zurück
MÜNCHEN
Hauptzeuge sitzt in der Klemme
Tür zum Sitzungssaal: Im Bayerischen Landtag kam der Untersuchungsausschuss in Sachen Schottdorf zu einer Zeugenanhörung zusammen.
Foto: Andreas Gebert, dpa | Tür zum Sitzungssaal: Im Bayerischen Landtag kam der Untersuchungsausschuss in Sachen Schottdorf zu einer Zeugenanhörung zusammen.
reda
 |  aktualisiert: 13.01.2016 11:08 Uhr

Die Geschichte hört sich an wie aus einem Krimi: Ein engagierter Polizist kniet sich in einen höchst dubiosen Fall. Es geht um einen Augsburger Staatsanwalt unter Korruptionsverdacht. Es geht um den Verdacht, dass vielleicht 10 000 oder noch viel mehr Ärzte durch betrügerische Abrechnungen von Laborleistungen einen Millionenschaden verursacht haben. Der Polizist bekommt die Leitung einer Sonderkommission übertragen. Die Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) werden bei Durchsuchungen fündig. Der Staatsanwalt wird verurteilt. Die Ermittlungen gegen die Ärzte aber gestalten sich schwierig.

Die Soko versucht sich durch Berge von Unterlagen zu kämpfen. Doch kurz vor dem Durchbruch treten vorgesetzte Behörden auf die Bremse. Angeblich kommt das Kommando zum Rückzug von ganz oben, aus dem Justizministerium. Als sich der Polizist darüber als Zeuge in einem Gerichtsverfahren beklagt, sieht er sich plötzlich selbst in der Rolle des Verdächtigen. Er wird angezeigt. Es wird gegen ihn ermittelt. Er muss sich rechtfertigen und kann den Verdacht gegen sich nur mit Mühe abwehren.

Es ist die Geschichte des LKA-Beamten Stephan Sattler, der im Untersuchungsausschuss „Labor“ des Landtags als Zeuge geladen ist. Der Ausschuss forscht nach möglichem Fehlverhalten bayerischer Polizei- und Justizbehörden bei Betrugsermittlungen gegen Tausende niedergelassener Ärzte und das Augsburger Labor Schottdorf. Sattler ist der Hauptzeuge. Wieder einmal.

Und ginge es nach seinem Anwalt, dann sollte er besser nichts mehr sagen, zumindest noch nicht. Der Anwalt zweifelt die Aussagegenehmigung des Innenministeriums an. Darf Stephan Sattler Namen nennen – von Kollegen, von Staatsanwälten, von Verdächtigen?

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Alexander König (CSU), sieht keinen Anlass für derlei Argwohn. Der Zeuge könne alles sagen, was zu dem Fall gehört. Also sagt Sattler aus. Er ist, so viel wird schnell klar, felsenfest davon überzeugt, dass das Verfahren gegen die Ärzte und gegen Schottdorf auf Weisung von höherer Stelle „totgemacht“ werden sollte. Er berichtet von Behinderungen der Ermittlungen, vom Abzug von Personal aus der Soko, von spürbaren Widerständen und Gegenwind. Und schließlich von einem „prekären Umbruch“, als nicht mal mehr bereits ausgestellte Durchsuchungsbeschlüsse vollzogen werden durften.

Schon im Zuge der Ermittlungen gegen den Augsburger Staatsanwalt habe er Zweifel bekommen. Der Staatsanwalt stand unter dem Verdacht der Bestechlichkeit, weil er zwei Verfahren gegen den Augsburger Laborarzt Schottdorf „unter dubiosen Umständen“ eingestellt hatte, sich aber gleichzeitig ein privates Darlehen von Schottdorf habe geben lassen. Der Vorwurf der Bestechlichkeit sei dann im Zuge einer Prozessabsprache fallengelassen worden. Die Urteile gegen den Staatsanwalt und gegen Schottdorf lauteten nur noch auf Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung. Auf seine Nachfrage, so der Zeuge, habe er bei der zuständigen Staatsanwaltschaft München gehört, dass die Justizministerin – damals Beate Merk (CSU) – nicht in der Zeitung lesen wolle, dass es in Bayern korrupte Staatsanwälte gibt.

Überhaupt ist in seiner Aussage vor dem Ausschuss viel vom Hörensagen die Rede und von seinen Eindrücken und Gefühlen. Die Staatsanwälte hätten sich für das Material der Polizei nicht interessiert. Im Landeskriminalamt sei der Wunsch, das Verfahren gegen die Ärzte einzustellen, „fühlbar“ gewesen. Und trotz kritischer Nachfragen des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Franz Schindler (SPD) bleibt der Zeuge auch bei seiner Behauptung, dass ein Abschlussbericht beim LKA „bewusst frisiert“ wurde.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Beate Merk
Bestechlichkeit
Betrug
CSU
Korruptionsverdacht
Landeskriminalämter
Polizei
SPD
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top