
Auf dem Feld am nördlichen Ortsrand von Uffenheim herrscht an diesem Nachmittag idyllische Ruhe. Strahlender Sonnenschein, Insekten surren, in den Bäumen zwitschern die Vögel. An die Wiese grenzt eine etwas heruntergekommene Industrieanlage. Hinter der Einfahrt, im Innenhof, steht ein Mann in Flecktarnuniform.
Eine halbe Stunde später weicht die Stille einem ohrenbetäubenden Getöse. In der Luft liegt der Geruch von frisch verbranntem Diesel. Von dem Mann im Tarnanzug ist nur noch der Kopf zu sehen, der aus einer fast dreieinhalb Meter hohen Metallraupe ragt.
Das Gerät, das Ernst Scheuerlein steuert, ist keine Metallraupe, sondern ein Luftabwehrkanonen-Panzer, auch Gepard genannt. Seit dem Beginn der russischen Invasion in die Ukraine spricht Deutschland über das fast 50 Tonnen schwere Kriegsgerät. 15 Gepard-Panzer davon will die Regierung im Juli an die Ukraine liefern, weitere sollen laut Medienberichten folgen.
Gepard-Panzer würden in erster Linie zur Abwehr feindlicher Flugzeuge und Tiefflieger eingesetzt, sagt Militärtechnikexperte Ernst Scheuerlein. Der 70-Jährige kennt sich aus mit Kriegsgerät. Als Vorsitzender des Vereins für Zivil- und Wehrtechnik und Chef des gleichnamigen Museums in Uffenheim (Lkr. Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim) wacht er über ein gigantisches Arsenal an ausgemusterten Waffensystemen, die in den alten Hallen einer ehemaligen Möbelfabrik am Stadtrand ausgestellt sind.
Gepard-Panzer kostete sechsstellige Summe
Munition, Maschinengewehre, Raketen: "Alles, was hier ist, wurde vorher demontiert und demilitarisiert", erklärt Scheuerlein. Demilitarisiert heißt, dass kein Gerät hier auch nur einen Schuss mehr absondern kann. Genau wie der Gepard, den der militärbegeisterte Sammler schon vor Jahren hierher geholt hat. Wo genau er den Panzer herhat, will Scheuerlein nicht verraten. Nur so viel: Der Kaufpreis solcher Modelle liege im sechsstelligen Bereich.
Rund 830 PS ist das Kettenfahrzeug stark, sagt Scheuerlein. Eine erfahrene Mannschaft könne rund 550 Schuss mit den beiden Luftabwehrgeschütze abfeuern - pro Minute. Eine hochtechnologisierte und hochgefährliche Maschine, die Flugzeuge in 15 Kilometern Entfernung orten und ab einer Entfernung von sechs Kilometern vom Himmel holen kann. Mit seinem ausfahrbaren und rotierenden Suchradar, das an eine Satellitenschüssel erinnert, könne der Panzer bis zu sechs Flugzeuge gleichzeitig erfassen, sagt Scheuerlein.
Flugzeuge werden vor Beschuss identifiziert
Im Kampfeinsatz gehe es schließlich nur noch um Freund und Feind, "du oder er", beschreibt der Militärtechnikexperte. Um sie auseinander halten zu können, sendet der Panzer einen Zahlencode zum herannahenden Flieger. Gibt sich dieser als Verbündeter zu erkennen, passiert nichts. Sollte keine oder eine falsche Antwort folgen, bereite sich die Besatzung auf den Abschuss des Flugzeugs vor, sagt der Museums-Chef.

Kleine Punkte auf dem Radar zeigen an, wo sich das gegnerische Flugzeug befindet. Der Richtkanonier visiert an, ein letzter Blick durch das Periskop, der Kommandant gibt frei – und "klack". Mehr sei von dem Abschuss im Inneren nicht zu hören, so Scheuerlein. Auf engstem Raum, zwischen einer zentimeterdicken Stahlschicht, Sensoren und Knöpfen, ist die Besatzung im Einsatz. Kommuniziert wird über Kopfhörer und Mikrofon, während um einen herum der Motor dröhnt und alles wackelt.
Im Gepard-Panzer steckt viel Hightech
"Der 1A2 ist der beste Flugabwehrpanzer, den es gegen Tiefflieger gibt", sagt Scheuerlein. "Das ist ein hochkomplexes System."

Aber woher kommt die Begeisterung für so ein Kriegsgerät, dass ursprünglich dazu gebaut wurde, um andere Menschen zu töten? Er selbst sei kein Soldat, sagt Scheuerlein. Als junger Erwachsener habe er zwar eine 18-monatige Wehrpflicht ableisten müssen, bei der Bundeswehr wollte er dennoch nicht bleiben.
Faszination für die Technik
Eine Situation während seines Wehrdienstes habe sich ihm besonders ins Gedächtnis eingebrannt, erzählt der 70-Jährige. Während eines Manövers habe er sich vorstellen müssen, dass der Feind nur wenige Kilometer entfernt wäre. "Nicht umsonst gibt es den Spruch, dass sich Menschen vor Angst in die Hose machen", sagt Scheuerlein. "Krieg ist immer eine Schweinerei."
Aber den gelernten Bauingenieur fasziniert das Technische. Der Militärtechnikexperte ist leidenschaftlicher Schrauber, ein Technikfreak. Da es sich bei dem Panzer des Uffenheimer Museums um das Vorgängermodell - gebaut wurde er Ende der 70er Jahre - der für die Ukraine bestimmten Geräte handelt, können er und sein Team den Panzer noch eigenhändig reparieren und in Schuss halten. "Bei den neueren Modellen steckt mehr digitale Technik drin."
Dadurch würden die Maschinen zwar effizienter, aber eben auch komplexer werden. So komplex, dass die Besatzung oft selbst nicht mehr dazu in der Lage sei, das Gerät zu warten, meint Scheuerlein. Nicht ganz so komplex sei hingegen das Fahren. Man müsse zwar intensiv üben, aber mit einem guten Team und etwas Geduld sei das Steuern innerhalb weniger Wochen "erlernbar".
Das Museum für Zivil- und Wehrtechnik Uffenheim ist von April bis Oktober immer am ersten Sonntag im Monat von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Es zeigt neben vereinseigenen Exponaten und Leihgaben vor allem Ausstellungsstücke aus privaten Sammlungen. Am Pfingstwochenende, 4. und 5. Juni, veranstaltet das Museum auf seinem Gelände eine Fahrzeugschau, jeweils von 10 bis 18 Uhr. Eintritt sieben Euro, für Kinder bis zwölf Jahre kostenlos. Infos: www.zivilundwehrtechnik.de
Eine nützliche Maschine um sein Land zu verteidigen wenn es grundlos angegriffen wird!