Das kleine Städtchen Erlenbach im Landkreis Miltenberg gilt als Tor zu den Weinterrassen, denn dort beginnen die Buntsandsteinsteillagen. Beliebt bei Wanderern ist die Tour von Erlenbach nach Klingenberg auf dem Fränkischen Rotweinwanderweg. Der gut begehbare Weg durch die Weinberge mit den denkmalgeschützten Buntsandsteinterrassen bietet spektakuläre Ausblicke ins Maintal.
Als Ausgangspunkt empfiehlt sich der Parkplatz am Bergschwimmbad in der Mechenharder Straße. Dort warten bereits der Winzer und Gästeführer Reinhold Hillerich sowie der „Wengertschütz“ Erich Becker. Seit 2005 verkörpert Becker die Symbolfigur des Erlenbacher Weinbaus und hat dabei schon viele Prominente wie die Schauspielerin Senta Berger oder die Bundesministerin Ilse Aigner empfangen. Heute begleitet er eine Gruppe auf der vierten Etappe des Fränkischen Rotweinwanderwegs.
Der Rotweinwanderweg verbindet die Weinlagen in Churfranken
Seit 1990 verbindet der 79 Kilometer lange Weg in sechs Etappen die Weinlagen in Churfranken. Er beginnt in Großwallstadt, und wer stets der Markierung mit dem Rotweinglas folgt, beendet die Wanderung im Bürgstadter Centgrafenberg.
Die Etappe zwischen Erlenbach und Klingenberg ist zwar nur drei Kilometer lang, hat dafür aber einiges zu bieten: einen Klettersteig, eine Kletterwand und einen Kräutergarten. „Das Einzigartige sind unsere historischen Buntsandsteinterrassen“, sagt Reinhold Hillerich. Nach einem kurzen Anstieg hoch in die Weinberge beginnt der Weg und verläuft die ganze Zeit eben, parallel zum Main. Gleich oben angekommen hat man eine herrliche Aussicht auf das Maintal, entdeckt die Schiffswerft von Erlenbach und daneben gleich die in einem Weinberg gelegene ehemalige Werftbesitzer-Villa. Gebaut im Jahr 1923 gehörte sie dem damaligen Direktor der Erlenbacher Schiffswerft, Robert Mundt, einem Kompagnon der alteingesessenen Schiffbauer-Familie Schellenberger.
Doch jetzt geht es vier Kilometer lang um Wein, vor allem Rotwein. Denn mindestens die Hälfte der Anbaufläche ist für rote Reben reserviert. „Durch den Klimawandel hat sich die Weinlese in diesem Jahr um drei Wochen nach vorne verschoben“, erklärt der Winzer. Die Kirschessigfliege machte den Winzern in diesem Jahr nicht so zu schaffen. „Vögel, Wespen, Bienen und Wildschweine setzten unseren Trauben in diesem Jahr zu.“
Wie man Rebsorten an den Blättern erkennen kann
Immer wieder bleiben Hillerich und Becker stehen und erzählen Interessantes über den Wein. Zum Beispiel wie man Rebsorten schon an den Blättern erkennen kann: „Müller-Thurgau hat ein fünfblättriges Blatt, Scheurebe hat zwei Blätter gegenüber dem Trieb, Portugieser hat glänzend dunkle Blätter und Dornfelder erkennt man am roten Holz.“ Damit die Trauben vor zu viel Sonneneinstrahlung geschützt sind, brauchen Sie mindestens sieben Blätter, die Schatten spenden.
Die Buntsandsteinterrassen sind denkmalgeschützt. Über eine steile Treppe gelangt man in den Churfranken Kräutergarten. Dort wachsen 70 verschiedene Küchenkräuter, wie Rosmarin, Lavendel, Minze, Thymian, Liebstöckel, Basilikum. Der Garten ist öffentlich zugänglich, es ist sogar erlaubt, sich Kräuter mitzunehmen. Gegenüber befindet sich über eine steile Stahlleiter der Einstieg in den Klettersteig, der einen halben Kilometer lang ist. Hier sollte man allerdings schwindelfrei, trittsicher und leitersicher sein. Der Pfad führt über Stock und Stein. Endpunkt ist eine Kletterwand.
Die Trockenmauern speichern die Wärme
Auf dem Weg kommt man an den Weinbergen von Reinhold Hillerich vorbei. Für einen Hektar Anbaufläche muss der Winzer 1000 bis 1200 Stunden im Weinberg verbringen. „An diesem Steilhang ist alles Handarbeit.“ Alle Trockenmauern, die die Wärme so wunderbar speichern, sind von Hand errichtet. „Unsere Weinberge sind das ganze Jahr besonnt, daher gedeiht der Rotwein hier schon immer gut.“ Immer wieder führen schmale Treppenstufen ganz nach oben. Den 62-Jährigen hält die Arbeit am Weinberg fit: „Ich war in meinem Leben noch in keinem Fitnessstudio“, sagt Hillerich und grinst.
Er ist der einzige Winzer in Franken, der Portwein ausbaut. „Hillport“ nennt er seinen Süßwein, es gibt ihn in weiß und rot. Die Idee ist dem Erlenbacher auf einer Weinfachreise durch Portugal gekommen. Der Portwein, oder einfach kurz Port, gehört seit Jahrhunderten zu den Klassikern in der Weinwelt. „Ich habe Parallelen zu den steilen Weinberglagen am Douro und in Churfranken gesehen“, sagt Hillerich. In Eichenfässern reifte 2011 der erste Portwein aus fränkischen Regent-Trauben. Bei der Berliner Wein Trophy 2013 wurde dieser sogar mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.
Klingenberg: mittelalterlich und romantisch
Nach einer ausgiebigen Rast mit kleiner Port-Weinprobe erreicht man Klingenberg. Schon von oben lädt die mittelalterliche Stadt mit ihren Fachwerkhäusern, ihrem Stadtschloss und den romantischen engen Gassen zum Verweilen ein. Über allem prägt die Ruine der Clingenburg das einzigartige Stadtbild. Dort finden alljährlich die Clingenburg Festspiele statt und sorgen für Leben auf der Burg. Bürgermeister Ralf Reichwein vermietet bereits seit einigen Jahren leer stehende Gewerberäume für geringe Mieten an Künstler. Noch bis Jahresende beleben 18 Maler, Bildhauer, Grafiker und Mosaikleger die Innenstadt mit Kunst, Vernissagen und Aktionen.
Mit dem Zug gelangt man wieder zurück nach Erlenbach oder man bleibt einfach in Klingenberg. Ein Traditionslokal ist „Straubs Schöne Aussicht“ direkt am Main und am Bahnhof gelegen. Der Familienbetrieb hat 28 Zimmer. Die Küche von Rafael Straub hat schon viele Auszeichnungen eingeheimst.