Gibt es ihn noch, den Traum vom eigenen Häuschen im Grünen? In Deutschland klettern Kaufpreise und Mieten stetig und scheinbar unaufhaltsam. Wohnen ist längst teuer geworden, auch in Unterfranken. Gebaut wird aber trotzdem, sagen Experten.
„Jahrelang hat man, wenn man über die Dörfer gefahren ist, keinen Kran gesehen. Das hat sich deutlich gebessert“, sagt Manfred Dallner, Geschäftsführer für Unterfranken beim Landesverband Bayerischer Bauinnungen (LBB). Der Einfamilienhausbau sei vor sechs oder sieben Jahren mehr oder weniger tot gewesen. Heute werde in der Region dank niedriger Zinsen wieder flächendeckend gebaut.
Fast ein Drittel mehr Wohnungen in Unterfranken genehmigt
Das spiegelt sich auch in der Zahl der Baugenehmigungen. Bayernweit wurden im vergangenen Jahr nach vorläufigen statistischen Zahlen für mehr als 74 500 Wohnungen Genehmigungen erteilt, so heißt es in einer Mitteilung des Innenministeriums. Im Vergleich zum Vorjahr sei das ein Plus von gut 20 Prozent und die höchste Zahl seit 1999.
In Unterfranken und Oberfranken fällt das Plus sogar noch weit deutlicher aus: Nach Zahlen des Statistischen Landesamtes wurden in Unterfranken von Januar bis Dezember fast 30 Prozent mehr Wohnungen genehmigt als 2015, in Oberfranken sogar knapp 36 Prozent.
Ist ein Bau bewilligt, heißt das zwar noch nicht, dass wirklich die Bagger vorfahren. Aber die Quote nicht umgesetzter Genehmigungen bleibe immer in etwa gleich hoch, sagt Dallner. „Wenn es also zehn Prozent mehr Genehmigungen gibt, können wir auch davon ausgehen, dass mehr gebaut wird.“ Und das ist auch dringend nötig, „denn Bayern braucht mehr Wohnungsbau, damit die Preise auf den Wohnungsmärkten wieder bezahlbar werden“, heißt es aus dem Innenministerium.
Auch für das Jahr 2016 zeige die Preistendenz laut LBS nach oben
Billiges Wohnen, das gibt es auch in Unterfranken kaum mehr. Auch in der Region werden die Immobilienpreise vom noch niedrigen Zinsniveau getrieben, sagt Alexander Hupp, Gebietsdirektor der Bayerischen Landesbausparkasse (LBS) für Unter- und Mittelfranken. Die aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2015 zeigen: Wer seine eigenen vier Wände schaffen wollte, musste für ein Grundstück in bevorzugter Lage vor allem in Würzburg und Aschaffenburg tief in die Tasche greifen.
Bis zu 700 Euro pro Quadratmeter waren hier laut LBS zu zahlen, Baugrund in mittleren Lagen gab es etwa für die Hälfte. Und für 2016 zeige die Preistendenz weiter nach oben, so Hupp. Zum Vergleich: 2012 mussten Häuslebauer durchschnittlich noch rund 100 bis 200 Euro weniger pro Quadratmeter Grundstück in den beiden Städten aufbringen.
Am niedrigsten waren die Preise 2015 nach Angaben der LBS in den Hassbergen und der Rhön mit im Schnitt bis zu 110 beziehungsweise 150 Euro pro Quadratmeter Baugrundstück in bevorzugter Lage. Ein neues Reihenhaus war in den beiden Kreisen in gleicher Lage meist unter 300 000 Euro zu haben – in Würzburg oder Aschaffenburg waren dafür bis zu 470 000 Euro nötig.
Arbeitgeber erwarten von Berufsanfängern Mobilität – ein Haus wird da leicht zum Klotz am Bein
Diese Preisunterschiede haben Folgen: Während auf dem Land der Bau von Einfamilienhäusern überwiegt, werden in den Ballungsräumen vorrangig Mietwohnungen errichtet. Denn Bauplätze seien dort rar, sagt Hupp. Für eine Drei-Zimmer-Wohnung lag der Preis in Würzburg 2015 bei bis zu 4300 Euro pro Quadratmeter Fläche (2012 waren es bis zu 3700 Euro).
Aber: Den steigenden Kosten zum Trotz sei die Nachfrage nach Wohnimmobilien in Unterfranken weiter hoch, sagt LBS-Gebietsdirektor Hupp. Woran liegt das? Sicher zunächst an den niedrigen Zinsen. Gleichzeitig suchen Anleger alternative Geldanlagen und „die Immobilie beziehungsweise das 'Betongold' gilt in Deutschland als eine sichere Anlageform“.
„Der Wunsch nach Wohneigentum ist eigentlich ungebrochen“, sagt auch Matthias Günther, Vorstand des Pestel-Instituts für Systemforschung (ISP). Allerdings baut die Jugend oft deutlich später. Der Grund: Die Ausbildung junger Menschen dauert heute meist länger als früher, sie treten später ins Berufsleben ein und das häufig zunächst über Zeitverträge, Leiharbeit oder Praktika. Das hemme, sagt Günther. Und: In vielen Berufen wird von Anfängern nahezu grenzenlose räumliche Mobilität erwartet – ein eigenes Haus wird da schnell zum Klotz am Bein, Mieter haben es leichter.
Die Deutschen sehen in Immobilien weiter eine wichtige Altersvorsorge
Schon heute seien Immobilienkäufer im Schnitt 40 Jahre alt, sagt auch Matthias Waltersbacher vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Trotzdem sieht das BBSR die Entwicklung der Eigentümerzahlen positiv. Beim letzten Zensus habe die Eigentümerquote bezogen auf die Haushalte bei gut 46 Prozent gelegen – bis zum Jahr 2030 sollen 50 Prozent erreicht werden.
Nur: Klappt das, wenn Kaufen und Bauen immer teurer wird? Oder sind die hohen Preise auf dem Immobilienmarkt eine Blase, die irgendwann platzt? „Wir befürchten hier in Unterfranken noch keine Blase“, sagt LBB-Geschäftsführer Dallner. Nach wie vor bestehe ein realer Bedarf an Wohnraum und Wohnungen würden nicht „auf Verdacht“ gebaut. Auch LBS-Experte Hupp geht in der Region vorerst weiter von moderaten Steigerungen am Immobilienmarkt aus. Seine Begründung zielt auf die den Deutschen sprichwörtlich nachgesagte Sicherheitsliebe: „Mehr als 60 Prozent der Deutschen erachten die Immobilie als wichtigen Bestandteil der Altersvorsorge.“ Das, so Hupp, gelte noch immer für Jung und Alt.
Der Wohnungsbau hat im Regierungsbezirk Unterfranken im vergangenen Jahr kräftig zugelegt. Das belegen die Zahlen über Genehmigungen, die das Statistische Landesamt nun veröffentlicht hat. Spitzenreiter in dieser Tabelle ist die Stadt Würzburg, in der über 1300 Anträge genehmigt wurden.
Kreisfreie Städte: Aschaffenburg 458
Schweinfurt 141
Würzburg 1346
Landkreise:
Aschaffenburg 543
Bad Kissingen 335
Rhön-Grabfeld 230
Haßberge 470
Kitzingen 440
Miltenberg 517
Main-Spessart 400
Schweinfurt 342
Würzburg 723