zurück
NÜRNBERG
Ernüchterung über den Pflegegipfel
dpa
 |  aktualisiert: 23.07.2017 03:20 Uhr

Patientenschützer und Pflegende haben den bayerischen Pflegegipfel kritisiert. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, zeigte sich nach der Veranstaltung „ernüchtert“: Es seien lediglich „vom bayerischen Gesundheitsministerium weichgespülte Ergebnisse präsentiert“ worden. „Gesundheitsministerin Huml fehlte der Mut, große Schritte nach vorn zu gehen“, sagte Brysch.

Auch Marliese Biederbeck, Geschäftsführerin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Bayern-Mitteldeutschland, sagte: „Der große Wurf fehlte, um die Probleme beim Personalnotstand anzupacken.“ Ihr Verband werde genau beobachten, was die Politik bei Gehältern und Arbeitsbedingungen tue. „Hier muss etwas passieren“, sagte Biederbeck.

Wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften es nicht schafften, einen Gehaltsanstieg zu erreichen, müsse der Staat eingreifen. „Und dabei reicht es nicht, einen Mindestlohn festzulegen.“ Der krankenhauspolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Harald Weinberg, bezeichnete den Gipfel als „Schaufensterveranstaltung zwei Monate vor der Wahl“. Doch damit könnten Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und seine bayerische Amtskollegin Melanie Huml (CSU) ihre Versäumnisse der vergangenen Jahre nicht vergessen machen. „Die Arbeitsbedingungen in der Pflege verschlechtern sich immer weiter“, sagte Weinberg. Während in Norwegen eine Pflegekraft vier Patienten betreue, betrage der Schlüssel in Deutschland 1:10. Weinberg forderte daher eine gesetzliche Mindestpersonalbemessung.

Gesundheitsminister Gröhe sagte, bis zum Jahr 2020 werde es ein erprobtes, wissenschaftliches Instrument zur Personalbemessung geben. Er räumte zugleich ein, dass in der Pflege viele Verbesserungen lange Zeit bis zur Umsetzung gebraucht hätten. Und noch immer liege „vieles im Argen“. Er verstehe daher die Ungeduld der Betroffenen.

Schon heute ein Mangelberuf

Dabei sei die demografische Entwicklung eine große Herausforderung: Während es heute 1,6 bis 1,7 Millionen Menschen mit Demenz gebe, werde diese Zahl in den nächsten 20 Jahren um eine Million steigen. Die Zahl der Pflegebedürftigen insgesamt werde in gut zehn Jahren von 2,9 auf 4 Millionen wachsen. Gleichzeitig sei Altenpflege schon heute ein Mangelberuf. „Daher sind weitere Anstrengungen für attraktivere Arbeitsbedingungen nötig, damit wir genug Menschen finden für eine Tätigkeit in der Pflege“, sagte Gröhe.

Als positives Zeichen wertete er die steigenden Ausbildungszahlen: „Noch nie haben so viele Menschen eine Ausbildung in der Kranken- und Altenpflege begonnen wie gerade jetzt.“

Wie in der Altenpflege müsse auch bei anderen Gesundheitsberufen wie etwa Physiotherapeuten das Schulgeld abgeschafft werden, forderte Gröhe.

Etwa 400 Experten hatten bei dem Gipfel über die Zukunft der Pflege diskutiert. Kern waren drei Foren zu den Themen Pflegeversicherung, häusliche Pflege und Pflegekräfte.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
dpa
Arbeitsbedingungen
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit
CDU
CSU
Deutscher Bundestag
Harald Weinberg
Hermann Gröhe
Melanie Huml
Weinberge
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top