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MÜNCHEN
Ex-Chef des Verfassungsschutzes: Keine Fehler
Gerhard Forster hat als erster Zeuge vor dem bayerischen Untersuchungsausschuss zur NSU-Mordserie ausgesagt.
Der erste Zeuge: der frühere bayerische Verfassungsschutzpräsident Gerhard Forster.
Foto: dpa | Der erste Zeuge: der frühere bayerische Verfassungsschutzpräsident Gerhard Forster.
Von unserem Korrespondenten Uli Bachmeier
 |  aktualisiert: 11.10.2012 12:05 Uhr

Wer das Vorurteil pflegt, Beamte des Landesamtes für Verfassungsschutz seien allesamt über die Maßen geheimniskrämerisch und schweigsam, der konnte sich im Untersuchungsausschuss des Landtags eines Besseren belehren lassen. Die Abgeordneten, die nach möglichen Pannen und Versäumnissen bayerischer Behörden bei den Ermittlungen zur Neonazi-Mordserie forschen, erlebten einen ausgesprochen freundlichen und gesprächigen ersten Zeugen.

Gerhard Forster, der bis Ende 2001 Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in München war, wurde in seinem Redefluss mittendrin sogar von den anwesenden Beamten des Innenministeriums gebremst, als er in seinen Antworten all zu weit in das Innenleben der streng geheim operierenden Behörde vordrang. Doch Forster hatte offenkundig eine Botschaft, die er unbedingt los werden wollte. „Diese Mordserie ist für uns alle bedrückend“, sagte er und fügte hinzu: „Wir alle wären froh gewesen, wir hätten einen Hinweis bekommen, das können sie mir glauben.“

Fünf ihrer mutmaßlich zehn Morde hat die thüringer Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ in Bayern verübt. Das erste Opfer war im September 2000 ein türkischer Blumenhändler in Nürnberg. Noch in der Amtszeit Forsters hatte der frühere bayerische Innenminister Günther Beckstein in einer handschriftlichen Notiz gefragt, ob der Mord einen fremdenfeindlichen Hintergrund haben könnte. Gestern im Ausschuss betonte Forster, er sei sich „ganz sicher“, dass mehrfach Nachforschungen in diese Richtung betrieben worden seien. Die Beamten hätten ihre V-Leute im rechtsextremen Milieu befragt. „Das Ergebnis war gleich null. Wir haben in der Szene nachgefragt, aber es waren keine Hinweise da“, sagte Forster.

Die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss verfolgen auch noch eine andere Spur: Einige Jahre vor dem ersten Mord hatten die bayerischen Verfassungsschützer Hinweise auf Neonazis aus Thüringen, die sich in Bayern unter dem Namen „Fränkischer Heimatschutz“ breitmachen wollten. Zum „Thüringer Heimatschutz“, das weiß man heute, gehörte auch die Jenaer Kameradschaft, in der Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt Mitglied waren, die Jahre später die NSU-Terrorgruppe bildeten.

Doch der Verfassungsschutz in Bayern wollte diese Gruppe 1996 nicht selbst beobachten, weil die Kollegen aus Thüringen bereits einen V-Mann in der Szene hatten. „Wir wollten nicht, dass zwei Behörden in einer Szene V-Leute führen“, sagte Forster. Bayern habe darauf gesetzt, die Gruppe wieder los zu werden. Dies sei auch geschehen.

Der Kritik, die Sicherheitsbehörden seien auf dem rechten Auge blind, widersprach Forsters Bericht über die Tätigkeit des Verfassungsschutzes in den 90er Jahren. Nach dem Fall der Mauer seien Mitarbeiter „von links nach rechts“ umgeschichtet worden.

Vor 1990 hätten 70 Prozent den Links- und 30 Prozent den Rechtsextremismus beobachtet. Als sich danach die NPD mit militanten Skinheads verband und radikalisierte, habe sich der Kräfteeinsatz auf das Verhältnis 40 Prozent zu 60 Prozent umgekehrt.

 
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