Auch die jüngste Meinungsumfrage dürfte nicht zur Beruhigung der Freien Wähler beigetragen habe: Demnach darf die CSUmit derzeit mehr als 49 Prozent Zustimmung von der Alleinregierung zumindest wieder träumen. Die Aiwanger-Partei steht dagegen nur noch bei 6,9 Prozent.
Aiwanger blieb vor allen mit schrägen Bildern und Wischmopps in Erinnerung
Das Ergebnis kommt nicht überraschend: Während CSU-Chef Markus Söder als Corona-Krisenmanager auch auf dem Berliner Parkett glänzte, lief es für den Junior-Partner in Bayern nicht wirklich rund: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger blieb vor allem mit schrägen Wort-Bildern ("Wir müssen auf der Corona-Welle surfen"), dem Einkauf von 90.000 Wischmopps oder der zähen Auszahlung der Soforthilfe in Erinnerung.
Bereits am Sonntag hatte Aiwanger geklagt, dass er sich ungerecht behandelt fühlt: Er werde deshalb künftig "robuster" auftreten: "Wenn in einer Koalition die Position des kleineren Partners zu wenig durchdringt, kann man das nicht auf Dauer laufen lassen."
"Lehren aus Corona" sollen nun Profil der Freien Wähler schärfen
Nach dieser Frontal-Attacke auf die Söder-CSU versucht die FW-Landtagsfraktion nun, sich auch inhaltlich vom großen Partner abzusetzen: Auf 67 Seiten haben die FW-Abgeordneten deshalb unter der Überschrift "Lehren aus Corona" politische Forderungen zusammengetragen, mit denen die Partei die politische Debatte in Bayern künftig prägen will.
Das Papier sei "keine Provokation der Staatsregierung", beteuert zwar der der FW-Landtagsabgeordnete Fabian Mehring. Im Gegenteil: Das gemeinsame Krisenmanagement der letzten Monate sei eine "Benchmark" für ganz Deutschland und Söder "der professionellste Politiker vielleicht in ganz Europa".
"Gleichwohl fungieren die Auswirkungen der Pandemie auch in Bayern als Brennglas, das diverse Fehlentwicklungen der Vergangenheit in verdichteter Form vor Augen führt", finden die Freien Wähler – weshalb eine politische Neu-Orientierung auch über den gültigen Koalitionsvertrag mit der CSU hinaus notwendig sei.
FW-Forderungskatalog: Von Taiwan bis zur Diesel-Prämie
Inhaltlich schlägt das Papier dabei einen weiten Bogen weit über Bayern hinaus: So fordern die Freien Wähler etwa, Taiwan wieder als Beobachter in die Weltgesundheitsorganisation aufzunehmen, eine bundesweit höhere Tabaksteuer oder Kauf-Prämien auch für Benzin- und Dieselautos.
Bei der Wirtschaftsförderung verlangen die Freien Wähler von der CSU zusätzliche Konjunktur-Mittel des Freistaats, wollen aber auch auf Nachfrage keine Summe nennen. Im Bereich der Pflege übernimmt die Partei langjährige Forderungen etwa der SPD nach besserer Bezahlung.
Parlamentsvorbehalt stößt auf Widerspruch in der CSU
Bereits auf heftigen Widerspruch in der CSU stößt die FW-Forderung, die weitreichenden Befugnisse der Regierung im Ausnahmezustand unter Parlamentsvorbehalt zu stellen: Der Landtag müsse bei künftigen Krisen etwa bei Grundrechtseingriffen "bei Dissens eingreifen können", verlangt Mehring.
Als Attacke auf die Söder-CSU dürfe das Papier jedoch nicht verstanden werden, wiegelt FW-Fraktionschef Florian Streibl ab: Die Zusammenarbeit mit der CSU sei nach wie vor "hervorragend". Und auch an dauerhafte Verwerfungen zwischen Söder und Aiwanger glaubt Streibl nicht: "Wenn Wogen da sind, werden die sich von allein glätten."