Wer mit seinem Auto den Nürnberger Flughafen ansteuert und – anders als üblich – an den Abflug- und Ankunftshallen vorbei bis zum Ende des Geländes fährt, stößt hinter dem Tower auf einen abgegrenzten Sektor. „FAI“ ist auf zwei Hallen zu lesen.
Hinter den Buchstaben verbirgt sich eine Fluggesellschaft, die hier ihren Sitz hat. Es ist die größte der Allgemeinen Luftfahrt in Bayern, ja sogar Deutschlands größte, wenn man die Zahl der Flüge betrachtet.
Wie? Größer als Lufthansa? „Nein, die Allgemeine Luftfahrt grenzt sich von der Linienluftfahrt ab. Anders als zum Beispiel Lufthansa oder Air Berlin haben wir keine festen Abflugzeiten“, erklärt FAI-Aufsichtsratsvorsitzender und Firmeninhaber Siegfried Axtmann den Unterschied.
In der öffentlichen Wahrnehmung spielt die FAI rent-a-jet AG, wie die Fluggesellschaft sich offiziell nennt, selten eine Rolle. „Wir schalten keine Anzeigen. Unser Geschäft ist zu international, als dass uns Werbung in einem deutschen Hochglanzmagazin etwas bringt“, sagt der 57-Jährige.
21 Business- und Ambulanz-Jets
Wer mit Axtmanns Flugzeugen unterwegs ist, ist entweder extrem wichtig, krank oder steckt an einem Ort, an dem es kriselt. So unterschiedlich die drei FAI-Geschäftsfelder sind, das Arbeitsgerät ist stets dasselbe: Jets für bis zu 14 Personen, vier verschiedene Typen, alle vom Hersteller Bombardier.
Regelmäßig wird ein FAI-Jet gebucht, um VVIP irgendwohin zu fliegen. Die „very, very important persons“ – Regierungsmitglieder, Angehörige von Königshäusern oder Wirtschaftsbosse – starten in der ganzen Welt. „Bei unserem Langstrecken-Jet Global Express haben wir im vergangenen Jahr vielleicht gerade mal drei Flüge an deutsche Kunden verkauft. 70 Prozent dieses Umsatzes kommen von außerhalb Europas“, berichtet Axtmann.
Vom bayerischen Chartermarkt allein könne kein Flugunternehmen leben. Geschäftsflüge? Die leisten sich in der Region nur wenige Unternehmen. Der Autozulieferer Brose besitzt ein eigenes Charterflugzeug, auch der Gipshersteller Knauf in Iphofen. Das war es dann aber fast schon. Die Siemensflotte wird zwar von der ADAC-Tochter Aero-Dienst am Nürnberger Flughafen gewartet, die Privat-Jets stehen aber in München.
400 000 Euro im Monat
„Der Ausdruck Privat-Jet ist verpönt, wir sprechen vom Business-Jet“, sagt Axtmann. Gezahlt werden müsse für Flugstunden und Standzeit. Ein Trip nach New York koste dann mit drei Tagen Standzeit etwa 170 000 Euro.
Immer wieder gebe es sogenannte Stand-by-Verträge. Die Crew warte dann abrufbereit im Hotel. 400 000 Euro im Monat müsse ein Kunde dafür berappen. Gehe der Global-Express-Jet in dieser Zeit in die Luft, sei es doppelt so viel.
„Das Service-Angebot an Bord ist bei Arab Emirates in der First Class im Linienverkehr sicherlich besser als bei uns“, stellt Axtmann klar. „Es gibt aber Kunden, die sich aus Sicherheits- und Flexibilitätsgründen nicht der Linienluftfahrt bedienen.“
Axtmanns Flotte besteht aus 21 Jets. 19 gehören seiner Firma selbst, zwei werden von FAI im Auftrag von Firmen „gemanagt“. Das sind Unternehmen, die sich zwar Business-Jets leisten, aber keine eigenen Piloten und auch sonst die Organisation lieber anderen überlassen.
Das war anfangs auch bei Axtmann so. Als Sohn eines Nürnberger Bauunternehmers arbeitete er als Immobilienentwickler im Bauträgergeschäft. „Wir hatten da einen schlecht gemanagten Hubschrauber. Da habe ich gesagt: Das nehmen wir selbst in die Hand“, erzählt der promovierte Bauingenieur. 1989 übernahm er vom Verein für Internationale Flugambulanz (IFA) zwei Rettungshubschrauber. Im gleichen Jahr kaufte er den ersten Jet, zwei Jahre später kam der ehemalige Business-Jet des Nürnberger Unternehmers Max Grundig hinzu. Axtmann war plötzlich mittendrin im Luftfahrtgeschäft.
Geld verdiente er damit zunächst nicht. Im Gegenteil. „Die Firma war bis Ende der 1990er Jahre ein Anhängsel. Sie machte Verluste, die mit Gewinnen aus unserem Immobiliengeschäft verrechnet wurden“, erzählt der 57-Jährige.
Ambulanztransporte in alle Welt
1999 änderte sich das. Denn von da an konzentrierte sich Axtmann auf ein Geschäftsfeld, das ihm noch heute mehr als die Hälfte des Umsatzes bringt – und bei FAI den meisten Gewinn einfliegt: Ambulanztransporte in alle Welt. Wenn es um solche medizinischen Flüge gehe, gebe es kaum Konkurrenz, denn die Eintrittsbarrieren für Start-ups seien sehr hoch, so Axtmann. Aus Haftungsgründen setzen die Versicherer lieber auf große, etablierte Anbieter.
Bleibt noch das dritte Standbein: Fünf seiner 21 Flugzeuge hat Axtmann derzeit in Krisengebieten der UN stationiert – etwa in Afghanistan oder Mali. Mit den Vereinten Nationen gibt es Bereitstellungsverträge für den Fall, dass ein Krisenfall einen Einsatz notwendig macht – zum Beispiel, um UN-Personal oder „Blauhelme“ aus dem Land zu bringen.
Die Airline aus Franken
Das Unternehmen FAI gibt es seit 30 Jahren. Eigentümer Siegfried Axtmann stieg 1989 ein. Die Familie Axtmann hält 100 Prozent der Anteile an der AG. FAI ist Bayerns größte Fluggesellschaft der Allgemeinen Luftfahrt (außerhalb des Linienverkehrs), nach Flugaufkommen sogar die größte in Deutschland. Ihren Sitz hat sie am Nürnberger Flughafen.
Die Flotte umfasst 21 Business- und Ambulanz-Jets. Für FAI arbeiten 180 feste Mitarbeiter. Der Umsatz betrug zuletzt rund 80 Millionen Euro. zl