Früher war nicht immer alles besser oder einfacher. Früher, da wurde zum Beispiel in vielen Gegenden Bayerns streng nach katholisch und evangelisch getrennt. Da gab es in Dörfern nach Konfessionen getrennte Schulen. Diese Bekenntnisschulen wurden im Freistaat übrigens erst 1968 abgeschafft. Und früher gab es in diesen Orten zwei Friedhöfe – je nach Bekenntnis eben. Die Katholiken hatten ihr eigenes Gasthaus, die Protestanten ebenfalls. Das Bier mal bei den anderen trinken – ein Ding der Unmöglichkeit.
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Unteraltenbernheim im mittelfränkischen Zenntal ist so ein Ort, in dem man die getrennten Welten von früher noch heute erkennen kann. Das Dorf hat zwei Friedhöfe, zwei Kirchen und zwei Gasthäuser. Dass etwa ein katholischer Mann eine evangelische Frau heiratet, das hätte früher für Empörung und Ausgrenzung gesorgt, wie eine alte Frau am Straßenrand erzählt.
Leben zwischen Stall und Stammtisch
Es ist diese von solchen Traditionen umwehte Aura, die die Gegend ausmacht. Man spürt auf einer Radtour förmlich noch die Macht des einstigen Dreigestirns aus Bürgermeister, Pfarrer und Lehrer, die in der Vergangenheit das Leben zwischen Stall und Stammtisch bestimmte. Man spürt aber auch den Hauch des mittelfränkischen Adels: Mitten in jenem Unteraltenbernheim steht ein heute privat genutztes Schlösschen derer von Seckendorff. Der Name steht für eine weit verzweigte fränkische Adelsfamilie, die ihre Wurzeln im 13. Jahrhundert und im Ort Seckendorf bei Fürth hat.
Wer die Rundtour vom Zenn- zum Aischtal im kleinen Westheim startet, kommt vor Unteraltenbernheim zunächst nach Obernzenn. In der 2700 Einwohner zählenden Marktgemeinde steht ein viel stattlicheres Schloss der Seckendorff-Familie. Genau genommen sind es zwei: das rote und das blaue, so auch an der Farbe der Fassade zu unterscheiden, beide aus dem 18. Jahrhundert. Freilich ist diese Anlage samt ihrem weitläufigen Park in Privatbesitz und kann nur eingeschränkt besichtigt werden. Obernzenn hat allerdings auch andere Reize: Am westlichen Ortsrand gibt es einen großen Badesee, im Zentrum stehen stattliche Häuser.
Auch im Nachbarort Trautskirchen steht ein Seckendorff-Schloss (nicht zu besichtigen). Es thront förmlich über dem Dorf, in dem 1875 Hans Böckler zur Welt kam. Nach dem ersten DGB-Chef wurde jene gewerkschaftsnahe Stiftung benannt, die sich bis heute für Arbeitnehmermitbestimmung einsetzt. Böcklers Geburtshaus an der Durchgangsstraße Richtung Neuhof an der Zenn ist heute ein kleines Museum über die Gewerkschaftsbewegung.
Spätestens bei Trautskirchen wird der Charakter der Gegend klar: Es ist ein weites Tal im Naturpark Frankenhöhe, das längst nicht so bekannt ist wie der Nachbar Aischtal. Entsprechend ist es entlang der unscheinbaren Zenn ruhiger. Der nach ihr benannte Radweg beginnt in Fürth am Main-Donau-Kanal und führt über rund 50 Kilometer bis Bad Windsheim, wo er auf den Aischtal-Radweg trifft.
So beschaulich das Zenntal ist, so überraschend gut erschlossen ist es für Touristen. So gibt es zwischen Obernzenn und Adelsdorf einen Rundwanderweg über die Hügel links und rechts des Tales. Fast in jedem einigermaßen großen Dorf findet man Gasthäuser und Übernachtungsmöglichkeiten. In Neuhof an der Zenn gibt es gar ein beheiztes Freibad und einen Skilift. Und ein Schloss – aber diesmal nicht von der Adelsfamilie Seckendorff, sondern von der einstigen Zisterzienserabtei Heilsbronn.
Sportliche 17 Kilometer rüber ins Aischtal
Rund vier Kilometer nach Neuhof an der Zenn bietet es sich in Adelsdorf für Radfahrer an, das Zenntal zu verlassen, um via Markt Erlbach ins Aischtal hinüberzufahren und so aus der Strecke eine Rundtour zu machen. Freilich ist dieser 17 Kilometer lange Abschnitt zwischen den beiden Flüssen der sportlichste Teil der Tour. Denn es geht hügelig voran. Erst kurz hinter Oberschweinach geht es permanent bergab und direkt runter in die Kreisstadt Neustadt an der Aisch.
Das Zentrum mit Stadtmauer, Rathaus, Stadtpark und Schloss lohnt einen Abstecher. Im Schloss befindet sich unter anderem das Karpfenmuseum, das die für den Aischgrund typische Teichwirtschaft würdigt. Allein im Stadtgebiet gibt es 130 Karpfenteiche. Tierisch ist Neustadt sowieso: Jeden Tag um 12 Uhr taucht auf dem Türmchen des Rathauses ein Geißbock aus Holz auf, der laut meckert. Er erinnert an das Jahr 1461, als die Stadt von feindlichen Truppen belagert wurde. Als den Bürgern die Vorräte ausgingen, zog sich ein findiger Schneider das Fell eines Geißbocks über und zeigte sich so dem Feind. Der nahm an, dass die Belagerten noch reichlich zu essen hatten und zog deshalb frustriert ab. Der Schneider wurde zum Volksheld, der Geißbock zum Wahrzeichen der heute 13 000 Einwohner zählenden Stadt.
Entspanntes Radeln direkt am Flüsschen
Wer Neustadt an der Aisch nach Westen Richtung Dietersheim und Ipsheim verlässt, fährt auf dem Radweg immer wieder direkt an der ruhigen Aisch entlang. Das Flüsschen ist bekannt für sein üppiges Libellenvorkommen. Der Aischtalradweg führt über 121 Kilometer von Rothenburg ob der Tauber nach Bamberg. Er hat alles in allem eine Höhendifferenz von nur 300 Metern – ein Klacks für jeden halbwegs ambitionierten Radfahrer.
Insofern ist der Rückweg unserer Tour ein gemütliches Dahingleiten durch die Windsheimer Bucht. Bei Ipsheim dominiert die Burg Hoheneck den Blick. Sie beherbergt eine Jugendbildungsstätte und ist nur eingeschränkt zu besichtigen.
Stopp im beliebten Museum
Für sehr viele Besucher ausgelegt ist indes das Freilandmuseum im benachbarten Bad Windsheim. Der Aischtalradweg führt direkt daran vorbei, da bietet sich ein Stopp an.
Allerdings sollte man für einen Besuch des gerade an Wochenenden populären Museums mindestens zwei bis drei Stunden einplanen. Wem die Zeit knapp wird: Bis zum Ausgangspunkt unserer Radtour, also Westheim, ist es ab Bad Windsheim nicht mehr weit.