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MÜNCHEN
Chance oder Millionengrab?
Von unserem Korrespondenten Henry Stern
 |  aktualisiert: 15.12.2015 12:51 Uhr

Das Projekt eines neuen Konzertsaals in München nimmt langsam Formen an. Der Landtag genehmigte nun eine Machbarkeitsstudie für den von Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) bevorzugten Standort auf einer Isar-Insel in direkter Nähe zum Deutschen Museum.

Die Studie solle prüfen, ob der an dieser Stelle stehende denkmalgeschützte Kongress-Saal des Deutschen Museums in einen Konzertsaal umgebaut oder abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden kann, sagte Heubisch kürzlich im Landtag. Auch eine mögliche Doppelnutzung als Konzert- und Kongresssaal soll untersucht werden.

Kritik aus allen Fraktionen

Im Landtag gibt es allerdings quer durch die Fraktionen nach wie vor große Skepsis gegenüber dem Prestigeprojekt: „Ich komme aus der Provinz“, sagt etwa der Bayreuther CSU-Abgeordnete Walter Nadler: „Und wenn ich sehe, was in München so abgeht, dann tropfen mir die Augen.“ Aus gesamtbayerischer Perspektive müsse man doch zuerst in den Blick nehmen, wo in der Kulturpolitik der vordringlichste Investitionsbedarf liege. In München gelte dies offenbar nicht: „Keiner hat bisher darüber nachgedacht, ob dieser Saal wirklich nötig ist“, sagt Nadler.

Auch der SPD-Abgeordneten Isabell Zacharias fehlen stichhaltige Argumente für den Saal: Weder gebe es bisher belastbare Zahlen über die Auslastung der anderen vier Münchner Konzertsäle. Noch gebe es nur grobe Anhaltspunkte für die Bau– und Unterhaltskosten oder die Höhe der gewünschten Beteiligung privater Spender und des Bayerischen Rundfunks (BR) dessen Symphonieorchester den Saal später nutzen soll.

Auf massive private Beiträge für den auf mindestens 150 Millionen Euro geschätzten Bau zu hoffen, sei gar „ein Schmarrn“, glaubt der Grünen-Kulturpolitiker Sepp Dürr: „Wir werden die Kosten selbst tragen müssen. Und das ist auch notwendig für dieses Orchester“, findet Dürr. Diese Notwendigkeit gelte allerdings nicht uneingeschränkt, sondern setze eine Idee voraus, wie Kulturpolitik für ganz Bayern aussehen könnte, hält Dürr dem Kunstminister vor: „Doch ihnen fehlt leider jeder Plan, inhaltlich wie finanziell.“

Kostenschätzung „verfrüht“

Es sei „verfrüht und unseriös, schon jetzt über Baukosten zu spekulieren“, verteidigt sich Heubisch. Klar sei allerdings, dass „ein erheblicher Teil der Kosten durch bürgerschaftliches Engagement und Spenden erbracht werden muss.“ Die Notwendigkeit des Saals hält Heubisch zudem für unbestreitbar: Die BR-Symphoniker gehörten zu den weltweit zehn besten Orchestern. Ohne eigenen Saal sei dieses Niveau aber nicht zu halten. Bayern drohe auch deshalb die Gefahr, als Kulturstandort abgehängt zu werden, warnt Heubisch: „München als Leuchtturm für Bayern hat hier eine Aufgabe im bundesweiten Wettbewerb aufzunehmen.“

Eine Einschätzung, die auch Heubischs Amtsvorgänger Thomas Goppel (CSU) teilt. Den Konzertsaal-Kritikern wirft er zudem Kleingeistigkeit vor: „Jeder will die Weltspitze. Aber wenn es darum geht, diese Weltspitze zu finanzieren, dann bekommen wir nur die kleinkariertesten Gegenargumente.“

 
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