Es war ein schöner Abend, erzählt Toni (Name von der Redaktion geändert). Er und seine Freunde saßen zusammen, rauchten Cannabis, hörten Musik. Die hatte auf Toni immer besondere Wirkung – nur an diesem Abend auf einmal nicht mehr. "Ich war nicht aufnahmefähig, konnte nicht mehr reagieren", erzählt er. Eine halbe Stunde lang hielt dieser Zustand. Seine Freunde versuchten mit ihm zu sprechen, doch es kam nichts zurück. "Da haben die gemerkt, irgendwas passt nicht." Am nächsten Tag wird Toni, damals 21 Jahre alt, für einen Monat stationär im Bezirkskrankenhaus (BKH) Augsburg aufgenommen. Diagnose: Psychose. Ausgelöst durch Cannabiskonsum.
Wie Toni geht es immer mehr Menschen. Eine Studie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III der Uniklinik Ulm, die Anfang 2022 veröffentlicht wurde, zeigt, dass sich die Zahl der stationären Behandlungen wegen Cannabis-induzierter psychischer Störungen in Deutschland zwischen 2000 und 2018 nahezu verfünffacht hat. In einer anderen Studie, die sich auf den Großraum Ulm bezieht, ist die Entwicklung noch drastischer: Wurden in der Uniklinik Ulm 2011 nur sieben Patientinnen und Patienten wegen einer Cannabis-induzierten Psychose behandelt., so waren es 2019 bereits 59 –mehr als das achtfache.
Cannabis: Gesundheitliches Risiko darf nicht unterschätzt werden
Dr. Carlos Schönfeldt-Lecuona und Dr. Maximilian Gahr, beide Oberärzte in leitenden Funktionen an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III am Uniklinikum Ulm, leiteten die Studien. In ihren Forschungen legen sie verschiedene Gründe für den Anstieg der Cannabis-Psychosen nahe – darunter auch die Legalisierung von verschreibungspflichtigem Cannabis im Jahr 2017. „Trotz ihres Potenzials als therapeutische Substanzen ist der Einsatz von Cannabinoiden bei vielen Störungsbildern mit einem nicht zu unterschätzenden gesundheitlichen Risiko verbunden", so Schönfeldt-Lecuona.
In der Studie lasse sich zeigen, dass der Anstieg der Psychosen-Fälle seit der Legalisierung als Medikament noch etwas höher ausfällt. Ein weiterer Grund könne der über die vergangenen Jahre immer weiter gestiegene Gehalt von Tetrahydrocannabinol (THC) im Cannabis sein, der psychoaktiven Substanz, die beim "Kiffen" für den Rausch sorgt.
Viele Faktoren spielen bei einer Psychose eine Rolle
Cannabiskonsum sei aber nur einer von vielen Faktoren, der eine Psychose hervorrufen kann. Es sei "immer ein multifaktorelles Problem", sagt der Ulmer Mediziner. So spielten etwa die Genetik, der Lebensstil, Vorerkrankungen und anderweitiger Substanzkonsum eine Rolle, erklärt der Arzt. "Die genauen Entstehungsmechanismen sind aber nicht im Detail bekannt."
Wie sich eine Psychose äußert ist dagegen schon besser dokumentiert. "Klassische Symptome sind Verfolgungswahn, Vergiftungswahn, Halluzinationen, Hören von Stimmen" , sagt Schönfeldt-Lecuona. Doch: "Die Symptome variieren stark, je nach Psychoseform und je nach Ursache." Ein klares Krankheitsbild gebe es aber nicht, meint Toni: "Das ist eine sehr individuelle Sache."
Ambulanz in Augsburg spezialisiert sich auf Cannabis-Psychosen
Wie genau seine eigene Psychose aussieht, hat Toni in der Ambulanz für Cannabis und Psychose – kurz: CaP – an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Universität Augsburg gelernt. "Die Therapiemaßnahmen hatten zum Ziel, bei den Leuten ein Bewusstsein zu schaffen, was man für eine Krankheit hat", sagt Toni. Die CaP bietet ärztliche Behandlung, Psychotherapie und Sozialberatung für Menschen, die an einer Psychose erkranken. Patienten und Patientinnen stellen sich ihren Therapieplan aus Einzel- und Gruppentherapien selbst zusammen.
Auslöser für Tonis Psychose etwa war ein Gemenge aus mehreren Einflüssen: Seine Mutter war lange Zeit alkoholkrank und verstarb plötzlich. Er selbst kämpfte sein Leben lang deshalb mit einem Hang zur Sucht und hatte bereits über Jahre viel Cannabis konsumiert. Als so viele Faktoren auf ihn einprasselten, glaubte Toni, keinen Ausweg mehr zu sehen: Er versuchte sich umzubringen.
Er überlebte und seine Freunde drängten ihn zu einer Therapie. Ein Jahr lang hat er zweimal pro Woche für jeweils eineinhalb Stunden in Therapiegruppen mit anderen Menschen gesprochen, die an einer Psychose oder einer Depression litten. Immer begleitet von zwei therapeutischen Fachkräften. Er sei dort zwar mit der Einstellung angekommen, dass ihn niemand verstehe. Doch es habe ihm gut getan, mit anderen zusammenzusitzen, die Ähnliches erfahren haben. Und: "Man hat nicht einfach so 'wie geht's dir?' gefragt, sondern alle waren ganz offen und auch interessiert", erzählt er.
Cannabis-Psychosen sind heilbar – Experten fordern mehr Prävention
Trotz des unbestimmten Krankheitsbildes und der noch nicht ganz geklärten Entstehung von Psychosen sagt Dr. Carlos Schönfeldt-Lecuona klar: "Eine Psychose ist eine Funktionsstörung des Gehirns, meistens reversibel, wenn die Ursache erkannt und behandelt wird." Doch angesichts der gelockerten Gesetzgebung für Marihuana im medizinischen Bereich und der erhöhten Potenz der Droge auf dem Schwarzmarkt fordern die Ulmer Experten mehr Präventionsarbeit.
Toni steht heute, knapp zwei Jahre nach seinem ersten Aufenthalt in der Klinik, wieder auf eigenen Beinen. Der gelernte Handwerker hat mittlerweile die Branche gewechselt, ist wieder voll berufstätig, aus seiner alten WG ausgezogen und lebt nun in einer eigenen Wohnung. "Ich bin jetzt in einer Position, da kann ich Menschen harmonisch gegenübertreten", sagt er. Rückblickend auf die vergangenen Jahre sagt er: "Ich hätte gerne gewusst, welche Auswirkungen diese Substanzen haben können."
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Gut, daß die Ewiggestrigen sich einig sind, daß die gestörten Menschen lediglich dem Hanfkraut zum Opfer gefallen sind!
Eine Menschheit, welche einer der ältesten und nützlichsten Kulturpflanzen der Welt verbieten will, am End' gar noch ausrotten will, ist unweigerlich dem Niedergang geweiht!
Alkohol hat wohl sein Werk gut verrichtet und schon massiv viele Hirnzellen absterben lassen.
Ich finds unglaublich, mit welcher Ignoranz man sich immer wieder rumärgern muß!
Diese immer wiederkehrende Psychosen-Propaganda kann ich in keinster Weise nachvollziehen.
Ein Verbrechen, dass bei uns in Bayern Alkohol sozusagen staatliche Förderung erhält und der Konsum dieser Droge geradezu propagiert wird.
Etwas mehr allgemeine Bildung könnte dem entgegen wirken, aber leider wird diesbezüglich die freie Meinungsbildung seit Jahrzehnten unterdrückt.
Möglicherweise schnupft unsere Elite einfach zu viel Kokain ( allein in Berlin mehr als Vier Kilo pro Tag ), um da überhaupt noch objektiv urteilen zu können!
Wie will man denn mir solchen Menschen sich noch objektiv eine Meinung bilden können?
Kommt doch mal darauf klar, wie die Welt funktioniert!
Wenn die Leute in Bolivien,
oder wo Coca sonst noch wächst,
dieses Kraut nutzen,
die Blätter kauen,
weil sonst der Alltag
mit Hunger, Armut, Ungerechtigkeit, allgegenwärtigem Unbill,
letztlich schwer bis kaum zu ertragen ist (auch das Schuften in den Lithiumminen für unsere tolle Elektromobilität trägt dazu bei!!!),
dann sollte man allgemein etwas nachsichtiger sein,
vor allem im Dunstkreis der 'christlichen' Parteien.
Wenn Koks allerdings,
so wie derzeit eingefordert,
als Livestyledroge für hippe Erfolgler*innen, eher dem Spektrum FDP bis Bonzen Grün zugeordnet,
legalisiert werden soll,
dann muß ich mich echt fragen,
ob die grundsätzliche Marschrichtung noch passt!
Außerdem sollte man schon eindeutig unterscheiden können,
wie welche Substanz wirkt,
und was dabei rauskommt!
Aber scheinbar ist der Menschheit der Kompaß für Vernunft mittlerweile verloren gegangen!
Unterm Strich wäre es durchaus angebracht, alle Substanzen zu entkriminalisieren
und zu legalisieren.