zurück
KONZELL/ERLANGEN
Dialektpaten für Schulen gefordert
Redaktion
 |  aktualisiert: 20.02.2012 19:03 Uhr

(dpa/epd) An Kindergärten und Schulen soll es nach dem Wunsch des Vereins Bairische Sprache Dialektpaten als Vorbilder für die Mundart geben.

„Wenn regionale Kulturträger, Wissenschaftler oder Sportler der Jugend signalisieren, dass die Dialekte nicht karrierehemmend sind, dann könnte die Schwindsucht des Bairischen endlich eingedämmt werden“, sagte der Vorsitzende des Verbandes, Sepp Obermeier, aus Konzell (Lkr. Straubing-Bogen).

Der erst vor wenigen Monaten gegründete Bund Bairische Sprache wies zum Internationalen Tag der Muttersprache an diesem Dienstag darauf hin, dass Bayerns Dialekte 2009 von der UNESCO in den Weltatlas der bedrohten Sprachen aufgenommen wurden. „Dass nach dieser blamablen Einstufung kulturpolitisch nicht wirksam reagiert wurde, ist für Bayern eine erneute Blamage“, sagte Obermeier. Neben dem Bund Bairische Sprache gibt es im Freistaat noch den Förderverein Bairische Sprache und Dialekte.

Der bairische Sprachraum umfasst nach der Online-Enzyklopädie Wikipedia vor allem die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz im Freistaat Bayern, große Teile Österreichs sowie Südtirol.

Obermeier verwies auf einen wissenschaftlichen Beitrag in der Zeitschrift „Scottish Language“, der die offiziellen dialektfördernden Maßnahmen im Freistaat als bloße Lippenbekenntnisse einstufe. „Der Aufsatz attestiert eine trostlose muttersprachliche Situation und schlägt vor, sich an Schottland ein gutes Beispiel zu nehmen“, sagte Obermeier.

Um dialekterhaltende Maßnahmen einleiten zu können, bräuchte es nach seiner Auffassung längst wissenschaftlich erhobene Daten zur Dialektkompetenz der jungen Generation. „Diese Daten wären im vorschulischen Bereich am aussagekräftigsten.“

Die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt werte im Projekt „Sprache im Fluss“ derzeit die Dialektbefragungen in Schulen und Kindergärten aus elf Altmühl-Jura-Gemeinden aus. Obermeiers Fazit: „Derartige Projekte sollten flächendeckend in ganz Bayern durchgeführt werden.“

Die Zeitung „Deutsche Sprachwelt“ mit Sitz in Erlangen würdigt zum Internationalen Tag der Muttersprache das Standarddeutsch. „Hochdeutsch hält als einigendes Band unsere Sprachgemeinschaft zusammen“, sagte der Chefredakteur der Sprachzeitung, Thomas Paulwitz, laut einer Mitteilung vom Montag in Erlangen. Es sei notwendig, Hochdeutsch als allgemein anerkannte und übergeordnete Sprachnorm zu stärken.

Zugleich kritisierte Paulwitz die Bestrebungen, gebrochenes Deutsch unter dem Namen „Kiezdeutsch“ zu einem eigenständigen deutschen Dialekt aufzuwerten. Wer beispielsweise Sätze wie „Mein Schwester geht Kino“ sage, der spreche keinen Dialekt, sondern habe schlicht Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache.

Ein solches „Stammeldeutsch“ stehe nicht auf einer Stufe mit „ausdrucksreichen und farbigen Mundarten wie Bairisch, Sächsisch und Schwäbisch“, sagte Paulwitz. Es sei vielmehr ein Anzeichen dafür, dass ein zunehmender Teil der Bevölkerung sich nicht richtig ausdrücken könne und sich so den Zugang zur Bildung verbaue.

Wer „Stammeldeutsch“ zum Dialekt erheben wolle, bringe zum Ausdruck, dass man in Deutschland nicht die Landessprache beherrschen müsse. „Bequemlichkeit, Nachlässigkeit oder Unfähigkeit im Sprachgebrauch verdienen keine Belobigung durch die Sprachwissenschaft“, kritisierte Paulwitz.

Die vierteljährlich erscheinende „Deutsche Sprachwelt“ ist nach eigenen Angaben mit 80 000 Lesern die größte deutsche Zeitschrift für Sprachpflege und Sprachpolitik. Sie versteht sich als Sprachrohr und Plattform für Menschen, die sich um die deutsche Sprache sorgen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Dialekte
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Kindergärten
Mundart
Muttersprache
UNESCO
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top