zurück
Augsburg, Günzburg, Donauwörth, Nördlingen
Wohin mit all den Geflüchteten? Damit kämpfen Landkreise und Kommunen
Kommunen bemühen sich um die Unterbringung neuer Geflüchteter. Die Unterstützung in der Bevölkerung für neue Unterkünfte sinkt. Wie ist die Lage in bayerischen Gemeinden?
Flüchtlingsunterkunft.jpeg       -  Provisorische Flüchtlingsunterkünfte gibt es beinahe in ganz Deutschland – an nachhaltigen Unterkünften mangelt es oft.
Foto: Arne Dedert, dpa (Symbolbild) | Provisorische Flüchtlingsunterkünfte gibt es beinahe in ganz Deutschland – an nachhaltigen Unterkünften mangelt es oft.
Moritz Maier
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:52 Uhr

Die angespannte Situation im Umgang mit Geflüchteten bringt viele GemeindenBayerns an ihre Grenzen. Seit Monaten klagen etliche Lokalpolitiker, mit den Flüchtlingszahlen überfordert zu sein. Gleichzeitig suchen immer mehr Menschen in Bayern und Schwaben Schutz. Grundsätzlich mangelt es nicht an Hilfsbereitschaft, doch Bürgerinnen und Bürger lehnen weitere Unterkünfte zunehmend ab. Schwäbische Bürgermeister und Landräte erzählen von ihren Problemen, was sie fordern und wie sie versuchen, die Geflüchteten trotz der widrigen Umstände besser zu integrieren.

In Hoppingen sammelten Bürger Unterschriften gegen Flüchtlingsunterkunft

In Hoppingen, das zur Stadt Harburg im LandkreisDonau-Ries gehört, ist das Fass übergelaufen. Eine geplante Unterkunft für Geflüchtete wurde nach großem Protest der einheimischen Bevölkerung gestoppt. Ein privater Investor wollte im 279-Seelen-Dorf eine Unterkunft für 88 Geflüchtete bauen. In einer Unterschriftenliste formulierten die Hoppingerinnen und Hoppinger ihre Bedenken – mit Erfolg. Das Vorhaben wurde eingestellt. Harburgs Bürgermeister Christoph Schmidt (parteilos) teilt die Sorgen, betont aber, dass die Aktion nicht gegen die Geflüchteten gerichtet ist: "Hier geht es um das Verhältnis."

Ankommende Geflüchtete werden nach einem festen Verteilungsschlüssel auf die Regionen verteilt. Wie genau zwischen Stadtteilen oder Dörfern aufgeteilt wird, ist offen. Dadurch entstehe ein solches Ungleichgewicht wie in Hoppingen, sagt Schmidt. Wenn ein Dorf mit einem Schlag um ein Drittel wächst, leide die Akzeptanz der Bevölkerung, so das Argument des Bürgermeisters. "Die wird dadurch natürlich geringer, zu Kriegsbeginn in der Ukraine war das noch ganz anders, da war die Hilfsbereitschaft riesig."

Auch weiterhin wollen die Hoppinger und Harburger den Menschen helfen, sagt Schmidt. So werde die Stadt künftig ihre alte Turnhalle als Zwischenlösung zur Verfügung stellen, ein weiteres privates Projekt – diesmal in der Stadt – ist in Planung. Eine zufriedenstellende Lösung ist das jedoch nicht. Integration sei so kaum möglich, sagt Schmidt. Er versucht deshalb, Schutzsuchende anders unterzubringen. "Wir gehen gezielt auf Menschen mit leer stehenden Häusern zu, das ist zwar zeit- und geldintensiv, aber nur durch solche dezentralen Wege kann echte Integration klappen."



Viele Geflüchtete: Stadt Bad Wörishofen war überfordert

Auch in der Unterallgäuer Stadt Bad Wörishofen ist die Lage angespannt, weiß der zweite Bürgermeister Daniel Pflügl (Grüne). "Wir sind mit den Geflüchteten massiv gefordert und waren zwischenzeitlich auch überfordert." Für die Stadtverwaltung hätten die Schutzsuchende eine riesige Mehrbelastung bedeutet, sagt Pflügl. So seien einige Bürgeranliegen zeitlich in Verzug geraten.

Die Frage der Unterbringung ist im ganzen Landkreis enorm schwierig, heißt es von Pflügl. "Wir haben kaum noch Möglichkeiten, schon die jetzige Wohnsituation ist nicht gut." In Bad Wörishofen leben viele Geflüchtete in einem ehemaligen Möbelhaus im Industriegebiet. Wie ist dieser für alle nicht zufriedenstellenden Situation also beizukommen? Pflügl appelliert an Bund und Freistaat. "Ich wünsche mir, dass weniger Wahlkampf betrieben wird. Alle schieben die Schuld nur hin und her, die Staatsregierung klagt nur den Bund an." Der Unterallgäuer plädiert für mehr Lösungsorientiertheit und Zusammenarbeit von Einheimischen und Geflüchteten, etwa beim Thema Arbeitskräftemangel. "Viele der Menschen in den Unterkünften wollen etwas werkeln und wir brauchen genau das; aber die Geflüchteten wissen nicht, wen sie dafür überhaupt ansprechen müssen", sagt Pflügl. Dafür startet das Landratsamt Unterallgäu nun das Pilotprojekt Bewerberbörse, um Geflüchtete besser an die rund 1700 offenen Stellen im Landkreis heranzuführen.

Günzburger Landrat fordert Begrenzung der Zuwanderung

Für einen deutlich restriktiveren Umgang mit Zuwanderung setzt sich der Günzburger Landrat Hans Reichhart (CSU) ein. "Der Druck wird immer größer, wir sind gezwungen, immer mehr Unterkünfte anzumieten, weil die Menschen sonst auf der Straße sitzen", sagt Reichhart. "Wir brauchen endlich eine tatsächliche Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung. Was bisher vom Bund kommt, sind nur Lippenbekenntnisse." Er fordert schnelle und pragmatische Lösungen, "denn wenn heute auf EU-Ebene etwas beschlossen wird, kommt das bei uns in drei bis vier Jahren an".

Der Wohnungsmangel wirke sich negativ auf die Geflüchteten aus, so der Günzburger Landrat. "Da sitzen alleinstehende junge Männer auf engstem Raum mit Familien, so kommt es automatisch zu Reibereien." Sowohl Reichhart als auch viele andere Kommunalpolitiker sagen, Finanzspritzen von Bund und Freistaat allein reichten nicht aus. Auf lokaler Ebene habe man nur geringen Spielraum.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Arbeitskräftemangel
Bürger
CSU
Einwanderung
Hans Reichhart
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen