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München, Augsburg
Benkos Millionenlöcher in München
Im Stadtbild ist die Pleite des Immobilienkonzerns Signa nicht zu übersehen. Was sind die Folgen für die Steuerzahler? Darum ging es in einer Geheimsitzung im Landtag.
René Benko.jpeg       -  Der österreichische Immobilieninvestor René Benko.
Foto: Marcel Kusch, dpa | Der österreichische Immobilieninvestor René Benko.
Christoph Frey
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:20 Uhr

Diese Pleite hat München mitten ins Herz getroffen. Der historische Hertie am Hauptbahnhof, der leer geräumte Karstadt in der Schützenstraße oder das Kaut-Bullinger-Haus am Marienplatz: Wann und wie es dort weitergeht, ist nach den Insolvenzen im Signa-Konzern des Österreichers René Benko völlig offen. Vor allem aber: Was wird aus der Alten Akademie in der Neuhauser Straße? Der Renaissance-Bau, an den einst das Kaufhaus Hettlage anschloss, gilt als eines der bedeutendsten Gebäude der Innenstadt. Eigentlich sollten dort Einzelhandels- und Büroflächen, Wohnungen und Gastro entstehen. Wird es jetzt zur Investitionsruine?

Das war nur eine der Fragen, die drei Frauen und 18 Männer am Donnerstag hatten. Der Finanzausschuss des Landtags ließ sich von gleich drei Ministerien über die Folgen der Benko-Pleite für den Freistaat informieren. Diese gehen weit über Grundstücksfragen in der Münchner Innenstadt hinaus. Die Alte Akademie gehört dem Freistaat, er hatte sie Benko vor gut zehn Jahren in Erbpacht überlassen. Die Rede ist von einer Summe von gut 230 Millionen Euro. Doch inwieweit wurden die schon bezahlt und was ist jetzt? Muss der Erbpachtvertrag auf Kosten des Steuerzahlers aufgelöst werden oder findet sich ein Investor, der die Alte Akademie fertig baut? Angeblich stehen in München mehrere heimische Immobilienunternehmen in den Startlöchern, weite Teile der Immobilie sollen schon vermietet sein.

Signa-Pleite: Das sind Bayerns Baustellen

Doch der Freistaat hängt nicht nur als Grundstückseigentümer mit drin. Landesbank und Versorgungskammer haben Benko viel Geld geliehen. Wie sicher ist das Geschäft? Die dem Innenministerium unterstellte Versorgungskammer ist für die Altersbezüge von zwölf verschiedenen Berufsgruppen zuständig. Dazu zählen Kaminkehrer ebenso wie Ärzte, Apothekerinnen, Abgeordnete oder die Beamten und Beamtinnen bei den Kommunen. Allein in Bayern hat jeder fünfte Haushalt Ansprüche auf Leistungen der Versorgungskammer.

Die Sitzung am Donnerstag war als geheim eingestuft, Stichwort Bankgeheimnis. Einiges war im Vorfeld aber schon durchgesickert. Die Landesbank soll Benko für dessen Projekte eine Viertelmilliarde Euro geliehen haben, die Versorgungskammer spricht von einer Summe von rund 730 Millionen Euro. Dieses Geld sei aber nicht in sogenannte Entwicklungsprojekte gesteckt worden, sondern in bereits bestehende und vermietete Immobilien, hieß es auf eine Anfrage des Grünen-Finanzexperten Tim Pargent. Die drei Objekte in Österreich seien "marktüblich besichert", zudem entspreche das Engagement bei Signa gerade einmal 0,67 Prozent der gesamten Kapitalanlagen der Kammer.

Darum war die Sitzung zur Signa-Insolvenz geheim

Allein auf weiter Flur sind die Kreditgeber aus Bayern auch nicht. Nach Angaben der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen haben allein 46 Versicherer bei Benko investiert. Der Ausschussvorsitzende Josef Zellmeier (CSU) zeigte sich nach der Sitzung auf Anfrage unserer Redaktion beruhigt. "Ich sehe insgesamt keinen Anlass zur Sorge. Es ist alles gut geregelt." 

Alles halb so wild also? Die Landtagsabgeordneten der Opposition sind nicht ganz beruhigt. "Wir meinen, dass der Freistaat eine aktivere Rolle spielen muss", sagte der SPD-Finanzexperte Volkmar Halbleib bereits im Vorfeld der Sitzung unserer Redaktion. Es gehe auch um die Lücken, die die Pleite des Konzerns in den Innenstädten zu reißen drohe. Unter anderem gehört die Warenhauskette Galeria-Karstadt zu Benkos Imperium.

Der Grünen-Haushaltspolitiker Pargent fände interessant zu wissen, wer Benko, der auf der Suche nach frischem Geld häufiger in München vorstellig geworden sein soll, die Türen geöffnet hat. Schließlich sei schon früher klar gewesen, dass der schillernde Geschäftsmann aus Österreich ein schwieriger Partner sei, so Pargent vor der Sitzung. Die Grünen hätten nicht zugestimmt und sich enthalten, als der damalige Finanzminister und heutige Ministerpräsident Markus Söder (CSU) 2013 die Alte Akademie an Benko abgab. Jetzt aber sieht Pargent zu einer raschen Fertigstellung des Prestigeprojekts kaum eine Alternative. "Mein Hauptinteresse ist, dass hier kein Loch klafft."

Nun könnte es gut sein, dass dieser Erbpachtvertrag, der noch 55 Jahre lang läuft, sogar verlängert wird. Sollte ein neuer Investor einen längeren Zeitraum fordern, sei der Freistaat dazu "grundsätzlich bereit", so der Ausschussvorsitzende Zellmeier. Jetzt aber sei erst einmal der Insolvenzverwalter am Zug. Er müsse sagen, wie es weitergeht. Auf diesem Weg gebe es noch etliche kitzlige Details, warnt der SPD-Parlamentarier Halbleib. Der Freistaat müsse deshalb auch die Möglichkeit des sogenannten Heimfalls im Auge behalten: Diese Bestimmung des Erbbaurechts sieht vor, dass eine Immobilie wieder vorzeitig an den Eigentümer zurückgeht. Dieser muss dann aber eine Entschädigung bezahlen. 

 
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