Weniger Zinserträge, weniger Mitarbeiter, weniger Filialen – und wachsender Druck, auch durch Fusionen die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern: Die 71 bayerischen Sparkassen stehen derzeit ohne Zweifel vor großen Herausforderungen.
Hauptgrund für die missliche Lage sind aus Sicht von Bayerns Sparkassen-Präsident Ulrich Netzer die niedrigen Zinsen und die Überregulierung in Europa. „Die Sparkassen haben ein einfaches, aber intelligentes Geschäftsmodell“, erklärt Netzer: In der Region Spareinlagen einsammeln und als Kredite an Unternehmen und Privatleute wieder ausreichen. Dazwischen liegt der Zins als Hauptertragsquelle der Sparkassen.
Weil das Geschäftsmodell so geradlinig sei, habe es die Sparkassen durch gute wie durch schlechte Zeiten getragen. Nun aber ist die Geldpolitik in Europa von Niedrigzinsen geprägt – und Bayerns Sparkassen leiden besonders darunter. Zwar konnten die Institute im vergangenen Geschäftsjahr sowohl die Einlagen (auf 122 Milliarden Euro) wie auch die Auslagen (auf 152 Milliarden Euro) um jeweils mehr als vier Prozent steigern. Der Jahresüberschuss schrumpfte dagegen von 337 auf 317 Millionen Euro. Unter dem Strich sei man damit sogar recht zufrieden, gestand Netzer ein: „Weil wir besser abgeschnitten haben als vor einem Jahr vorhergesagt.“
Letztendlich gelte aber: „Wenn der Zins praktisch abgeschafft ist, kann das nicht ohne Auswirkungen auf die Ergebnisse der Sparkassen bleiben.“ Denn anders, als manche Geschäftsbanken, die auch am Kapitalmarkt Geld verdienen können, hängen die Sparkassen extrem vom Zinsgeschäft ab: Bis zu achtzig Prozent der Gewinne einer Sparkasse stammten bislang aus dem Zinsüberschuss. Gleichzeitig geht der Sparkassen-Verband davon aus, dass diese Erträge bis 2020 noch um rund ein Viertel sinken könnten.
Eine Entwicklung, die kein Zufall ist, vermutet man im Sparkassenlager – sondern vor allem auf europäischer Ebene politisch gewollt und von Berlin nicht verhindert: „Die Europäische Zentralbank zielt ganz klar auf strukturelle Marktbereinigung“, glaubt etwa Sparkassen-Landesobmann Walter Strohmaier.
Allerdings haben die Sparkassen Hausaufgaben zu machen: Für die Aufgabenerfüllung sei eine Struktur mit 71 eigenständigen Häusern nicht nötig, räumt Netzer ein. Doch das Thema Fusionen ist nicht zuletzt wegen lokaler Pfründe äußerst heikel. Derzeit sprechen nur sieben Sparkassen über Zusammenschlüsse. Die Rahmenbedingungen zwängen nun aber alle Sparkassen, „ernsthaft über weitere Schritte nachzudenken“, hofft Netzer.
Ungeliebtes Thema Fusionen
Gravierende Einschnitte wird es wohl auch beim Filialnetz geben: Von den derzeit gut 2200 Geschäftsstellen könnte in diesem Jahr jede zehnte geschlossen werden, glaubt Netzer – 2015 machten bereits 82 Filialen dicht. Man folge damit aber nur dem veränderten Nutzungsverhalten der Kunden, rechtfertigt sich der Sparkassen-Verband: Während ein Kunde seine Filiale im Schnitt nur noch einmal im Jahr nutze, habe er gleichzeitig 108 Online-Kontakte.
Dass manche Sparkassen schon so klamm sind, dass sie ihre Einlagen künftig im Tresor aufbewahren wollen, um Strafzinsen bei der Zentralbank zu sparen, sei hingegen übertrieben, beschwichtigt Netzer. Dass es aber solche Überlegungen überhaupt gebe, sei sehr wohl ein Signal an die Politik, findet Landesobmann Strohmaier: „Daran sieht man, in welcher perversen Welt wir leben.“