Zu einem massiven Polizeieinsatz hat am Montagabend in Emskirchen bei Neustadt an der Aisch (Mittelfranken) der Protest gegen einen Einheimischen geführt, der im Internet unter dem Künstlernamen „Drachenlord“ bekannt ist.
Eine Demo gegen ihn, der seine Bekanntheit aus eigenen Filmauftritten im Internet-Portal Youtube zieht, war zwar verboten worden. Sie fand aber dennoch statt. Die Polizei riegelte das kleine Örtchen Altschauerberg, einen Ortsteil von Emskirchen, komplett ab – zeitweise waren dort mehr Polizisten als Einwohner.
Bewunderung und Ablehnung
Der dort wohnende junge Mann betreibt einen Internet-Kanal über sein Leben, mit nach eigenen Angaben 76 000 Abonnenten. Er erntet für seine Videos mit seinen teils kruden Ansichten nicht nur viele Bewunderer. Immer mehr Menschen finden es angebracht, ihn als Objekt ihrer Ablehnung, ja regelrechten Hasses zu sehen. Seine Gegner bezeichnen sich selbst auch als „Hater“ (Hasser).
- Warum der "Drachenlord" so viele Hater hat
Mahnende Stimmen
Manche machen sich über den Mann aus der Provinz lustig, beschimpfen ihn. Es gibt auch die Besonnenen, die mahnen: „Es gibt so viel Gefährliches auf YouTube, von Verschwörungsdeppen über Scharlatane, die Schwerkranke abzocken, bis hin zu Nazis – warum ausgerechnet ein Sonderschüler, der niemandem was tut, terrorisiert werden muss, ich versteh es einfach nicht“, postete eine Userin.
"Drachenlord" provozierte seine Kritiker
Er selbst provozierte in der Vergangenheit Gegner, denen es nicht mehr reicht, ihn verbal im Netz zu attackieren, und postete öffentlich seine Adresse. Seit dem suchen ihn Hater immer wieder privat auf, bedrängen ihn, bewerfen ihn mit Eiern oder bestellen in seinem Namen Pizza.
„Das geht schon seit Jahren so, dass da einzelne Personen oder kleine Grüppchen auftauchen“, sagt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken auf Nachfrage. „Aber in der Dimension hat es das bisher noch nicht gegeben.“ Das Ausmaß der Demonstration mit dem Titel „Dem Drachen das Fürchten lehren“ überraschte die Polizei wohl selbst.
Demo verboten
Nach Aufrufen im Internet hatten sich zur Hassdemo über 9500 Menschen angekündigt. Daraufhin hatte das Landratsamt ein Versammlungsverbot ausgesprochen. Eine Klage gegen das Verbot hatte das Verwaltungsgericht Ansbach am Montag abgewiesen. Davon ließen sich aber nicht alle Gegner des „Drachenlords“ abhalten, die zeitweise den Platz vor seinem Grundstück belagerten. „Es war schwierig, zu unterscheiden, wer nur Gaffer ist und wer Streit sucht,“ sagte tags darauf Rainer Kahler, Referent von Landrat Helmut Weiß (CSU).
Beide waren am Abend vor Ort, um sich selbst ein Bild zu machen. Man habe im Vorfeld versucht, deeskalierend auf beide Seiten einzuwirken, doch die Möglichkeiten dafür seien – auch angesichts mancher angetrunken wirkender Teilnehmer der Versammlung – begrenzt gewesen, so Kahler. Der Landrat, der früher selbst bei der Polizei war, halte engen Kontakt zu Gemeinde, Feuerwehr und Polizei.
USK schützt „Drachenlord“
Jedenfalls versammelten sich am Montag schon im Lauf des Tages mehrere hundert meist junge Menschen im 40-Seelen-Ort Altschauerberg. Um den Mann zu schützen, zog die Polizei unter anderem eigens das auf Großeinsätze wie Demonstrationen trainierte Unterstützungskommando (USK) vom DFB-Pokalspiel SpVgg Greuther Fürth gegen Borussia Dortmund ab und schützte den „Drachenlord“. Die Polizei registrierte Autos aus dem gesamten Bundesgebiet, sprach den Tag über mehr als 100 Platzverweise aus. Die Beamten sperrten auch die Durchfahrtsstraße von Altschauerberg.
Böller gezündet
Gegen 20.30 Uhr drohte die Lage kurz zu eskalieren. Böller wurden gezündet, ein kleiner Brand musste von der Feuerwehr gelöscht werden. Ein Feuerwehrsprecher sagt, es sei großes Glück gewesen, dass es zu keinem größeren Waldbrand gekommen sei. Das USK sorgte schließlich für Beruhigung. „Gegen 23 Uhr sind die letzten nach Hause gegangen“, so ein Polizeisprecher. Die Polizei rechnet aber damit, dass dieses Thema sie weiter beschäftigen werde, da der junge Mann mit seinen Youtube-Auftritten Geld verdienen will und angekündigt habe, „dass er damit nicht aufhören will“.
Emskirchens Bürgermeister Harald Kempe war am Dienstag erkennbar genervt von dem Thema, das seine Gemeinde in die Schlagzeilen brachte: „Ich bin zu dem Thema zu keiner Stellungnahme bereit“, sagte er und brach das Gespräch ab.
Neues Drachenlord-Video
Und der Drachenlord? Der lud am Dienstag ein neues einstündiges Youtube-Video von sich hoch, in dem er im Dialog mit Fans am Bildschirm sehr nachdenklich wirkte. „Die Polizei macht einen verdammt guten Job,“ sagte er, und „man hat sich etwas Sorgen gemacht, gestern, ist klar.“ Er müsse daran denken, dass so viele Unschuldige mit rein gezogen wurden - und er bekennt: „Es war ein bisschen mental belastend für mich.“
Ein soziales Netzwerk geht gegen einen Menschen vor, der seine Gegenspieler provoziert und zum Hass gegen sich aufruft. Er bestellt sich also den Ärger ins Haus, den er so gerne selbst verbreiten würde. Das ist Mobbing auf Verlangen. Die Demonstranten möchten im Flashmob ihr schwach entwickeltes Selbstwertgefühl stärken. Sie betreiben jedoch eine besondere Form der Selbstjustiz, in dem sie den Ruf des Drachenlords weiter ruinieren. Auch einem Übeltäter muss man Schutz vor Lynchjustiz einräumen. Daran ändert auch die schöne neue Cyber-Welt nichts.
Denn ich halte das Internet für die Verwirklichung von Bertold Brechts "Radiotheorie": https://de.wikipedia.org/wiki/Radiotheorie
Ähnliche Vorkommnisse gab es außerdem auch früher schon. Stichwort: Hexenwahn.
Man sieht durch das Internet nur sehr viel mehr, wieviel unglaubliche dumme und verkommene Menschen es gibt. Ohne Internet sähe man das nicht so deutlich. Man hat also etwas über die Menschheit selbst gelernt. Ich sehe das als Vorteil.
Ich halte nichts davon den Menschen den Mund verbieten zu wollen, auch wenn sie noch so bodenlos dumme Sachen von sich geben. Ich bin der Meinung daß sollte man aushalten, weil Kommunikation ein zentraler Bestandteil des Menschseins ist und deren Unterdrückung viel schlimmere Effekte hervorruft.
Beim Rest Ihres Kommentars stimme ich allerdings zu. Alle Beteiligten sind im Endeffekt arme Würstchen.
...ein Bumerang-Kommentar
http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-abc-lehren-mit-dativ-oder-akkusativ-a-309402.html
Einfach unfaßbar, wie gnadenlos Menschen miteinander umgehen.
Da lebt einer aufm Kaff, will seine Ruhe haben, wird von YouTube - Zombies terrorisiert und alle finden s lustig... Wü*rg und K*tz