ein eigener bayerischer Produkt-Königinnen-Verein hält das Copyright auf alle königlichen Titel im landwirtschaftlichen Bereich, wie Harald Ulmer, Geschäftsführer der Landesvereinigung Öko-Landbau (LVÖ), erklärte.
Am Anfang steht ein Antrag
Und der landwirtschaftlichen Hoheiten gibt es längst viele: Neben den weithin bekannten Wein- , Bier- oder Spargelköniginnen repräsentieren unter anderem noch eine bayerische Milchkönigin, Weizenkönigin, Honigkönigin, Apfelkönigin, Kartoffelkönigin, Weißwurstkönigin, Waldkönigin, Meerrettich-Königin, Zwiebelkönigin oder Gurkenkönigin. Dazu kommen noch lokale Hoheiten wie etwa die Hallertauer Hopfenkönigin, die Merkendorfer Krautkönigin oder die Mostkönigin des Lallinger Winkels.
Zwar sei der nach der Jahrtausendwende tobende Höhepunkt des landwirtschaftlichen Royalismus inzwischen überschritten, heißt es bei Landwirtschaftsexperten in München. Doch wer eine neue Königin ausrufen möchte, muss dies immer noch zunächst beim Königinnen-Verein offiziell beantragen.
In Fall der neuen Bio-Königin stammte die Idee vom Bio-Verband „Biokreis“, der offenbar schnell auch die Bio-Verbände Bioland, Naturland und Demeter von der Idee einer gemeinsamen Repräsentantin überzeugen konnte. Weniger begeistert zeigte sich dem Vernehmen nach zunächst allerdings der Bayerische Bauernverband, der sich von der Bio-Konkurrenz offenbar brüsk überrumpelt fühlte.
„Den Bauernverband mit ins Boot zu holen, war ein Prozess“, sagt – auf den Zwist angesprochen – LVÖ-Mann Ulmen diplomatisch. Nun sei aber alles gut, schließlich hätten ja alle was von der neuen Marken-Botschafterin. Und in der Tat: Der Bauernverband schickte immerhin seinen oberbayerischen Bezirkspräsidenten Anton Kreitmair zur offiziellen Krönungsfeier.
8000 Betriebe im Freistaat
An der Bio-Landwirtschaft in Bayern kommt man ohnehin kaum noch vorbei: Laut Landwirtschaftsministerium gibt es inzwischen rund 8000 Bio-Betriebe im Freistaat, die rund 250 000 Hektar bewirtschaften. Allein im vergangenen Jahr seien rund 800 Bio-Bauern neu dazu gekommen. Laut LVÖ stehen der Öko-Landbau und die Öko-Lebensmittelwirtschaft in Bayern für mehr als 50 000 Arbeitsplätze und mehr als drei Milliarden Euro Jahresumsatz.
Auch die CSU-Staatsregierung ist deshalb längst auf den Bio-Trend aufgesprungen: Mit einer eigenen „BioRegio“-Strategie will Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) den Öko-Landbau in Bayern bis 2020 sogar verdoppeln.
Dabei mithelfen soll nun auch Bio-Königin Eva Gottschaller. Als Tochter eines Bio-Bäckers aus Niederbayern sei die gelernte Schauspielerin jedenfalls die perfekte Wahl, lobte der Moderator der Krönungsfeier: „Unsere Eva stammt sozusagen aus zertifiziertem Anbau.“