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Günzburg/Memmingen
Totschlag am Marktplatz: Tötete der Angeklagte seine Partnerin aus Eifersucht?
Der Tod einer 39-Jährigen erschütterte im Januar Günzburg. Der angeklagte Freund gibt vor Gericht an, dass ein Streit eskaliert sei. Wie er die Tatnacht schildert.
Luftbild Gunzburg.jpeg       -  Der Prozess um einen Mann, der seine Partnerin im Januar in Günzburg getötet haben soll, ist am Mittwoch am Landgericht Memmingen gestartet.
Foto: Ulrich Wagner (Symbolbild) | Der Prozess um einen Mann, der seine Partnerin im Januar in Günzburg getötet haben soll, ist am Mittwoch am Landgericht Memmingen gestartet.
Celine Theiss
 |  aktualisiert: 27.10.2024 02:30 Uhr

Mit den Händen am Körper fixiert, wird der 39-jährige Angeklagte in den Gerichtssaal des Landgerichts Memmingen geführt. Der hagere Mann bewegt sich ruhig durch den Raum, sein blaues Hemd und seine Jeans liegen locker an seinem Körper an. Dem gebürtigen Italiener wird vorgeworfen, im Januar dieses Jahres eine Frau in der Günzburger Innenstadt getötet zu haben. Vor Gericht zeigt er sich geständig und schildert seine Version der Tatnacht.

Während der Verhandlung schweift sein manchmal müder, manchmal starrer Blick immer wieder von seinem Dolmetscher zu Vorsitzendem Richter Bernhard Lang. Mit seinem Verteidiger Christian Vad hat der Angeklagte zuvor eine Einlassung abgegeben, in der geschildert wird, wie es so weit kommen konnte: Die gemeinsame Geschichte des Angeklagten und des Opfers beginnt in Italien. Die beiden seien das erste Mal in Rom aufeinandergetroffen. Dort hätten die beiden auch Drogen wie Kokain und Alkohol konsumiert. Die gleichaltrige Polin und der Italiener hätten in Deutschland Arbeit gesucht, fanden schließlich in einem Günzburger Restaurant in der Innenstadt, das mittlerweile geschlossen hat, einen Job. Die beiden waren ein Paar.

Beide Angestellten bewohnten jeweils eine Wohnung in den Räumlichkeiten des Lokals, worin sich der Angeklagte auch bis zu seiner Inhaftierung aufhielt. Schließlich wurde die 39-Jährige gekündigt und suchte sich neben einem neuen Job auch eine neue Bleibe. Dem Angeklagten habe sie erzählt, dass sie danach wieder angefangen hätte, Kokain zu konsumieren, so seine Schilderung. Laut dem Italiener blieben die beiden auch nach der Kündigung ein Paar, sie besuchte ihn regelmäßig – so auch im Januar 2024. Sowohl in der Nacht auf den 27. als auch auf die folgende aßen beide nach seinem Dienstschluss Pizza, tranken Alkohol und hatten Geschlechtsverkehr. Doch die zweite gemeinsame Nacht nahm einen anderen Verlauf.

Mutmaßlicher Täter gibt an, dass beide in der Nacht getrunken haben

An diesem Tag sei das Opfer sehr betrunken gewesen, der Angeklagte selbst habe auch etwa fünf Bier getrunken. Dann kam es zum Streit. Grund dafür sei ein Anruf eines Mannes gewesen, der der Polin einen perfekten Partner versprochen hätte. Aus dieser Eifersucht heraus sei es zu gegenseitigen Handgreiflichkeiten gekommen. Sie hätte ihm zudem laut seiner Version der Geschichte angedroht, ihn umzubringen. „Etwas später sagte er: ‚Jetzt gehen wir schlafen, morgen kannst du machen, was du willst‘“, liest Verteidiger Vad aus der Einlassung vor. Schließlich seien sie schlafen gegangen, doch laut dem Angeklagten war die Nacht kurz.

Der Italiener gibt an, dass er im Schlaf von der Gleichaltrigen angegriffen und gewürgt worden sei. Daraufhin sei sie in das im Raum befindliche Bad gegangen und er ihr hinterher. Sie warf laut dem Angeklagten mit Bierflaschen nach ihm, die ihn aber nicht trafen und auch nicht zu Bruch gingen. Weiter steht in der Einlassung, dass er sich „gewehrt“, die Frau am Hals gepackt, auf das Bett geworfen und gewürgt habe. Dabei habe er ihr dann den Kopf gegen das hölzerne Bettgestell geschlagen. Dann kam in ihm Panik auf. Er sagte aus, dass er sich anzog – die beiden seien vorher nackt gewesen, da sie ohne Kleidung schliefen – und aus dem Haus ging. Vorher habe er noch ihren Herzschlag und ihre Atmung überprüft. Sie sei zu diesem Zeitpunkt schon tot gewesen, gibt er zu. In einer Kurzschlussreaktion sei er zurück in die Wohnung, habe den leblosen Körper angezogen und wollte die Frau an die „frische Luft“ bringen. Er ließ seine Freundin schließlich fallen, wobei ihr Kopf ein letztes Mal an einer niedrigen Kommode aufschlug, so die Erklärung des Angeklagten.

„Es tut mir sehr leid, ich würde es gerne rückgängig machen“, sagt der Italiener auf der Anklagebank zu der Tat. Dass er „Mist gebaut“ habe, schrieb er anschließend auch seinem Arbeitskollegen aus dem Restaurant über den Nachrichtendienst WhatsApp – und, dass er sich am Fluss umbringen möchte. Die beiden telefonierten daraufhin kurz, jedoch soll der Angeklagte im Gespräch nicht von seinem Suizidversuch abgerückt sein. Der Kollege, der als Zeuge vor Gericht aussagt, wusste sich nicht anders zu helfen, als die Inhaberin des Lokals zu informieren. Die Inhaberin schildert der Strafkammer, dass auch sie mit dem Angeklagten telefonierte, der am Telefon weinte. Immer wieder soll er gesagt haben, dass er sich umbringe und in den Fluss springe, wenn sie die Polizei informiert, berichtet sie als Zeugin. Er beichtete ihr auch, so sagt sie, dass er „die Dumme“ getötet hätte. Die Inhaberin setzte einen Notruf ab, der vor Gericht angehört wird. Nach seiner Androhung am Telefon sprang der Angeklagte in den Fluss, was einen großangelegten Polizeieinsatz in Günzburg auslöste. Für die Hauptverhandlung sind fünf weitere Prozesstermine angesetzt.

Wenn Sie sich selbst in einer psychischen Ausnahmesituation befinden oder Suizidgedanken haben, finden Sie bei der Telefonseelsorge Hilfe. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Sie erreichen die Telefonseelsorge entweder unter 0800/111-0-111 oder 0800/111-0-222. Alternativ finden Sie hier Seelsorge im Chat: https://online.telefonseelsorge.de/content/chatseelsorge.

 
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