Hochbegabtenförderung wird an Bayerns Schulen bisher überwiegend dem Zufall überlassen. Und vor allem hochbegabte Mädchen kommen deshalb bei der individuellen Förderung zu kurz. Zu diesem Ergebnis kommt die Grünen-Landtagsabgeordnete Ulrike Gote nach umfangreichen Recherchen.
So gibt es nach Angaben des Kultusministeriums in Bayern insgesamt acht Gymnasien mit speziellen Förderklassen für Hochbegabte – darunter in Unterfranken das Deutschhaus-Gymnasium in Würzburg. Obwohl Hochbegabung nach wissenschaftlichen Erhebungen unter Jungen und Mädchen gleich häufig anzutreffen ist, befinden sich – mit Ausnahme einer Schule in Gauting bei München – in diesen Klassen bayernweit rund doppelt so viele Jungen wie Mädchen, kritisiert Gote. In Würzburg nutzen zum Beispiel 119 Jungen und 57 Mädchen die Hochbegabtenförderung. Als hochbegabt gilt, wer einen Intelligenzquotienten von über 130 hat.
Gote sieht den Grund für dieses krasse Missverhältnis vor allem in einem „unsystematischen und halbherzigen Umgang“ mit Hochbegabung in Bayern. Bei unterforderten Jungen sei der Handlungsdruck offenbar nur deshalb größer, „weil sie im Unterricht öfter stören oder keinen Lernerfolg zeigen“, glaubt Gote. Mädchen dagegen arrangierten sich vor allem in der Grundschule oft so gut mit dem Unterricht, dass zusätzliche Förderung nur selten von Lehrern empfohlen oder von den Eltern nachgefragt werde.
Dabei sei das Erkennen einer Hochbegabung für das Wohl des Kindes extrem wichtig, findet Dr. Petra Barchfeld, Leiterin der Hochbegabten-Beratung an der Ludwig-Maximilians-Universität München: Zwar sei nicht jedes hochbegabte Kind in einer speziellen Förderklasse am besten aufgehoben. „Aber jedes Kind hat Anspruch auf bestmögliche Förderung“, fordert Barchfeld.
In Bayern würden derzeit aber nur knapp vier Prozent der hochbegabten Kinder speziell gefördert. „Das Problem liegt vor allem beim Erkennen besonderer Begabungen“, kritisiert die Expertin. Denn eine gezielte Begabungssuche gebe es nicht. Und Lehrer oder Erzieher seien für diese speziellen Probleme oft nicht sensibilisiert. „Lehrer sagen mir oft: Wenn Hochbegabte etwas wollen, dann werden sie schon kommen“, erklärt Barchfeld: „Viele Mädchen bleiben deshalb auf der Strecke.“
„Dass die Mädchen zu kurz kommen, zeigt, dass die Hochbegabtenförderung ihr Ziel nicht erreicht“, kritisiert die Grüne Gote. Doch dem Kultusministerium sei die Benachteiligung der Mädchen bis zu ihrer Anfrage nicht einmal aufgefallen.
Für die Bayreutherin „ein weiterer Hinweis, dass individuelle Förderung in Bayerns Schulen nicht wirklich stattfindet“. Ein Problem, das leistungsschwächere Schüler offenbar ebenso betreffe wie die Hochbegabten, warnt Gote: „Die individuelle Förderung funktioniert oben nicht und unten nicht. Und in der Breite funktioniert sie auch nicht.“
Scheinbar sind die Mädchen, welche bisher durch die Koedukation profitierten, nach dem Artikel benachteiligt, obwohl die Mädchen ansonsten eher Alpha-Schülerinnen sind und die Jungs durch die gemeinsame Erziehung eher das Nachsehen haben.
Sollte es in der Begabtenförderung wirklich solche Ungleichbehandlung geben, dann
liegt dies vielleicht auch an der eher bescheidenen Art von Mädchen, welche sich nicht gerne als Streber hervortun.
Bisher war die Förderung von Begabten eher Angelegenheit der Schwarzen und nicht so sehr im Interesse der Grünen gestanden, aber man lernt permanent hinzu.