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MEMMINGEN
Die Rückkehr der Schulschwänzer
Allgäu Airport       -  Am Montag ging die Polizei in Memmingen nicht gezielt auf die Suche nach Schwänzern.
Foto: Andreas Gebert, dpa | Am Montag ging die Polizei in Memmingen nicht gezielt auf die Suche nach Schwänzern.
Von unserer Mitarbeiterin Anja Worschech
 |  aktualisiert: 02.04.2019 10:09 Uhr

Der Memminger Flughafen gleicht einem Bienenstock. Stoßweise spült die Schiebetür braun gebrannte Urlauber mit Rollkoffern aus Sevilla, Mallorca und Thessaloniki in die Wartehalle. Mit freudestrahlenden Gesichtern fallen sie ihren Liebsten um den Hals. Unter den Ankommenden sind auch einige Jugendliche, die dort eigentlich gar nicht sein dürften. Es ist Montag. Der erste Tag nach den Pfingstferien. Die Schule hat längst wieder begonnen. Doch offenbar haben hier einige die Ferien eigenmächtig verlängert.

Vor gut zwei Wochen hatte das für viel Aufregung gesorgt. Am Freitag vor den Pfingstferien hatte die Polizei am Memminger Flughafen Schulschwänzer kontrolliert und zehn von ihnen angezeigt. Am Nürnberger Flughafen wurden elf Fälle gemeldet. Daraufhin entbrannte eine Diskussion über Sinn und Unsinn derartiger Kontrollen. Die Polizei einzuschalten, sei übertrieben, sagte der Vorsitzende des Bundeselternrats Stephan Wassmuth. „Grenzüberschreitungen müssen geahndet werden“, sagte Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerverbandes. Sie verstehe aber Eltern, die wenig Geld haben und ihren Kindern auch mal einen Flug ermöglichen wollen. Dennoch: Es seien selten die Familien mit wenig Geld, die ungefragt die Ferien verlängern, sagte Fleischmann.

Kontrollen in Nürnberg

An diesem Montag nun geht die Polizei in Memmingen nicht gezielt auf die Suche nach Schwänzern – jedenfalls wird kein Fall zur Anzeige gebracht, erklärt ein Sprecher. Anders in Nürnberg. Dort melden die Beamten nach ihren Kontrollen erneut 19 Fälle. Die Eltern müssen mit einer Anzeige und einem Bußgeld rechnen. Die Höhe variiert je nach Stadt und Kommune. Im Landkreis Ostallgäu beträgt das Bußgeld beispielsweise bis zu 1000 Euro.

Händchenhaltend läuft ein Pärchen aus dem Wartebereich des Allgäu-Airports ins Freie. Die 16-Jährige und ihr 18-jähriger Freund aus dem Landkreis Friedrichshafen sind gerade mit der Maschine aus Sevilla gelandet. Eine Woche Urlaub haben sie sich gegönnt – und den Montag einfach drangehängt. „Weil die Flüge von Sevilla nur zwei Mal wöchentlich fliegen. Sonst hätten wir nur vier Tage gehabt“, erklärt der Gymnasiast. „Außerdem waren die Flüge günstiger“, ergänzt seine Freundin. Die Elftklässlerin hat sich in der Schule entschuldigt, ihr Freund hat sich krankgemeldet.

Kein schlechtes Gewissen

Und was sagt die Mutter dazu, die ihren Sohn gerade vom Flughafen abholt? „Er ist volljährig, das muss er selbst wissen.“ Wegen der finanziellen Ersparnis könne sie es aber nachvollziehen. Die 16-Jährige schiebt nach: „In den ersten Tagen nach den Ferien verpasst man sowieso noch nichts.“ Die Schüler haben jedenfalls kein schlechtes Gewissen. Anders sieht das offenbar bei einer Reisegruppe mit zwei Kindern aus. „Sind Sie von der Polizei?“, fragt die Betreuerin misstrauisch und schiebt die Kinder schnell weiter.

Das Schulschwänzer-Phänomen ist kein rein deutsches. Im Wartebereich sitzen eine 32-jährige Mutter und ihre Tochter mit einem Stück Pizza und einem Kaffee in der Hand. Die beiden warten auf ihren Rückflug nach Bulgarien. Die 32-Jährige hat ihren Bruder in München besucht. In Bulgarien sind noch keine Ferien. „Ich habe nur in dieser einen Woche Urlaub bekommen“, sagt die Mutter. Für ihre zwölfjährige Tochter hat sie sich um eine Genehmigung der Schule gekümmert. Denn von den Kontrollen hat sie bereits gehört. „Die Polizei in Deutschland ist streng.“

Nachdem der Billigflieger aus Mallorca gelandet ist, strömen weitere Reisende auf das Flughafengelände. Eine braun gebrannte Frau im weißen Leinenkleid läuft mit ihren Kindern zum Parkplatz. „Ja, wir haben einen Tag verlängert“, sagt die Österreicherin mit einem schuldbewussten Lächeln. Sie sieht es als Belohnung für ihre Kinder. „Das sind zwei super Schüler, die sind nie krank und fehlen nie im Unterricht. Heute war das erste Mal“, sagt sie.

 
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