In der prallen Sonne stehen sie da, die Männer der HeimatschutzkompanieSchwaben und Oberbayern, in voller Montur - mit Sturmgewehr, Sonnenbrille und Tarnanzug. Sie bewachen die Kampfjets, die bei der "Air Defender 23"-Übung vom Fliegerhorst Lechfeld aus starten. Während die Piloten am Himmel Manöver für einen potenziellen Nato-Bündnisfall trainieren, sorgen die Heimatschützer am Boden für Ordnung. Von ihrem Wachcontainer aus haben sie alles im Blick. Dass sie eigentlich keine aktiven Soldaten der Bundeswehr sind, sondern Ungediente, also Frauen und Männern, die bis dato keine militärische Laufbahn eingeschlagen hatten, sowie Reservisten, ist ihnen nicht anzumerken.
Knapp 1000 Soldatinnen und Soldaten setzen sich in insgesamt sieben Kompanien für den Heimatschutz in Bayern ein. Ihre Aufgabe: die territoriale Verteidigung innerhalb Deutschlands sicherstellen - zum Beispiel, indem sie "kritische Infrastruktur, wie den Fliegerhorst in Lagerlechfeld, bewachen", erklärt Oberstleutnant Andreas Bachmann. Zwei von ihnen sind die Unteroffiziere Jonas Wirt und Niklas Ehlert (Namen redaktionell geändert). Was treibt die beiden Männer an?
Männer und Frauen der Heimatschutzkompanie bewachen den Fliegerhorst Lechfeld
Bereits im Jahre 1998 kam Ehlert zum Bund, erinnert er sich: "Damals noch als Wehrpflichtiger." Später engagierte er sich bei der Feldjägertruppe in München, bis seine Karriere bei der Bundeswehr vorerst endete. Inzwischen arbeitet der Mann als Teamleiter bei der Münchner Firma BSH Hausgeräte - doch das Interesse am Militär war sein stetiger Begleiter. "2015 habe ich dann vom Heimatschutz erfahren und die Chance gleich ergriffen", sagt er. Damals trug dieser noch den Namen "Regionale Sicherungs- und Unterstützungskompanie", kurz: RSU. Aber darunter habe sich kaum jemand etwas vorstellen können. Daher erfolgte kürzlich die Umbenennung in "Heimatschutzkompanie". Für die Einsätze wird Ehlertübrigens von seinem Chef freigestellt. Dieser sehe die Tätigkeit beim Militär als "Dienst für die Allgemeinheit".
Seit dem 30. April 2022 gibt es das Heimatschutzregiment in Bayern in seiner aktuellen Form, berichtet Oberstleutnant Bachmann. Es ist das erste von sechs Regimenten dieser Art, die in Deutschland entstehen sollen. Die HeimatschutzkompanieSchwaben und Oberbayern ist diesem unterstellt und deren Mitglieder haben die gleichen Rechte und Pflichten wie aktive Soldaten. Um Teil der Kompanie zu werden, bedarf es laut Bachmann vor allem eines: "Man muss wollen." Zunächst erfolgt die Bewerbung - meist über das Karrierecenter der Bundeswehr oder über den Verband der Reservisten. Hat sie Erfolg, schließt sich die Ausbildung an.
Der Chef der HeimatschutzkompanieSchwaben und Oberbayern, Heiko Schnitzler, skizziert zwei Optionen: Beim Blockmodell dauert die Ausbildung drei Monate und erfolgt am Stück. Zielgruppe seien etwa Studierende, die in den Semesterferien ausreichend Zeit haben, oder Arbeiter im Gartenbau, die sich im Winter der Ausbildung beim Militär widmen können. Modell zwei hingegen dauert eineinhalb Jahre. "Die Ausbildungsabschnitte sind hauptsächlich an Wochenenden terminiert", sagt Schnitzler. Dadurch haben Arbeitnehmer, die unter der Woche keine Zeit haben, die Chance, sich beim Heimatschutz zu engagieren.
"Heimatschutz ist mehr als Schnee schaufeln und Keller auspumpen"
So lief es auch bei Jonas Wirt. Den Mittelpunkt der Ausbildung bilden "die soldatischen Grundfertigkeiten - von der Waffe bis zum Formaldienst", sagt er. Neben dem richtigen Umgang mit dem Gewehr stehen Marschieren und das korrekte Antreten genauso auf dem Programm wie die rechtlichen Grundlagen.
Auch Wirt ist beruflich eigentlich nicht bei der Bundeswehr zu Hause. Er arbeitet bei Airbus Helicopters in Donauwörth und wird genau wie Ehlert für die Zeit beim Heimatschutz vom Arbeitgeber freigestellt. Bereits nach der Schule wollte der Unteroffizier eigentlich zur Bundeswehr, seine Ausbildung sei ihm damals allerdings dazwischengekommen. Inzwischen ist er mit seiner Familie in der Region sesshaft geworden, und der Wunsch, Teil der Bundeswehr zu werden, sei wieder in ihm aufgeflammt. Diesem ist er nun nachgekommen. "Seit ich dabei bin, habe ich eigentlich jeden Einsatz mitgenommen", sagt Wirt und lacht. So konnten seine Kameradinnen und Kameraden zuletzt beim "Air Defender" auf ihn zählen. Doch auch schon beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau sicherte er mit seinen Kollegen im vergangenen Jahr das Gelände und bei der Schneekatastrophe 2018/2019 in Oberbayern war er ebenfalls am Start, um Dächer von den weißen Massen zu befreien.
Immer dann, wenn die Heimatschützer kein militärisches Gelände bewachen, sondern es um die unmittelbare Unterstützung der Menschen in Krisengebieten geht - wie eben beispielsweise bei besagter Schneekatastrophe oder bei Überschwemmungen - passiert dies im Rahmen der sogenannten Amtshilfe, sagt Bachmann. Das bedeutet: "Wenn die Kräfte des Bundes oder eines Landes nicht mehr ausreichen, dann besteht die Möglichkeit, dass der Heimatschutz zum Einsatz kommt." Er betont jedoch auch: "Zu den Aufgaben der Kompanie gehört weit mehr als Schnee schaufeln, Keller auspumpen und auf Parkplätze aufpassen." Landes- und Bündnisverteidigung sei der Kernauftrag der Bundeswehr. "Und daran orientiert sich auch der Heimatschutz."
In der Regel sind die Mitglieder des Heimatschutzes jährlich zwei bis drei Wochen im Dienst, berichtet Kompanie-Chef Schnitzler. Heuer könne sich der Zeitraum durch das Luftwaffenmanöver auch auf vier bis sechs Wochen ausdehnen. Um den Arbeitgebern so wenig wie möglich in die Quere zu kommen, versuchen die Verantwortlichen die Übungen, so gut es geht, auf Wochenenden zu legen. Das gelingt oft, aber nicht immer. Umso höher sei es den Kameraden anzurechnen, dass sie ihre Freizeit opfern. "Da ziehe ich wirklich den Hut vor meinen Leuten", sagt Schnitzler. Für Front- oder Auslandseinsätze ist die Heimatschutzkompanieübrigens nicht vorgesehen.