Das Geschäft mit dem Bremser brummt. Egal ob in Heckenwirtschaften, im Restaurant, im Supermarkt, an mobilen Verkaufsständen direkt an der Landstraße oder beim Italiener um die Ecke: Überall locken Schilder mit Federweißer. Bremser. Heuriger. Bitzler. Rauscher. Sauser. Sturm.
Die Namen variieren genauso wie die Preise und die Qualität. Zwischen 2,60 Euro und 3,80 Euro muss man meist in der Region hinblättern. Angeboten wird das sprudelnde, süße Weingetränk gerne in Kombination mit Zwiebelkuchen, Flammkuchen oder angemachtem Camembert. Was vielen Gourmets, Weinliebhabern oder empfindlichen Menschen Schauer über den Rücken treibt, macht jede Menge Mainfranken derzeit einfach nur glücklich.
Blähende Kombination
Nun gut, vielleicht nicht alle gleichermaßen, das kommt darauf an, wie empfindlich der Magen auf diese blähende Kombination reagiert.
Da kommen schon mal krachende Aussagen wie: „Mein Hund dachte, es ist schon wieder Silvester!“ Die Chefin des Gerbrunner Weinguts Ludwig Schmitt, Elke Schmitt, drückt es noch präziser aus: „Wer einen empfindlichen Magen hat, soll die Finger von Federweißem und Zwiebeln lassen!“ Offenkundig sind es derer aber nicht allzu viele, denn das Weingut erlebt seit Eröffnung der Federweißer-Saison vor einer Woche einen wahren Ansturm trinkfreudiger Franken.
„Das ist wie Spargel- oder Erdbeerzeit, da freut man sich halt drauf“, meint Schmitt. Auch die Winzer und Gastronomen können sich freuen, denn laut Schmitt läuft es auch aufgrund der sommerlichen Temperaturen hervorragend.
Elke Schmitt eilt derzeit rund um die Uhr in der Weinstube umher, denn Federweißer ist ein Getränk, dem man schon vor dem Ausschenken volle Aufmerksamkeit widmen muss. Der Traubenmost, der sich noch in der Gärung befindet, ist ein Getränk, das sich in der Zwischenstufe zwischen Traubensaft und Wein befindet. Je nachdem, wie weit der Most vergoren ist, kann auch der Alkoholgehalt stark variieren.
Flaschen in den Kühlschrank
„Viele mögen ihn ja, weil er süß schmeckt und sich trinken lässt wie Limonade, dabei wird der Alkoholgehalt oft unterschätzt“, heißt es in der Verbraucherzentrale Bayern. Im Lauf der Gärung verliert der Federweißer seine Süße und bekommt zunehmend einen herben Geschmack. Der Alkoholgehalt steigt dann auf bis zu elf Prozent.
Bei der alkoholischen Gärung entsteht Kohlensäure, die Verschlüsse der Flaschen müssen deshalb luftdurchlässig sein, damit die Kohlensäure entweichen kann. „Die Flaschen sollten immer stehend im Kühlschrank lagern“, so die Ernährungs-Experten.
Durch Kühlung kann man das Herbstgetränk auf den richtigen Oechslegrad bringen. Matthias Raps aus dem Giebelstadter Ortsteil Essfeld beherrscht diese Kunst perfekt, ist seit 30 Jahren im Geschäft. „Man muss den Federweißen jeden Tag kontrollieren, der Zustand verändert sich stündlich. Mit 80 Oechsle fang ich an und gehe langsam runter.“ Vier Tage Vorlauf brauche man dafür. „Wer ihn erst im letzten Moment stark herunterkühlt, hat ein Problem. Der Federweißer macht dann keinen Mucks mehr.“
Mischung aus weißen und blauen Trauben
Ein guter Federweißer muss aber aufmucken, spritzig sein. Ein wenig süß, ja, aber bitte nicht zu süß. Der Federweißer muss deshalb auch punktgenau serviert werden, darf nicht stundenlang in Zimmertemperatur herumstehen.
In der Heckenwirtschaft von Thomas Emmert in Thüngersheim lockt heuer eine Spezialität. „Wir haben das Gebräu Mrs. Pink genannt“, sagt Emmert. Die Mischung aus weißen und blauen Trauben ergibt einen exotischen, aber eben auch sehr mädchenhaften Farbton – und wurde von den gestandenen Mannsbildern und erfahrenen Winzern zunächst mal als Frauengetränk abgetan.
Emmert lacht. „Komisch nur, dass nach den ersten Kostproben niemand mehr von Frauengetränk sprach und die Mrs. Pink jetzt in bemerkenswerten Mengen genossen wird!“