Die Frage, welche sozialen Leistungen Ausländer aus EU-Ländern in Deutschland erhalten sollen, beherrscht die letzten Tage des Europa-Wahlkampfes.
Eine von der CSU getragene Bundesratsinitiative des Freistaats Bayern und ein Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen Sozialmissbrauch deutlich erschweren. Bewegung in die Debatte hatte zuletzt ein Gutachten des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) gebracht. Danach muss Deutschland EU-Migranten kein Hartz IV zahlen, wenn sie ausschließlich ins Land kommen, um Sozialleistungen zu kassieren.
Für Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) ist dies „ein Schritt in die richtige Richtung“. Getan sei es damit aber nicht: „Unsere Bundesratsinitiative sieht weitere Änderungen im europäischen Recht vor, wie beispielsweise das Daueraufenthaltsrecht an engere Voraussetzungen zu knüpfen. Außerdem steht die Entscheidung des EuGH noch aus“, sagte die Ministerin unserer Zeitung.
In der Tat wird ein Urteil des Gerichtshofes, ob und wann EU-Ausländern Leistungen zur Grundsicherung verweigert werden können, erst in einigen Monaten erwartet. Das Gutachten gilt jedoch in Brüssel als Fingerzeig dafür, dass Deutschland „Sozialtourismus“ nicht dulden muss.
Doch für den Freistaat ist nicht hinnehmbar, dass – folgt das EuGH dem Gutachten – wohl über jeden Fall einzeln entschieden werden müsste. Das wäre eine „übermäßige Belastung“ der Behörden, wie Bayern in der Begründung für den Antrag im Bundesrat, der am Freitag eingebracht wird, beklagt. Unter anderem mit rechtlich verankerten Fristen will die CSU Deutschlands Attraktivität „für Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme“ vermindern. Kernpunkt: EU-Zuwanderer sollen in den ersten drei Monaten keine Sozialhilfe erhalten.
Seit auch Rumänen und Bulgaren mit Beginn des Jahres von der Freizügigkeit für Arbeitnehmer innerhalb der EU profitieren, hatten einige Kommunen einen verstärkten Zuzug aus diesen Ländern registriert.
Viele von ihnen hätten sich, so die Behörden, nicht um eine Beschäftigung, wohl aber um den Bezug sozialer Leistungen bemüht. Der politische Streit war da. Politiker der Grünen und der Linken warfen der Union vor, auf dem Rücken von Einwanderern EU-Wahlkampf zu betreiben.
Studien sagen aus, dass Bulgaren und Rumänen in Deutschland mit zehn Prozent deutlich weniger Hartz IV beziehen als Ausländer aus anderen Staaten (im Durchschnitt 15 Prozent). Diese Zahlen für 2013 ermittelte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, eine Einrichtung der Arbeitsagentur.
In der Großen Koalition aus SPD und Union gibt es Pläne, dass EU-Migranten, die sich in Zukunft soziale Leistungen – etwa durch falsche Angaben – erschleichen, mit empfindlichen Sanktionen rechnen müssen. Ihnen drohen nach Medienberichten in Zukunft ein fünfjähriges Einreiseverbot sowie Geld- oder gar Haftstrafen.