
Ausbildung beenden, Partner oder Partnerin finden, heiraten – noch vor wenigen Jahrzehnten verfolgten viele Menschen diesen Lebensentwurf zielstrebig. Dementsprechend jung waren Hochzeitspaare noch in den 70er-Jahren. Im Durchschnitt waren Männer damals bei der ersten Hochzeit etwa 25 Jahre und Frauen etwa 23 Jahre alt. Das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten allerdings geändert, Paare lassen sich beim Heiraten deutlich mehr Zeit. Mehr als die Hälfte der Menschen, die sich das Ja-Wort geben, sind heute über 30 Jahre alt.
Im Jahr 2022 waren Frauen in Deutschland bei ihrer ersten Heirat im Schnitt 32,6 Jahre alt. Männer heirateten im Schnitt mit 35,1 Jahren zum ersten Mal. In beiden Fällen ist damit laut Angaben des Statistischen Bundesamts ein neuer Höchststand erreicht. Diese Entwicklung liegt laut Statistikamt auch an der veränderten Altersstruktur der Gesellschaft. Seit 2002 stieg der Anteil der über 50-Jährigen von gut 36 Prozent auf knapp 45 Prozent.
Immer weniger Menschen unter 25 Jahren heiraten
Der Blick auf Bayern zeigt: Die Zahl der Menschen, die unter 25 Jahren heiraten, geht zurück. Laut Daten des Staatsinstituts für Familienberichterstattung an der Universität Bamberg (IFB) haben acht von 1000 Menschen zwischen 18 und 25 im Jahr 2022 geheiratet. Im Jahr 2002 waren es noch 20 aus 1000. Für keine andere Altersgruppe ist so ein markanter Rückgang der Heiratenden zu verzeichnen, wie die Wissenschaftlerinnen Susanne Elsas und Annika Rinklake vom IFB mitteilen.
Schaut man sich an, wo die Menschen heiraten, fällt auf, dass in Großstädten und städtischen Kreisen weniger Ehen geschlossen werden als auf dem Land. In den Großstädten wurden nach Daten des IFB im Jahr 2022 rund 4,4 Ehen pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohnern geschlossen, in den ländlichen Kreisen hingegen 5,5 Ehen pro 1000 Menschen.
Für ihre Definition von städtischen und ländlichen Kreisen greifen die Wissenschaftlerinnen unter anderem auf die Bevölkerungsdichte zurück. Das führt dazu, dass beispielsweise der Landkreis München als "städtischer Kreis" zählt, während die kreisfreien Städte Bamberg und Memmingen hingegen "ländliche Kreise" sind.
Heiraten im Alter: Wo Menschen über 55 sich das Ja-Wort geben
In der Region trauten sich im Jahr 2022 nach Angaben des Bayerischen Landesamt für Statistik Hunderte Menschen über 55 zum ersten oder wiederholten Mal. In einigen Kreisen war der Anteil der Eheschließenden, die über 55 Jahre alt waren, höher als anderswo. Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen weist im Jahr 2022 eine Quote von über 14 Prozent vor. Auch im Oberallgäu (13,2 Prozent) und im Kreis Lindau (13 Prozent) war diese Altersgruppe vergleichsweise stark vertreten. Am geringsten war der Anteil der Hochzeitspaare, bei denen mindestens eine Person über 55 Jahre alt war, im Landkreis Neu-Ulm, dort lag er bei nur fünf Prozent.
Hochzeits-Hotspot Oberallgäu: Trauungen in den Bergen beliebt
Die meisten standesamtliche Trauungen im Verhältnis zur Einwohnerzahl feierten Paare im Oberallgäu. Dort kamen mehr als acht Trauungen auf 1000 Einwohnerinnen und Einwohner. Allein in der Marktgemeinde Oberstdorf heiraten jährlich etwa 210 bis 250 Paare, wie die Standesbeamtin der Gemeinde verrät. 2022 versprachen sich 212 Paare in der südlichsten Gemeinde Deutschlands die Treue – allerdings kamen nur 36 von ihnen aus Oberstdorf. Denn nach einer Anmeldung beim Standesamt des Wohnorts, haben Paare sechs Monate Zeit, ihre Trauung in irgendeinem deutschen Standesamt zu feiern.
Unter den mehr als 200 Paaren waren viele aus anderen Ecken des Oberallgäus, wie die Standesbeamtin sagt. Der Trausaal, der Blaue Salon, zähle zu den schönsten in Bayern und sei bei den Allgäuerinnen und Allgäuern und auch bei Urlaubsgästen beliebt, erklärt die Standesbeamtin. Eine Hochzeit in den Bergen werde häufig mit einem Urlaub verbunden. Die Umgebung sei für die Paare wichtig – und das Allgäu bietet viel: Auch in den Hörnerdörfern (Fischen, Ofterschwang, Obermaiselstein, Bolsterlang und Balderschwang) und in Immenstadt werden jedes Jahr zahlreiche einheimische und auswärtige Trauungen abgehalten. In Immenstadt ist es beispielsweise möglich, sich auf einem Segelboot auf dem Alpsee das Ja-Wort zu geben.
Am wenigsten Hochzeiten im Verhältnis zur Einwohnerzahl gab es in der Stadt Augsburg. Dort kamen nur etwas mehr als vier Trauungen auf 1000 Einwohnerinnen und Einwohner.
In Augsburg heiraten viele Menschen mit Migrationshintergrund
In der Fuggerstadt war jedoch der Anteil der standesamtlichen Trauungen in der Region am höchsten, bei denen mindestens eine Person keinen deutschen Pass besaß. Die Quote lag dort bei 30 Prozent. Das ist wenig verwunderlich: In Augsburg liegt der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund oder ausländischem Pass bei fast 50 Prozent. Auch in den Städten Kempten (20,3 Prozent) und Memmingen (19,6 Prozent) und dem Landkreis Günzburg (20 Prozent) war der Anteil dieser Trauungen vergleichsweise hoch.
Nicht immer hält eine Ehe ein Leben lang. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der Scheidungen in der Region allerdings um mehr als 13 Prozent zurück – nachdem die Zahl zuvor drei Jahre in Folge gestiegen war. Gegenüber dem Jahr 2012 ist die Zahl der Scheidungen sogar um 19 Prozent gesunken.
Auch die Zahl der von Scheidungen betroffenen Kinder ging 2022 im Vergleich zum Vorjahr zurück, um mehr als acht Prozent. Gegenüber 2012 ist die Zahl der betroffenen Kinder um 13 Prozent gesunken.