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FRANKFURT
Die Spur führt zu Beckenbauer
Achim Muth
 |  aktualisiert: 10.03.2016 03:39 Uhr

Ob der DFB bei der Abstimmung über die Vergabe der Fußball-WM 2006 Stimmen gekauft hat, ist auch nach Bekanntwerden des 361 Seiten starken Untersuchungsberichts der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer nicht geklärt. Damit bleibt die entscheidende Frage in der sogenannten „Sommermärchen-Affäre“ um eine dubiose DFB-Zahlung von 6,7 Millionen Euro unbeantwortet. Für einen Stimmenkauf bei der Abstimmung des Fifa-Exekutivkomitees im Jahre 2000 „gibt es keinen Beweis“, sagte Christian Duve von der Kanzlei bei der Vorstellung des Abschlussberichts in Frankfurt, „aber er kann auch nicht vollständig ausgeschlossen werden“. Der DFB hatte den Prüfungsauftrag im Oktober 2015 erteilt, nachdem die Vorwürfe publik geworden waren.

Die Ermittler konkretisierten die bereits größtenteils dokumentierten Geldströme rund um die Zahlung: So seien über ein Konto von Franz Beckenbauer im Jahr 2002 sechs Millionen Schweizer Franken auf ein Konto einer Schweizer Kanzlei geflossen. Von dort ging das Geld an eine Firma in Doha, die Mohamed bin Hammam gehören soll. Der mittlerweile wegen Korruption gesperrte Katarer galt in der Sportwelt als Strippenzieher und Stimmenbeschaffer. Laut Freshfields bestreitet bin Hammam, das Geld erhalten zu haben.

Von einem Konto des französischen Unternehmers Robert Louis-Dreyfus flossen dann zehn Millionen Schweizer Franken ebenfalls auf das Konto in der Schweiz, von wo aus das Geld verteilt wurde: Vier Millionen gingen nach Doha, sechs Millionen zurück auf das Beckenbauer-Konto. Im April 2005 überwies dann der DFB 6,7 Millionen Euro mit dem verschleiernden Verwendungszweck „Fifa-Gala“ an den Weltverband, der die Summe gleich direkt an Louis-Dreyfus weiterleitete. Eine Fifa-Gala jedoch fand nie statt. DFB-Interimspräsident Rainer Koch sagte, er kenne „in der Sportwelt keine vergleichbar transparente Aufarbeitung wie diesen Untersuchungsbericht, nur so können wir Vertrauen zurückgewinnen“. Es habe keine Anhaltspunkte für Stimmenkäufe gegeben, aber was die 6,7-Millionen-Zahlung angeht, so richtete er indirekt Vorwürfe an die damals Verantwortlichen im DFB und WM-Organisationskomitee wie Theo Zwanziger, Horst R.

Schmidt und Wolfgang Niersbach: „Es ist zehn Jahre lang verheimlicht und verschleiert worden“, dabei sei der Vorgang „innerhalb von zehn Sekunden“ erklärbar gewesen: „Der DFB hat zehn Millionen Schweizer Franken an eine dem Einflussbereich Mohamed bin Hammams zuzurechnende Firma in Doha gezahlt.“ Wofür das Geld gezahlt wurde, konnte der Untersuchungsbericht nicht klären.

Im Zuge der Affäre war Niersbach vom Amt als DFB-Präsident zurückgetreten. Es war deutlich geworden, dass er lange Zeit das DFB-Präsidium nicht über die Vorwürfe informiert hatte. Koch sprach von einem „völlig inakzeptablen Vorgehen“ Niersbachs sowie von einem „völligen Versagen der verbandsinternen Kontrollmechanismen“. Schatzmeister und designierter DFB-Präsident Reinhard Grindel kündigte an, eine Stelle für Compliance im DFB schaffen und eine unabhängige Ethikkommission einrichten zu wollen.

Über mögliche Konsequenzen für Wolfgang Niersbach, der für den DFB noch im Uefa- sowie im Fifa-Exekutivkomitee sitzt, wollten sich die Verantwortlichen nicht äußern: „Das wird in den Gremien besprochen“, sagte Liga-Präsident Reinhard Rauball.

Christian Duve von Freshfields berichtete zudem, was die Aufklärungsarbeit behindert habe: So seien E-Mails gelöscht und ein Aktenordner mit der Aufschrift „Fifa 2000“ im Juni 2015 entliehen worden. Die betreffende Person sei bekannt, der Ordner aber bis heute nicht wieder aufgetaucht. Insgesamt sichteten die Prüfer 128 000 elektronische Dokumente und 740 Aktenordner, 31 Personen wurden befragt. Abgeschlossen ist der Fall noch nicht: Es laufen noch Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt.

-> Das Thema Seite 8
 
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