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Familien
Wie ein Münchner Verein Eltern durch die Krankheitswelle hilft
Ist das Kind krank, können sich Eltern in München an den Verein "Zu Hause gesund werden" wenden. Er schickt eine Ehrenamtliche, die sich kümmert. Eine Ausnahme in Krisenzeiten.
Beim Vorlesen geht es vor allem darum, seinem Kind Aufmerksamkeit zu schenken. Foto: Christin Klose/dpa-tmn       -  Beim Vorlesen geht es vor allem darum, seinem Kind Aufmerksamkeit zu schenken.
Foto: Christin Klose/dpa-tmn | Beim Vorlesen geht es vor allem darum, seinem Kind Aufmerksamkeit zu schenken.
Christina Heller-Beschnitt
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:34 Uhr

Viele Eltern kennen das Problem: Das Kind ist eigentlich noch zu krank, um in die Kita oder die Schule zu gehen, doch sie selbst müssen wieder in die Arbeit. Wer keine Großeltern in der Nähe hat, die im Notfall einspringen können, steht vor einer Herausforderung. Und gerade bei der aktuellen Krankheitswelle unter Kindern fragen sich viele Eltern: Wie das kranke Kind pflegen und gleichzeitig arbeiten? Das geht natürlich nicht. Deshalb hat sich vor 33 Jahren in München ein Verein gegründet, der Eltern genau in solchen Notlagen hilft, und zwar völlig unbürokratisch.

Inga Fischer leitet den Verein, der den Namen "Zu Hause gesund werden" trägt. Was er tut, ist ziemlich einzigartig in Deutschland. Das Ganze funktioniert so: Eltern, deren Kind krank ist, können vormittags bei dem Verein anrufen. Eine Mitarbeiterin nimmt bis 13 Uhr Anrufe entgegen und versucht dann, bis zum Nachmittag eine Ehrenamtliche zu finden, die am Folgetag zu den hilfesuchenden Eltern und ihrem Kind nach Hause kommt. "Momentan steht das Telefon nicht still", sagt Fischer mit Blick auf die Krankheitswelle, die gerade umgeht. Die 55 ehrenamtlichen Frauen, die sich für den Verein engagieren, sind ausgelastet. "Zurzeit müssen wir den Eltern manchmal schon ab 10.30 Uhr sagen, dass es schwierig wird, jemanden für den nächsten Tag zu finden. Wir versuchen es aber natürlich trotzdem", sagt Fischer.

55 Ehrenamtliche engagieren sich für den Münchner Verein "Zu Hause gesund werden"

55 ehrenamtliche Frauen seien im Schnitt etwa 68 Jahre alt, sagt Fischer. "Es gibt kaum eine Voraussetzung, die die Frauen mitbringen müssen", sagt Fischer. "Das Einzige, was sie zwingend erfüllen müssen, ist, dass sie gerne Zeit mit Kindern verbringen." Viele von ihnen seien früher Kinderkrankenschwestern oder Erzieherinnen gewesen, manche hätten auch einfach schon immer gerne auf Kinder aufgepasst. Das ist wichtig, denn in den drei bis sechs Stunden, die die Ehrenamtlichen bei den Familien verbringen, sind sie wirklich nur für das Kind da.

Was das genau heißt, kann Marina Tönsfeldt erzählen. Sie ist eine von den 55 Ehrenamtlichen, die sich bei "Zu hause gesund werden" einbringen. Warum? "Ich war selbst alleinerziehend", sagt sie. Daher kenne sie die Situation, wenn das Kind krank werde und die Arbeit ruft. "Weil ich selbstständig bin, konnte ich meine Arbeit immer so verteilen, dass es mir gelungen ist, meine Tochter daheim gesund zu pflegen. Und das wollte ich anderen Kindern und ihren Eltern auch ermöglichen", sagt sie. Seit vier Jahren ist sie mit im Team, und wenn sie über die Arbeit spricht, ist ihr die Freude anzuhören.

"Es ist toll. Bei jedem Einsatz lernt man andere Kinder kennen. Und es ist schön, wie sehr sich diese Kinder für Sachen begeistern können." Je nachdem, wie fit das Kind ist, macht Tönsfeldt andere Dinge mit den Kleinen. Manche lieben es, zu basteln, manche lassen sich gerne vorlesen oder bekommen gerne Geschichten erzählt. "Ich hatte ein Kind, mit dem habe ich Clowns gespielt. Wir haben Jonglieren geübt und es abends den Eltern vorgeführt", erinnert sich Tönsfeldt. Mal bringt sie auch einfach nur einen Pappkarton mit ein paar Dingen darin mit, einem Bindfaden und etwas Bastelmaterial. "Es ist toll, was daraus alles entstehen kann", sagt sie. Manchmal überlegen sich Tönsfeldt und ihr Betreuungskind gemeinsam auch eine Geschichte und basteln ein Buch.

Verein pflegt kranke Kinder – die Stadt München zahlt Arbeit des Vereins

Viele Eltern machten sich vor dem ersten Besuch einer Ehrenamtlichen Sorgen, wie das Kind auf sie reagieren wird. Doch meist klappe das sehr gut, sagt Fischer. Und schiebt nach: "Es ist ein großes Vertrauen, das uns die Eltern entgegenbringen, dass sie eine völlig Fremde in ihr Haus lassen." Für viele Eltern ist der Verein aber auch die einzige Möglichkeit, damit ihre kranken Kinder sich zu Hause auskurieren können, während sie selbst arbeiten. Eine städtische Einrichtung gibt es dafür nicht.

"Im Grunde ist das ja eine kommunale Aufgabe, die wir für die Stadt Münchenübernehmen", sagt Fischer. Sie ist auch gleichzeitig die Vorsitzende des Vereins für Fraueninteressen, der Träger von "Zu Hause gesund werden" ist. Er übernimmt also die Organisation, finanziert wird das Projekt von der Stadt München und zu einem kleineren Teil vom Kreis München.Für die Eltern ist der Service nicht kostenlos. Sie bezahlen 6,50 Euro in der Stunde an die Frau, die zu ihnen kommt. 

Immer wieder kontaktieren auch interessierte Personen aus anderen Städten und Kreisen Fischer, weil sie das Münchner Modell nachahmen möchten, wie Fischer sagt. Wirklich umgesetzt habe es aber bislang niemand.

 
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