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Lindenberg
Silberdistel fürs Ehrenamt: Joe Peinze hilft Asylsuchenden anzukommen
Joe Peinze widmet seine Freizeit seit zehn Jahren der Flüchtlingshilfe und hat hunderten Menschen auf verschiedene Weise geholfen. Dafür erhält er nun die Silberdistel.
Ingrid Grohe
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:32 Uhr

„Freunde statt Fremde“ heißt der Verein, den Joe Peinze vor knapp zehn Jahren gegründet hat. Die „Fremden“, das waren damals vor allem Menschen aus Afghanistan, die in einer abgelegenen Unterkunft bei Scheidegg wohnten. Die Westallgäuer wussten wenig über sie, doch Peinze und eine Gruppe engagierter Frauen und Männer nahmen wahr, wie dringend diese Menschen Unterstützung brauchten. Sie übernahmen die Aufgabe, ihnen das Ankommen und Dasein in Deutschland zu erleichtern. Seither hat Joe Peinze dies in vielen hundert Fällen getan. Für seinen unermüdlichen Einsatz zeichnet ihn unsere Zeitung mit der „Silberdistel“ aus.

Es läutet an der Tür von „Freunde statt Fremde“ in Lindenberg. Joe Peinze bittet einen Mann herein, begrüßt ihn per Handschlag. Der vierfache Vater sucht eine Wohnung. Peinze hat Angebote der Wohnungsbaugenossenschaft vor sich liegen; gemeinsam füllen sie die Selbstauskunft aus. „Hier muss Ihre Frau unterschreiben“, sagt der 77-Jährige. Zwei Stunden lang herrscht reger Betrieb bei Peinzes wöchentlicher Sprechstunde. Ruhig hört er die Anliegen an: Ein Mann fragt, wie er den Ausweis verlängern kann; eine Schülerin, wo sie einen Zuschuss für die Klassenfahrt bekommt – dann bleibt das Mädchen sitzen und erzählt von den Albträumen, die sie seit ihrer Flucht aus Afghanistan plagen. Nach der Sprechstunde nimmt Peinze viel Arbeit mit heim. Er sagt: „Ohne Hilfe wären die Leute dem Schreibkram niemals gewachsen.“

Peinze hilft im Verein "Freunde statt Fremde" Asylsuchenden Fuß zu fassen

Als Joe Peinze 1945 in Nordrhein-Westfalen zur Welt kam, war der Krieg seit zehn Tagen vorbei. Wenn er heute zurückblickt auf sein Leben, in dem er erst Ingenieur für Nachrichtentechnik war und mit Mitte 30, quasi als Spätberufener, Sozialarbeit studierte, denkt er: „Himmel, hast du eine gute Zeit gehabt. Hast nie Krieg, nie Not erlebt.“ Diese Erkenntnis ist ihm Antrieb. „Ich will mich für mein Glück erkenntlich zeigen.“

Joe Peinze hat an der Mittelschule Lindenberg die „Lesepaten“ ins Leben gerufen und jahrelang jungen Menschen den Zugang zu Büchern erleichtert. Bei „Freunde statt Fremde“ packt er überall an: organisiert das Nötigste für Neuankömmlinge, fährt Menschen zu Arzt-, Behörden- und Gerichtsterminen, erklärt rechtliche Vorgaben, gibt Deutschkurse, steht als Ansprechpartner für Arbeitgeber und Vermieter Geflüchteter zur Verfügung. Ob sie aus Fernost, Afrika oder der Ukraine nach Deutschland geflohen sind: Peinze hört ihre Nöte an, viele haben seine Telefonnummer. Natürlich stößt er bei aller Beharrlichkeit auch an Grenzen des Möglichen und muss dies den Menschen darlegen.

Peinze lässt das Elend um ihn herum aktiv werden

Obwohl Peinze laut Vereinskollegen der Aktivste bei „Freunde statt Fremde“ ist, wollte er nie Vorsitzender sein. „Ich bin zu wenig diplomatisch“, sagt er. Mit dem Landratsamt Lindau, das in seinen Augen mit der dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen einen vorbildlichen Weg geht, arbeitet er gut zusammen. Aber mit der Landesregierung hadert er oft. Zwar zeichnete sie ihn 2015 für seinen Einsatz für Asylsuchende aus, doch im Februar 2017 hat Peinze seine Urkunde an Sozialministerin Emilia Müller zurückgeschickt. Angesichts der inzwischen betont harten Linie der Staatsregierung erschien sie ihm „wie ein Hohn“. 

Joe Peinze hört bei seinem Engagement viele bedrückende Geschichten. Was macht es mit einem Helfer, immer wieder mit solch schweren Schicksalen konfrontiert zu sein? Joe Peinze denkt kurz nach, dann sagt er: „Mich lähmt das Elend nicht – es lässt mich aktiv werden.“

 
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