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„Die Quote ist das effektivste Instrument“
Das Gespräch führte Stephanie Sartor
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:16 Uhr

Was ist geblieben vom Merkel-Effekt? Nicht viel, sagt Politikwissenschaftler Lars Holtkamp. Der Professor für Politikwissenschaft an der Fernuniversität Hagen erklärt, warum es Frauen in der Politik oft schwer haben – gerade in Bayern.

Frage: 13 Jahre ist es her, dass Angela Merkel Kanzlerin wurde. Damals hatte man das Gefühl, dass das ein Aufschwung für Frauen ist, die in der Politik Karriere machen wollen. Was ist von dieser Euphorie geblieben?

Lars Holtkamp: Tja, ob das überhaupt so eine Euphorie gewesen ist, weiß ich nicht. Wir haben viele Interviews geführt und immer wieder festgestellt, dass die Parteifunktionäre der CDU meinten, dass sie damit ihren Beitrag für die Gleichberechtigung geleistet hätten. Mit anderen Worten: Was wollt ihr eigentlich von uns? Wir haben die erste Kanzlerin gemacht.

Das heißt, es gab zwar eine Frau an der Spitze, aber weiter unten ist alles beim Alten geblieben?

Holtkamp: Ja, es hat sich kaum was geändert. Wobei das Bundeskabinett in den letzten Jahren dann doch etwas gleichberechtigter aufgestellt war.

In Bayern ist die Frauenquote im Landtag weiter gesunken. Aktuell sind es noch 26,8 Prozent. Warum haben es Frauen so schwer?

Holtkamp: Da muss man nach Parteien differenzieren. Und dementsprechend wie das Parteiergebnis ist, kann man auch schnell auf die Frauenanteile des Landtages kommen. Das heißt, die Parteien, die rechts-konservativ sind, haben in der Regel keine Frauenquoten. Wenn diese Parteien insgesamt einigermaßen gut abschneiden – und das war ja in Bayern mit CSU, Freie Wähler und FDP der Fall –, hat man in der Regel auch einen niedrigeren Frauenanteil im Landtag, als wenn jetzt zum Beispiel SPD und Grüne die Mehrheit gestellt hätten.

Also: Je konservativer eine Partei, desto weniger Chancen haben Frauen?

Holtkamp: Im Prinzip ist das so. Es ist da schwieriger, weil es keine Quoten gibt. Und häufig wollen die Frauen in diesen Parteien selbst auch keine Quote, weil sie das als diskriminierend empfinden. Obwohl das eigentlich eine Hilfskrücke ist, um in Richtung Parität zu kommen. Und so stehen die Frauen untereinander in einem extremen Wettbewerb.

Das heißt, Frauen machen es sich selbst oft schwer?

Holtkamp: Ja. Gerade die konservativen Frauen machen es sich selbst schwer. Und es gibt bei ihnen nicht so eine große Solidarität wie in anderen Parteien.

Sie hatten das Thema gerade angesprochen: Braucht es Ihrer Ansicht nach eine verpflichtende Frauenquote?

Holtkamp: Im Prinzip ja. Denn wir sehen jetzt schon seit 20 Jahren eine Stagnation – sowohl im Bundestag als auch in den Landtagen. Wir haben immer so um die 30 Prozent – Bayern ist noch etwas schlechter. Und diese Zahl ergibt sich aus den freiwilligen Parteiquoten. Erst haben es die Grünen gemacht und die SPD hat nachgezogen. Dann kam die Linke noch dazu. Aber bei den anderen tut sich nichts. Wer den Frauenanteil im Landtag erhöhen will, der muss eben Parteien, die etwas konservativer sind und nichts von der Quote halten, dazu zwingen, dass sie es tun müssen.

Welche Möglichkeiten sehen Sie neben einer verpflichtenden Frauenquote noch, um den Anteil weiblicher Politikerinnen in Landtagen und im Bundestag zu erhöhen?

Holtkamp: In den Parteien kann man natürlich auch Frauenförderung machen. Etwa Tandems mit erfahrenen Abgeordneten. Aber damit wird man den Frauenanteil nicht groß erhöhen. Die Quote ist aus meiner Sicht das härteste, aber auch das effektivste Instrument.

Vergleicht man den Frauenanteil in den Länderparlamenten, schneidet Bayern schlecht ab.

Holtkamp: Da geht es wieder darum, wo eher linke Parteien stark sind. In Thüringen ist zwar auch die CDU stärkste Kraft, aber die Linke ist auf Platz zwei.

Auffällig ist, dass hohe politische Ämter nicht mit Frauen besetzt werden.

Holtkamp: Ein Grund ist, dass Frauen es sich selbst nicht so leicht zutrauen, einen wichtigen politischen Job auszuüben. Sondern sie überlegen, ob sie das Ressort eines Ministeriums übernehmen können – was ja auch richtig ist. Männer hingegen überlegen da nicht. Die sagen: Ich kann jedes Ministerium übernehmen. Und wenn man da als Frau nicht am Ball bleibt, dann ist der Stürmer schon unterwegs und schießt sein Tor.

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