Stinkt eine Bratwurst-Küche – oder macht der Geruch vielleicht sogar Appetit? Nervt das morgendliche Krähen eines Hahns – oder beruhigt es sogar? Stören Kirchenglocken die sonntägliche Ruhe? Und was ist mit den Gerüchen, die beim Brotbacken oder Bierbrauen entstehen?
Immer wieder kommt es auch in Unterfranken zu Klagen, weil sich Nachbarn durch Geräusche und Gerüche, die typisch für das Landleben sind, gestört fühlen, beklagen die Freien Wähler im Landtag. Dies sei nicht nur lästig für die Gerichte, sondern bedrohe auch das "Kulturgut Sinneserbe". Deshalb soll hier nun der Gesetzgeber ran: Das Bundesimmissionsschutzgesetz, so verlangt es die Partei des stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger, müsse so geändert werden, "dass diese für das Landleben typischen und identitätsstiftenden Gerüche und Geräusche" unter besonderen Schutz gestellt werden.
Immer wieder zögen Städter mit falschen Vorstellungen aufs Land, erklärt FW-Fraktionschef Florian Streibl auf Nachfrage: "Denn die ideale Landleben-Romantik, die gibt es halt nicht." Im Gegenteil: "Das Landleben sieht man, hört man und riecht man – und manchmal stinkt es auch", findet Streibl. Bayerns Erfolg liege aber in der Verbindung von Tradition und Fortschritt. Deshalb müssten eben im Zweifel auch Traditionen gesetzlich geschützt werden, die manchen Neubürgern stinken.
Welcher Geruch oder Gestank genau als regionaltypisch geschützt wird, soll die jeweilige Region selbst bestimmen. "In Berlin-Kreuzberg wäre es vielleicht der Geruch einer Döner-Bude", findet Streibl. Schließlich geht es hier um ein Bundesgesetz, das in ganz Deutschland gelten würde.
Erfolgsaussichten für den ländlichen Geruchsschutz in Berlin eher trübe
Womit man bei dem Haken an der Sache angekommen ist: Zwar ist es den Freien Wählern nach monatelangen Verhandlungen gelungen, im Landtag die CSU zu einer Zustimmung zu bewegen. Trotzdem kann die Landtagsmehrheit die Staatsregierung nur auffordern, im Bundesrat eine entsprechende Gesetzesänderung vorzuschlagen. In Frankreich werde das "Sinneserbe" bereits gesetzlich geschützt, wirbt Streibl. Trotzdem scheinen die Erfolgsaussichten in Berlin für den ländlichen Geruchsschutz eher trübe.
Mehr Akzeptanz für die Geräusche und Gerüche des Landlebens könne ohnehin nicht per Gesetz verordnet werden, glaubt der Grünen-Landtagsabgeordnete Christian Hierneis. Und was als "ortsüblich" gelte, könne jetzt schon nicht verboten werden. Notwendig sei eher mehr Verständnis, woher etwa gesunde Lebensmittel kommen: "Ohne Hahn gibt es eben keine Bio-Eier. Und ohne Kühe auf der Weide keine Bio-Milch."