
Die Zeit in der neuen Kochschule von Ingo Holland über seiner Manufaktur „Altes Gewürzamt“ in Klingenberg am Main war festgefroren. Auf Fünf vor Zwölf klebten die Zeiger der Uhr, doch für die Gäste, so schien es, verging die Zeit fast zu schnell angesichts der dichten Geschmacksfülle. Unter den steilen Rebhängen am Untermain feierte das Silvaner-Forum die besten Weine des Wettbewerbs um die „Goldene Rebschere“.
Seit 1998 gibt es den Verein, der sich als überregionale Marketinginitiative sieht, für eine Weinsorte, „die längst nicht mehr nur als Spargelwein vertickt wird“, so Hermann Mengler, Oenologe des Bezirks Unterfranken und treibende Kraft des Wettbewerbs. 52 Fachleute aus Weinbau, Journalismus, Gastronomie und Handel saßen in der Jury.
„Der Silvaner hat die modernste Weinstilistik.“
Vor 20 Jahren, so Mengler, sei der Silvaner fast eine aussterbende Art gewesen, „reif für die Arche“. An diesem Abend wurde der auferstandenen Sorte gehuldigt in der so blumigen Sprache der Sommeliers: Sehnig sei er, manche schlank und nussig, andere prägnant, erdig, kräutrig oder grasig und mit Rhabarbernote oder einem Hauch von weißem Pfirsich.
Oder, wie es die Münchnerin Romana Echensperger, Master of Wine, sagte: „Der Silvaner hat die moderneste Weinstilistik. Er hat viel Struktur, wirkt aber nie massiv und findet immer eine gute Balance.“
Dass die Weine angenehme Begleiter zu Tisch sein können, bewies Ingo Holland. Der frühere Sternekoch erdachte zu jedem der sechs Siegerweine ein Gericht, welches er druidengleich mit seinen Gewürzen verfeinerte. Da verband sich die lauwarme Tranche vom Räucherlachs mit einem Sommerhäuser Ölspiel und eine gebratene Entenstopfleber an glasierten Weintrauben und krossem Speck mit einer Spätlese vom Iphöfer Julius-Echter-Berg.
Franken hat gelernt, sich über den Silvaner zu definieren, eine Sorte, die hier 24,5 Prozent der Rebfläche einnimmt – Rang zwei hinter dem Müller-Thurgau (27 Prozent). In fünf Jahren spätestens, ist sich Mengler sicher, wird der Silvaner die Nummer eins sein, auch, weil er „ein Gewinner des Klimawandels“ sei.
Das Silvaner-Forum könnte gut und gerne noch mehr Gas geben.
Weinwettbewerbe und -prämierungen freilich gibt es reichlich wie Schoppen auf der Alten Mainbrücke, und so sind sich die Macher der Silvaner-Auszeichnung durchaus bewusst, dass ihr Preis noch keine nachhaltige Durchschlagskraft hat. Wer sich mit ein paar namhaften Winzern unterhält, erfährt, dass sie nicht teilnehmen, weil die Einstellung eines Weines 50 Euro kostet und die Außenwirkung des Wettbewerbs überschaubar sei.
Hermann Mengler gibt zu, dass ihn die Breite schon sehr zufrieden stellt, diesmal wurden insgesamt 427 Weine in sechs Kategorien eingereicht, er sich aber auch wünscht, dass das ein oder andere Schwergewicht der Branche noch mit einsteigt, „auch wenn schon ein paar große Cracks dabei sind“. Selbstkritisch merkt er an, „dass wir vom Silvaner Forum mehr Gas geben könnten“. Jeder mache das Engagement für den Silvaner neben seinem Hauptjob, „aber wir müssen an dem Thema permanent dranbleiben“. Deshalb mache es für den Weinexperten der Regierung von Unterfranken „keinen Sinn, den Preis nur alle zwei Jahre zu vergeben. Wenn wir eine Nachhaltigkeit erreichen wollen, müssen wir die 'Goldene Rebschere' jedes Jahr verleihen“.
Auch aus Südtirol war ein Sylvaner dabei.
Die ausgezeichneten Winzer jedenfalls genossen den stilvollen Abend im kleinen Kreis. Sie stellten jeweils ihren prämierten Wein vor und beeindruckten mit Anekdoten und ihrer Leidenschaft für den Silvaner – wie etwa Klaus Höfling aus Eußenheim (Lkr. Main-Spessart), der über die Freude erzählte, dass seine Zwillinge noch im Dezember 2015 statt im errechneten Januar 2016 zur Welt kamen, denn: 2015 sei ein herausragender Jahrgang gewesen – und seine Kinder werden sich später einmal über extra abgefüllte Magnumflaschen einer Silvaner-Trockenbeerenauslese freuen dürfen.
Die weiteste Anreise hatten Thomas Dorfmann und Josef Brunner von der Eisacktaler Kellerei in Klausen in Südtirol. Es ist das einzige Gebiet in Italien, wo der Silvaner angebaut wird – er fand um 1900 den Weg nach Südtirol. Vor allem Kellermeister Dorfmann war ein wahrer Botschafter des Sylvaners, der seine Blüte in den 70er Jahren erlebte und heute nur noch von wenigen Betrieben angebaut wird. „Dieser Abend“, richtete Weinbaupräsident und Silvaner-Forums-Vorsitzender Artur Steinmann das Wort an die Winzer, „zeugt von unserer Wertschätzung für Euch“.