Die Bayerische Monarchie existiert zwar schon seit 1918 nicht mehr. Doch gibt es in Franken bis heute einige traditionsreiche Dynastien – wie die der Prinzessinnen und Königinnen des Weinadels. Zu diesen gesellt sich nun eine Königin, die ihre Krone nicht den Weinreben, sondern Gerste, Hopfen und Malz verschrieben hat.
Sabine Ullrich aus Bürgstadt bei Miltenberg ist seit Mai Bayerns neue Bierkönigin und damit die erste Unterfränkin, die diesen Titel trägt. Und auch wenn sie aus einer Weinbaugegend stammt, die insbesondere für ihre köstlichen Rotweine bekannt ist, tut das Ullrichs Leidenschaft für Bier keinen Abbruch.
Kleine Sensation: Bierkönigin aus der Weinregion
„Wein schmeckt mir zwar auch, aber Bier war schon immer mein Favorit“, sagt die 23-Jährige. Und trägt jetzt im Zeichen des Gerstensaftes die Krone: „Ich realisiere das alles jetzt erst so langsam und brauche bestimmt noch ein paar Wochen, um zu verstehen, dass ich jetzt die Bayerische Bierkönigin bin.“ Denn: Sabine Ullrichs Wahl ist schon eine kleine Sensation.
Seit 2009 verleiht der Bayerische Brauerbund die Bierkrone. Dabei kamen die gekrönten jungen Damen wie Sabines Vorgängerin Marlene Speck bis jetzt überwiegend aus typischen Bierhochburgen wie Ober- oder Niederbayern. Erst 2014 holte Tina-Christin Rüger aus Kronach die Krone zum ersten Mal nach Franken. Ullrich ist nun insgesamt die siebte Bayerische Bierkönigin und die erste, die aus Unterfranken stammt. Somit repräsentiert sie eine Gegend, in der Bier und Wein aufeinandertreffen.
Faszination am Südkessel
Eine Affinität für die Tradition von Hopfen und Malz habe sie schon immer gehegt, sagt Ullrich. Die Besichtigung einer Miltenberger Brauerei als kleines Kind war ein Schlüsselerlebnis: „Ich kann mich noch erinnern, wie ich das erste Mal bei Faust in der Brauerei stand.“ Der große Sudkessel, die interessanten und noch unbekannten Gerüche und die behagliche Wärme in der Brauerei hätten sie schon damals fasziniert und ihre Leidenschaft für Bier geweckt.
Spaßeshalber hat sich die Unterfränkin dann im vergangenen Jahr für die Wahl der Bayerischen Bierkönigin beworben. Der Weg zur Krone begann schon Ende August auf der Michaelismesse in Miltenberg, einem großen Volksfest am bayerischen Untermain. Dort suchte die Brauerei Faust wie in den drei Jahren zuvor gezielt eine unterfränkischen Kandidatin, um sie ins Rennen um die Bierkrone zu schicken. Eine Freundin konnte Sabine Ullrich überzeugen, sich zu bewerben.
115 Konkurrentinnen
Insgesamt 116 Kandidatinnen reichten ihre Bewerbungen beim Bayerischen Brauerbund ein, nur 24 junge Frauen schafften es in die Vorauswahl, die im März in München stattfand. Dort wählte eine Jury die sieben Finalistinnen aus – darunter Sabine Ullrich.
Die Ausschreibungskriterien – die Bewerberinnen müssen aus Bayern stammen und mindestens 21 Jahre alt sein – reduzierte die Zahl der Anwärterinnen drastisch.
Auch auf eine ansprechende Bewerbung legte die Jury großen Wert: „Es geht in erster Linie nicht ums Aussehen, sondern um die Begeisterungsfähigkeit, Ehrlichkeit und Leidenschaft der Kandidatinnen“, erklärt Walter König, Geschäftsführer des Brauerbundes. Diese Leidenschaft habe man bei Sabine Ullrichs Bewerbung, für die sie auch ein kleines Video gedreht hatte, deutlich gespürt.
„Wenn ich etwas mache, dann gescheit“
Seit 2014 macht Sabine Ullrich eine Ausbildung zur Krankenschwester im Bereich Gesundheits- und Krankenpflege an der Würzburger Universitätsklinik. Doch in den Wochen bis zum Finale bereitete sich Ullrich trotz der Arbeit intensiv auf den Wettbewerb vor. Halbe Sachen gibt es bei ihr nicht: „Wenn ich etwas mache, dann gescheit.“ Während eines freiwilligen, einwöchigen Brauereipraktikums schnupperte die Bürgstädterin in alle Bereiche und Arbeitsschritte des Brauwesens hinein. Vom Sud-Ansetzen bis zur Abfüllung des fertigen Bieres war sie überall eingebunden.
Bei Sensorik-Schulungen in der Brauerei lernte sie alles über die Geschmäcker der verschiedenen Biersorten. Ihr Anspruch: „Wenn ich einmal Bierkönigin werden könnte, dann sollte ich auch wissen, was Bierbrauen bedeutet.“ Vor allem die harte Arbeit, die hinter der Produktion des goldenen Gerstensafts steckt, beeindruckte sie. Seitdem, sagt sie, wisse sie ein gutes Bier noch mehr zu schätzen.
Auch das bayerische Reinheitsgebot, das in diesem Jahr seinen 500. Geburtstag feiert, sieht die Bürgstädterin nicht als Hemmnis bei der Bierproduktion. Es sei immer noch zeitgemäß, „gerade heute, wo jeder wissen will, was in verschiedenen Produkten drin ist“. Bier sei damit schon immer eines der am strengsten kontrollierten Produkte überhaupt, und gerade das Reinheitsgebot verleihe dem deutschen Bier auch international ein hohes Ansehen.
Für eben dieses wirbt auch die Bayerische Bierkönigin.
Im Finale wie in Trance
Am 12. Mai, pünktlich zu ihrem 23. Geburtstag, war es so weit, und Sabine Ullrich stand beim Finale in München auf der Bühne. Schon im Vorfeld war ein vierwöchiges Online-Voting gelaufen, bei dem Besucher auf verschiedenen Internetplattformen über die zukünftige Bierkönigin abstimmen konnten. Diese Abstimmung machte ein Drittel der Gesamtbewertung aus. Ullrich erreichte dort den zweiten Platz.
Auf die sieben Finalistinnen wartete dann noch eine Bierverkostung vor Publikum, bei der eine Fachjury Fragen rund ums Thema Bier stellte. „Ich kann mich teilweise gar nicht mehr daran erinnern, was ich auf der Bühne gesagt habe“, schmunzelt Ullrich, „das war wie in Trance.“ Überzeugend war es allemal, denn die Jury und das Publikum, darunter vor allem Vertreter und Partner des Bayerischen Brauerbundes, krönten sie am Ende des Abends zur neuen Bierkönigin.
Wohl auch ihre offene und natürliche Art hatte der Unterfränkin letztendlich zum Sieg verholfen: „Ich wollte das Ding rocken, deshalb bin ich auf der Bühne einfach ich selbst geblieben und hatte Spaß.“
Zum ersten Mal auf die Wiesn - dienstlich
Seitdem hat sich im Leben der Bürgstädterin einiges geändert. Sabine Ullrich ist viel unterwegs, pendelt häufig zwischen Würzburg und München. Ihre Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege an der Uniklinik Würzburg pausiert während ihrer Amtszeit. Für jeden Auftritt erhält sie eine Aufwandsentschädigung. Insgesamt wird sie innerhalb eines Jahres rund 120 Termine wahrnehmen, um bayerisches Bier international zu repräsentieren. Zwar hat Ullrich jetzt weniger Zeit für ihren Freund, doch sie sieht ihr Amt in erster Linie als einmaliges Privileg: „Ich sehe so viel in kürzester Zeit von der Welt, diese Chance hat nicht jeder.“ Reisen nach Mailand, Paris stehen an – und eventuell nach Japan. Am meisten freut sie sich auf die Münchner Wiesn, den absoluten Pflichttermin für die Bierkönigin: „Da werde ich dieses Jahr zum ersten Mal sein.“
Und wenn ihre Amtszeit vorüber ist? Sabine Ullrich möchte erst mal ihre Ausbildung abschließen, anschließend vielleicht ein Studium im Bereich Gesundheits- und Krankenpflege beginnen. Dem Bier wird sie treu bleiben: „Ich möchte auf jeden Fall noch meinen Bier-Sommelier machen und privat eventuell Bier brauen.“ An Bier, da ist sich ihre Majestät sicher, wird sie sich in ihrer einjährigen Amtszeit noch lange nicht satt trinken: „Es gibt ja so viele verschiedene Sorten!“
Sabine Ullrich
Die neue bayerische Bierkönigin kam am 12. Mai 1993 in Miltenberg auf die Welt. Aufgewachsen ist Sabine Ullrich in Bürgstadt, wo sie auch die Grundschule besucht hat. Danach ging es weiter aufs Johannes-Butzbach-Gymnasium in Miltenberg, wo sie 2011 das Abitur machte. Kurz darauf zog es die 23-Jährige für ein halbes Jahr„Work and Travel“ nach Down-Under, wo sie Australien und Neuseeland bereiste. Zurück in Deutschland war die Bürgstädterin lange in der Gastronomie tätig, bevor sie sich 2013 für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bei den Johannitern in Würzburg entschied. Hier engagierte sie sich im Bereich Erste Hilfe und im Rettungsdienst. Danach folgte ein dreimonatiges Pflegepraktikum in verschiedenen Einrichtungen.
Seit 2014 macht Sabine Ullrich eine Ausbildung zur Krankenschwester im Bereich Gesundheits- und Krankenpflege an der Uni-Klinik Würzburg. Nach dem Abschluss würde sie gerne in diesem Bereich weiterstudieren.