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München
Knapper Wohnraum: Das sind Münchens luxuriöseste Ein-Zimmer-Apartments
In München entsteht ein Gebäude, das kleine Apartments mit Design und Luxus verknüpft. Die Immobilienbranche erkennt einen Trend bei reichen Käufern.
Sarah Ritschel
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:56 Uhr

Das Gebäude mit der Kupferfassade und den vielen kleinen Erkern ist so luxuriös, dass hier sogar eine eigene Maßeinheit gilt. In dem Haus namens Van B, einer neuen Design-Immobilie zwischen Neuhausen, Schwabing und Maxvorstadt, rechnet man nicht in Quadratmetern, sondern in "Qualitätsmetern". Projektleiter Sven Disser steht in einem von zwei bereits fertig eingerichteten Apartments, an der Längsseite der Wohnung sind elektrifizierte Möbel-Module in Nussbaum-Optik eingebaut, Disser nennt sie Plug-ins. Mittels einer Schiene an der Decke können Bewohnerin oder Bewohner sie nach Bedarf verschieben – je nach Tagesablauf. 

"Dank der Module lässt sich der Wohnraum beliebig variieren", erklärt Disser. Das Bett kann morgens in der Wand verschwinden, die frei gewordene Fläche zum Büro fürs Homeoffice werden. Abends schiebt man das bewegliche Holzmodul mit der ausklappbaren Schreibtischplatte in die Ecke, ein geräumiger Wohn- und Essbereich entsteht. "Wir haben unser Maß hier 'Qualitätsmeter' genannt, weil sich dem Bewohner damit Nutzungsmöglichkeiten eröffnen, die man sonst nur auf 60 Quadratmetern unterbringt", sagt Disser. In Wirklichkeit, sprich im schnöden Normalmaß gerechnet, misst die Wohnung nämlich lediglich 38 Quadratmeter. Kaufpreis: 599.000 Euro. Damit kostet der Quadratmeterrund 15.760 Euro. Das ist selbst für München viel, Disser steht in einem der teuersten Ein-Zimmer-Apartments der Stadt. 

Immobilienmakler sehen bei Luxus-Wohnungen Trend zur Verkleinerung

Luxus in einer Wohnung, kaum größer als ein Studentenapartment: Funktioniert es und wer kauft sich das? Wer bei Immobilienmaklern im Luxussegment nachfragt, erfährt, dass Größe längst nicht immer entscheidend ist. Michael Reiss etwa, Geschäftsführer von Sotheby’s International Realty in München, wird auf der Internetseite des Luxus-Maklerunternehmens zwar mit dem Satz zitiert, dass in Zeiten knappen Wohnraums der größte Luxus natürlich große Wohn- und Grundstücksflächen seien. Gleichzeitig, das betonte Reiss kürzlich im Handelsblatt, "sehen wir den Trend, dass sich immer mehr Leute verkleinern wollen". Die Beobachtung der Makler: Wer beruflich viel unterwegs sei, allein oder zu zweit lebe, der sei auch mit weniger Platz zufrieden – selbst wenn er sich eine Villa in Grünwald oder am Starnberger See leisten könnte. 

Van-B-Projektleiter Sven Disser will zeigen, dass "weniger Platz" relativ ist. Er führt einmal durchs Haus, vom Keller mit Reparaturstation für Fahrräder und Carsharing-Fahrzeugen über den Garten mit Boulderwand bis hinauf auf die Dachterrasse mit 360-Grad-Blick über die Dächer Münchens. Der Haupteingang ist noch ausgelegt mit Malervlies, durch einen brummenden Luftschlauch wird Staub hinausbefördert, ein großer Raum zu Dissers Linken ist noch kahl und kalt. "Hier im Erdgeschoss haben wir eine Gemeinschaftsfläche vorgesehen, die ausgebaut wird mit einem Barbereich, Arbeitsplätzen, einem kleinen Lobbybereich, ähnlich dem eines Hotels." Mit den zusätzlichen Nutzflächen wolle man dem knappen Wohnraum in München Rechnung tragen. "Etwa 90 Wohnungen hier im Haus sind rund 38 Quadratmeter groß. Daher sollen die Bewohnerinnen und Bewohner auf solche Gemeinschaftsflächen ausweichen können, auch hier mal eine Party feiern oder ein Fußballevent organisieren können." 

In Deutschland sind Mikroapartments noch nicht verbreitet

Bei der Größe der Apartments orientierte sich der Bauträger, das Münchner Unternehmen Bauwerk, am Durchschnittswert der Landeshauptstadt. "Wir haben uns gefragt: Wie groß ist der durchschnittliche Wohnraum eines Münchners? Der liegt ungefähr bei 40 Quadratmetern", weiß Disser. Auch die Dachterrasse, von der aus die Frauenkirche, die Alpen und das Olympiastadion greifbar nah wirken, können alle Bewohnerinnen und Bewohner nutzen. Das ist noch so ein Kriterium, das bei reichen Käuferinnen und Käufern ganz oben steht, manchmal weiter oben als die Wohnfläche: eine Top-Lage. 

International, etwa in Singapur oder japanischen Metropolen, wo der Wohnraum noch viel knapper ist als in deutschen Großstädten, sind luxuriöse sogenannte Mikroapartments deutlich etablierter als in deutschen Großstädten. In New York hatte 2016 ein 32-Quadratmeter-Design-Apartment im Stadtteil Soho weltweit Aufmerksamkeit erhalten, das genauso modular aufgebaut ist wie die Wohnungen im Münchner Projekt Van B.

Im dritten Quartal 2023 sollen alle 135 Wohnungen des Münchner Komplexes fertig sein, der nach seinem niederländischen Architekten Ben van Berkel benannt ist. Rund 60 Prozent der Wohnungen sind bisher verkauft. Die Klientel? "Circa 50 Prozent der Bewohner werden Eigennutzer sein, die selbst in den Wohnungen leben werden, und es sind überwiegend Anfragen aus Bayern", sagt Projektleiter Disser. Bei der ersten Präsentation der Luxus-Anlage hatte Bauwerk die Zielgruppe als Singles, maximal Pärchen, berufstätig, sehr urban und kosmopolitisch eingestellt definiert – darüber hinaus "mit sehr hohen Ansprüchen bei Design und Qualität".

Münchner Wohnungsmarkt: Preise gingen zuletzt zurück

Ein-Zimmer-Apartments im Luxus-Segment: Das Immobilienportal Neubau-Kompass listet für München noch eine Reihe weiterer Bauprojekte auf, die darauf setzen – etwa das Sanierungsprojekt Leo 202 direkt an der Leopoldstraße, in dem ein Apartment mit 26 Quadratmetern für rund 430.000 Euro zum Verkauf steht. Oder, exklusiver noch, eine Wohnung am Nockherberg, 37 Quadratmeter für 747.000 Euro.

Angesichts dieser Preise mag es zunächst kaum zu glauben sein, doch insgesamt verzeichnete der Münchner Markt zuletzt erstmals seit langem Preisrückgänge bei Wohnimmobilien, wie der Immobilienverband Deutschland (IVD) berichtet. Im Herbst 2022 registrierten die Münchner Makler einen Preisrückgang von 0,4 Prozent im Vergleich zum damaligen Frühjahr. Die Experten führen das vor allem auf die Unsicherheiten wegen des Ukraine-Kriegs und sprunghaft gestiegene Zinsen zurück.

Die größte Wohnung bei Van B, 168 Quadratmeter über den Dächern Münchens, ist bislang noch zu haben. Sven Disser erklärt das so: „Hier sprechen wir von einer Klientel, die nicht vom Plan weg kauft, sondern alles auch fertig sehen möchte." 

 
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