zurück
MÜNCHEN
Günther Felbinger räumt vor Gericht Betrug ein
Landtagsabgeordneter Felbinger vor Gericht       -  Der Landtagsabgeordnete Günther Felbinger steht in München wegen Betrufs vor Gericht.
Foto: Matthias Balk, dpa | Der Landtagsabgeordnete Günther Felbinger steht in München wegen Betrufs vor Gericht.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 15.03.2018 03:02 Uhr

Der unterfränkische Landtagsabgeordnete Günther Felbinger hat vor Gericht die Betrugsvorwürfe gegen ihn im Kern eingeräumt. „Ich möchte erklären, dass das, was in der Anklage steht, richtig ist“, sagte er vor dem Münchner Landgericht: „Ich bedauere mein Verhalten und entschuldige mich dafür.“

Staatsanwalt Florian Weinzierl hatte Felbinger zuvor vorgeworfen, in fünf tatmehrheitlichen Fällen mit gefälschten Mitarbeiterverträgen und einem fingierten Arbeitsvertrag mit dem Vermieter seines Bürgerbüros in Karlstadt den bayerischen Landtag um rund 56 0000 Euro betrogen zu haben. Felbinger habe sich damit des „gewerbsmäßigen Betrugs“ schuldig gemacht.

Felbinger versuchte, seine finanziellen Tricksereien mit dem hohen Arbeitsaufwand als Landtagsabgeordneter im ländlichen Raum zu erklären: Er sei so viel unterwegs gewesen, dass seine Aufwandpauschale als Abgeordneter von mehr als 3000 Euro im Monat dafür nicht ausgereicht habe. „Ich hatte allein 2000 Euro Benzinkosten im Monat“, sagte Felbinger aus – was mindestens 15 000 Kilometer Fahrleistung im Monat entspräche. Um nicht draufzahlen zu müssen, habe er deshalb „versucht, das auszugleichen“.

Erstaunen bei der Richterin: Merkblätter zum Betrug?

Und weil die Abgeordneten-Pauschale ausgeschöpft gewesen sei, habe er also den Topf der extra abzurechnenden Mitarbeiterverträge angezapft, fragte Richterin Elisabeth Ehrl mit strengem Blick. „Das ist die Grundidee, die auch im Landtag so herrschte“, antwortete der Abgeordnete. „Das heißt: Das machen alle so?“, fragte die Richterin ungläubig nach: „Lassen wir das mal so stehen“, entgegnete Felbinger schmallippig.

Als neuer Abgeordneter habe er sich eben auf die Aussagen verlassen, „die sie von beratenden Stellen bekommen. Und ich habe mich vom Landtagsamt diesbezüglich beraten lassen“. Dort werde es aber kaum Merkblätter geben, wie man den Landtag am besten betrügen kann, gab Richterin Ehrl spitz zurück. Auch Staatsanwalt Weinzierl fragte sofort interessiert nach. Felbinger sei vom Landtagsamt erklärt worden, dass der Inhalt der Mitarbeiterverträge nicht geprüft werde, ruderte Felbingers Anwalt Martin Reymann-Brauer daraufhin etwas zurück.

„Dass sie sich keine Segelyacht gekauft haben ist klar“

„Ich habe kein Geld selbst verwendet, sondern ausschließlich in unsere politische Arbeit gesteckt“, beteuerte Felbinger. „Dass Sie sich davon keine Segelyacht im Mittelmeer gekauft haben, ist klar“, gestand auch Richterin Ehrl zu. Trotzdem werfe etwa Fragen auf, dass Felbinger einige der fraglichen Mitarbeiterverträge quasi mit sich selbst geschlossen hatte – links als Landtagsabgeordneter, rechts als Vorsitzender der Kreiswählergruppe der Freien Wähler Main-Spessart. Auf die Frage des Gerichts, warum er dies nicht besser geregelt habe, antwortete Felbinger lapidar: „Das Landtagsamt hat es nicht als fehlerhaft kritisiert.“

Ob ein einmaliger Dienstvertrag mit der Kreiswählergruppe Main-Spessart über 3600 Euro aus dem September 2010 nur deshalb geschlossen wurde, um im Rechnungsjahr noch nicht genutzte Geldmittel aus der MdL-Pauschale „abzuschöpfen“, wollte Felbinger zunächst nicht beantworten. Belege oder belegbare Gegenleistungen sind allerdings nicht vorhanden, räumte sein Anwalt ein.

Offen blieb zunächst auch, ob Felbinger die Erträge aus den fingierten Mitarbeiter-Verträgen mit Kreis- und Bezirksverband der Freien Wähler genutzt hat, um sich die für Freie-Wähler-MdL obligatorische Abgeordneten-Abgabe von zuletzt 4500 Euro im Jahr an die eigene Partei zu sparen: Ob er diese Zahlungen jedes Jahr in vollem Umfang geleistet habe, „dafür würde ich die Hand nicht ins Feuer legen“, sagte er nur.

Felbinger will wieder Sportlehrer sein – wenn es geht

Felbinger erklärte dem Gericht zudem, dass er nach dem Ende seines Landtagsmandats in diesem Herbst gerne als angestellter Sportlehrer an die Würzburger Karl-Kroiß-Schule zurückkehren würde. Sein Anwalt versuchte deshalb im letzten September das Betrugsverfahren mit Zahlung einer Geldstrafe zu beenden. Staatsanwaltschaft und Gericht lehnten diesen „Deal“ jedoch ab. Bei einer möglichen Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr komme dies nicht in Betracht, erklärte Staatsanwalt Weinzierl vor Gericht. Der Prozess dauert bis 15. März.x

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gemünden
Henry Stern
Bayerischer Landtag
Freie Wähler
Günther Felbinger
Richter (Beruf)
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • W. B.
    Hallo Mainpost. Bitte weiter berichten. Das Mainecho ist schon wieder dran.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. D.
    Es ist unbetritten, dass Günther Felbinger viel falsch gemacht hat. Und dies in einer Position wo man Vorbildcharakter hat. Auch bei der Aufarbeitung wurden von allen Seiten sehr viele Fehler gemacht. Felbinger wird für sein Vergehen doppelt büßen, einmal gesellschaftlich und dann vor allem strafrechtlich. Er war ein absolut tüchtiger und guter MdL, beliebt, anerkannt und hätte Zukunft gehabt. Leider hat er das nun selbst in Frage gestellt. Dafür die FW als ganzes infrage zu stellen, nun ja, Kleingeister haben nun ihren großen Auftritt, denn dann müßte man alle Parteien, die Kirche, Konzerne usw. unter Gemeinschaftshaft und -schuld nehmen, denn schwarze Schafe gibt es überall. Sicher sind diese richtenden User hier alle ohne Fehl und Tadel, sie glauben es wenigstens, außer das bißchen Neid und die überdimensionale Selbstgerechtigkeit.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. T.
    Wo sind die Werte in unserer Gesellschaft geblieben? Die anderen machen es so, also mache ich es nach...
    Wenn das im Landtag gängige Praxis ist, dann gute Nacht.
    Ehrlichkeit wir beerdigen dich... Diese Persönlichkeiten geben die Leitlinien des gesellschaftlichen Lebens vor...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    Werte in unserer Gesellschaft? Gibt es die noch und wenn ja, welche?
    Wenn ich all die an Stammtischen, Kaffeekränzchen u. ä. Zusammenkünften kolportierten "Schreibfehler" auch nur annähernd ernst nehmen würde und dann noch die Versuche, das Finanzamt zu be....., hätten Sie möglicherweise recht. Da brauchen wir dann aber das Beispiel von "denen da oben" nicht mehr; dort sind es halt nur andere Dimensionen dieses Gesellshaftsspieles.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    Sorry: "Schreibfehler in Versicherungssachen"..
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    Ich finde, er ist zumindest ehrlich, was man bisher in der MP liest. Er gibt sein Fehlverhalten zu, was andere es nicht tun - man bedenke ERLABRUNNER PROZESS. Zudem glaube ich ihm, dass mit Sicherheit noch andere Leute im Landtag das auch tun. Eine Großrazzia wäre zwar angebracht, aber mit Sicherheit haben die meisten schon Ihre "schmutzige Wäsche" gewaschen. Er ist mit Sicherheit nicht der einzige der das getan hat. Ich bin mir sicher, da sind noch 100 Beamte dabei. Hoffentlich wird mal im Land- und im Bundestag mal von Kopf bis Fuß geprüft, denn das geht gar nicht auf Kosten der Steuerzahler!!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. S.
    Ehrlich ist er im nachhinein, aber nur weil die Beweislast zu erdrückend ist, mit dem unterwürfigem verhalten und dem anschwärzen anderer, will er nur sein Strafmaß senken!!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    .... und das wird möglicherweise sogar gelingen.....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. B.
    Eine Straftat begehen und diese dann auch noch rechtfertigen. Das ist ein ganz erbärmlicher Zeitgenosse.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. J.
    "hatte allein 2000 Euro Benzinkosten"
    wären bei einem Dieselpreis von 1,20€ im Durchschnitt der letzten Jahre exakt (Obbacht) 1666,66 Liter Diesel pro Monat. Selbst wenn der gute Mann bei 15.000 km im Monat jeden Tag gefahren wäre kommt er auf 500 km pro Tag. Das entspricht 7 bis 8 Stunden jeden Tag hinter dem Steuer. Mehr Verarsche geht wirklich nicht Herr Felbinger. Aber dank Verbeamtung kann er sich ja so entspannt zurück lehnen weil er sicherlich nachdem es ruhiger um Ihn geworden ist im Staatsdienst Arbeit findet. Der Kerl war mir mal sympatisch.....ist aber schon länger her. Hochmut kommt vor den Fall.....Altes Sprichwort

    © Main-Post 2018
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. G.
    stellt sich auch irgendwie die frage, welchen "hohen Arbeitsaufwand als Landtagsabgeordneter im ländlichen Raum" der gute mann hatte, und zu welcher "arbeit" er dann überhaupt noch zeit hatte bei der fahrleistung.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • F. K.
    Da stellt sich doch eher die Frage, in welchen Tank der Sprit gelaufen ist :o
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. J.
    die Frage habe ich mir noch gar nicht gestellt.....wer böses dabei denkt....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. S.
    Hallo Finanzamt München,
    Steuerfahndung,Finanzaufsicht oder wie immer sich diese Abteilungen bezeichnen in der Fachsprache.
    Hoffentlich wird von Amts wegen eine deutliche Überprüfung der steuerlichen ERläuterungen mancher MdL´s zügig durchgeführt,umgesetzt und von drakonischen Strafen begleitet.
    Als da wären..Nachzahlungen, juristische Konsequenzen.
    Prost Mahlzeit traurig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. H.
    Live- Blog nicht mehr aufrufbar... Seltsam

    Mein Kommentar dazu war:

    In Bayern und vornehmlich in MSP halten sich die Freien Wähler für "unantastbar". Felbingers Parteigenossen hielten es nicht für nötig, sich deutlich von ihm zu distanzieren. So konnte und kann Felbinger fröhlich an seiner Pension weiterbasteln...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. S.
    Nestbeschmutzer!
    "..das machen alles so im Landtag"..na toll...
    Was für ein Auto fährt denn der Herr F..einen Jaguar? Ein Diesel hätte möglich die Aufwands-Fahrtkosten erheblich senken helfen können.
    Oder ein Hybrid..auf Steuerzahlers-Kosten-natürlich.

    Was soll er noch viel abstreiten,die Beweise scheinen erdrückend zu sein...
    Was soll man da noch sagen :-/ ...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. B.
    Wo ist der Live-Blog mitsamt den Kommentaren? Bitte nicht nachlassen. Dranbleiben. Danke.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten