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Berlin/München
Die CSU ergrünt: Dobrindt entfacht Streit um Steuer auf Billigflüge
Stefan Lange (51) ist neuer Leiter des Hauptstadtbüros unserer Zeitung. Zuvor arbeitete er als Teamleiter Politik im Berliner Büro von Dow Jones Newswires und dem Wall Street Journal. Lange ist seit 2001 in Berlin und hat dort unter anderem bei verschiedenen Nachrichtenagenturen gearbeitet. Davor war der gebürtige Friese zwölf Jahre lang als Volontär und Redakteur bei einer Tageszeitung in Jever beschäftigt.
Stefan Lange
 |  aktualisiert: 28.09.2019 02:11 Uhr

Ein Klima-Vorstoß von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat für Irritationen gesorgt – sowohl außerhalb als auch innerhalb der Partei. Der CSU-Politiker hatte in einem Interview gefordert, Billigflüge innerhalb Europas stärker zu besteuern. „Ich will Klimaschutz statt Kampfpreise“, betonte er. Dumpingpreise von neun oder 15 Euro bei Billigfliegern seien „weder marktwirtschaftlich noch klimapolitisch sinnvoll“. Wer Flugtickets unter 50 Euro anbiete, solle künftig eben „eine Kampfpreis-Steuer bezahlen“, erklärte Dobrindt.

Doch zwischen Berlin und München hatte man sich über diesen Vorschlag aber offenbar nicht verständigt. CSU-Generalsekretär Markus Blume beeilte sich am Freitag zu betonen, dass dieser Vorstoß nicht den Segen der Parteizentrale habe. „Dies ist kein abgestimmter Vorschlag der CSU“, sagte Blume und wurde dann auch noch grundsätzlich: „Die CSU ist eine Steuersenkungs- und keine Steuererhöhungspartei.“

Alexander Dobrindt ließ sich von dem inoffiziellen Rüffel allerdings nicht beirren. Der Landesgruppenchef verteidigte seinen Vorschlag: Es gehe ihm darum, erläuterte Dobrindt, dass Bahnfahren gerade auch gegenüber dem Luftverkehr attraktiver werde. Es sei also sinnvoll, auf der einen Seite die Mehrwertsteuer auf Fernzugtickets zu reduzieren und auf der anderen Seite für faire Flugpreise zu sorgen. Beide Maßnahmen vereint würden für Steuererleichterungen sorgen. „In der Kombination wird ein Schuh daraus“, betonte Dobrindt.

Damit liegt er allerdings nicht auf einer Linie mit Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder. Der hatte sich fast zeitgleich in einem Interview mit dieser Redaktion anders geäußert und andere Maßnahmen für den Klimaschutz vorgeschlagen: Eine CO2-Steuer, sagte Söder, lehne die Partei ab. Die Steuerung des CO2-Verbrauchs solle „nicht über eine Steuer, sondern über Zertifikate und den Emissionshandel erreicht werden“, betonte der CSU-Chef. „Unser Prinzip lautet: Den belohnen, der Kohlendioxid spart, aber nicht den bestrafen, der es verwendet.“ Geht es nach ihm, sollen Verbraucher mit einem „Klimabonus“ dazu gebracht werden, mehr Energie einzusparen. Ähnlich wie beim Handwerkerbonus könnten Privatleute dann bis zu 20 Prozent ihrer Kosten für Energiesparmaßnahmen direkt von der Einkommensteuer abziehen. Der Klimabonus ist der zentrale Punkt des CSU-Klimaschutzkonzepts, das der Parteivorstand Ende der nächsten Woche beschließen will.

Der Luftfahrtbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Jarzombek, lehnte Dobrindts Forderungen ab. Der CDU-Politiker erklärte, im Koalitionsvertrag sei verabredet, „keine Steuern zu erhöhen“. Bei den Grünen, die sich den Klimaschutz schon lange auf die Fahne geschrieben haben, kommen die Pläne von Ministerpräsident und CSU nicht gut an. „Die Verpackung ist grün, der Inhalt schwarz“, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter. „Steuersenkung und Steuersenkung zu türmen, ist kein seriöser Klimaschutz.“ Der Grünen-Politiker hält den Vorstoß für „nicht finanzierbar“ und „nicht sozial gerecht“: „Die Vorschläge der CSU entpuppen sich immer mehr als undurchdachte Wahlkampfshow.“

FDP-Fraktionsvize Christian Dürr nannte es erschreckend, dass die CSU Flugpreise staatlich festlegen wolle. Innereuropäische Flüge seien schon Teil des EU-Emissionshandels. Eine Strafsteuer würde also kein Gramm CO2 einsparen – nur Tickets würden teurer. Der AfD-Fachpolitiker Frank Magnitz warnte, die Reisefreiheit im Luftverkehr für günstige Airlines einzuschränken und nur Besserverdienenden zugänglich zu machen.

Die in der jüngsten Vergangenheit diskutierte „Flugscham“ scheint Verbraucher nicht daran zu hindern, Tickets für Billigflieger zu kaufen. So verzeichnet etwa die Fluggesellschaft Ryanair keine Einbrüche bei den Fluggastzahlen. „Wir sehen keine Flugscham“, betonte vor kurzem Marketing-Chef Kenny Jacobs. Deutsche sind aber häufiger bereit als andere Europäer, den Kohlendioxid-Ausstoß ihres Fluges mit freiwilligen Zusatzzahlungen zu kompensieren. (mit dpa)

 
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  • X. X.
    Ist die CSU jetzt total „Gründoof“ ?

    Der kleine Mann soll seine sauer zusammengesparte Urlaubskasse,
    wegen so einen grünen*********übergebühr belasten.
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  • D. K.
    Die CSU hat lediglich erkannt dass sie sich Tatsachen nicht länger entgegenstellen kann ohne noch mehr Glaubwürdigkeit zu verlieren.
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  • N. R.
    Naja, die CSU "ergrünt", nun wollen wir die Kirche doch mal im Dorf lassen! Es geschieht nur das, was die meisten von selbst sehen, wenn sie sich mit Nachrichten und der bayerischen Politik beschäftigen: Die CSU wird immer opportunistischer.
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    Einer von vielen verzagten Versuchen der CSU, das Abwandern ihrer Wähler zu den Grünen zu verhindern. Doch die Massenflucht der Wähler lässt sich nicht aufhalten. Erst gestern traf ich einen alten Kollegen, der, obwohl noch CSU,Mitglied, die letzten beiden Male die Grünen wählte und sich jetzt dazu durchgerungen hat, die Partei ganz zu verlassen. Es sind nicht nur junge Wähler, auch ältere Wähler bringen noch die Kraft auf sich der Gravitationskraft des Schwarzen Lochs zu entziehen.
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  • A. H.
    Ach Gottchen, das ist doch Pfeifen im dunklen Wald, weil sich der Trend für Grün bereits signifikant umzukehren droht; da hilft auch alles pampern durch große Teile einer wohlgesonnene Presse nichts.
    Das haben wir doch alles nach Fukushima schon mal erlebt, als Frau Merkel den Günen mit EINem (klugen?) Schachzug den Wind aus den Segeln nahm.
    Zur Erinnerung: Damals träumte im Umfragerausch schon mal von einem grünen Kanzler und die Grünzeug-Tags-Dame sogar davon, Regierende in Berlin werden zu können. Und was is aus ihr geworden? Frag lieber nicht....
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  • P. K.
    Ein lichter Moment macht noch nicht die hellste Kerze auf dem Weihnachtsbaum.
    Na ja, etwas unerwartet kam dieser Geistesblitz schon.
    Nur zu vergleichen mit Licht aus einem schwarzen Loch.

    @Redaktion, es geht beim Vergleich um Physik, nicht um Beleidigung.
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  • D. K.
    Spätestens auf den zweiten Blick zeigt sich dass der Vorschlag nicht so schlau und eher populistisch ist.

    Wo genau will er denn die Grenze ziehen?

    Wie kann man Das juristisch einwandfrei konstruieren?

    Dass ihm solche „Details“ egal sind hat er doch schon mit der Ausländermaut gezeigt.

    Gelernt hat er daraus nichts.
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