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MÜNCHEN/BERLIN
Botschafter will zu NSU-Prozess
Einen reservierten Platz für ihn gibt es nicht – trotzdem will der türkische Botschafter in Deutschland, Avni Karslioglu, in jedem Fall zum Prozess um die Neonazi-Terrorzelle NSU in München kommen. Das kündigte er am Donnerstag im ZDF an.
Auch ohne reservierten Platz: Der türkische Botschafter in Deutschland, Avni Karslioglu, sieht es als seine „Aufgabe und Pflicht“ an, zum NSU-Prozess nach München zu kommen.
Foto: dpa | Auch ohne reservierten Platz: Der türkische Botschafter in Deutschland, Avni Karslioglu, sieht es als seine „Aufgabe und Pflicht“ an, zum NSU-Prozess nach München zu kommen.
Von den dpa-Korrespondenten Ch. Trost, J. Neumeyer u. C. Andresen
 |  aktualisiert: 06.04.2013 12:06 Uhr

Im Streit über den Zugang von Journalisten zum Prozess geht das Oberlandesgericht (OLG) derweil auf Tauchstation: Anfragen dazu sollen bis auf weiteres nicht mehr beantwortet werden.

Das OLG steht massiv in der Kritik, weil es für den türkischen Botschafter bislang keinen reservierten Platz geben soll und weil türkische Medien beim Rennen um feste Presseplätze leer ausgingen. Das Gericht hatte die 50 Plätze nach der Reihenfolge der Anmeldungen vergeben.

71 Nebenkläger

Der Senat unter dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl weigert sich strikt, an den Bedingungen etwas zu verändern. Der Prozess gegen die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe sowie vier mutmaßliche Helfer und Unterstützer der NSU beginnt am 17. April vor dem OLG. Acht der zehn mutmaßlichen Opfer haben türkische Wurzeln.

Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Angehörigen der NSU-Opfer, Barbara John, berichtete nun: „Von den vom Gericht eingeplanten 71 Nebenklägern werden definitiv zum Prozessbeginn zehn Angehörige nicht erscheinen.“ Damit wäre im Saal zum Beispiel Platz für Karslioglu, sagte John. „Dass ich mit den Opferfamilien da sein werde und (sie) bei ihrem schweren Gang begleite, ist natürlich. Das ist meine Aufgabe und meine Pflicht“, sagte Karslioglu. Er forderte vom OLG erneut mehr Sensibilität, räumte aber zugleich ein, dass es formal alles richtig gemacht habe. Dennoch sei das Anmeldeverfahren für Journalisten „nicht so ganz durchsichtig“ gewesen. Türkische Medien hätten immer wieder nach dem Beginn der Anmeldefrist gefragt, das erste von ihnen habe sich fünf Stunden nach Beginn angemeldet – dennoch dürften nun alle nicht in den Saal.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte: „Wenn jetzt Plätze frei werden, dann hat das Gericht eine neue Chance, um ein anderes Signal auszusenden.“ Die Plätze könnten der internationalen Presse oder Vertretern des türkischen Staates überlassen werden. Das OLG selbst will Anfragen „zur Anordnung und Durchführung des Akkreditierungsverfahrens“ für Medienvertreter nun bis auf weiteres nicht mehr beantworten. Begründet wurde dieser Hinweis vom Gericht „nicht zuletzt im Hinblick auf die angekündigte Einlegung einer Verfassungsbeschwerde in diesem Zusammenhang“.

Die türkische Zeitung „Sabah“ hatte am Mittwoch eine Verfassungsbeschwerde gegen die Vergabe der Journalistenplätze angekündigt. Die Presse- und die Informationsfreiheit müssten auch für die türkischsprachigen Journalisten in Deutschland gelten, argumentierte der stellvertretende Chefredakteur Ismail Erel.

Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis hält die Klage für aussichtsreich. „Ich könnte mir vorstellen, dass das Bundesverfassungsgericht die Klage zum Anlass nimmt, darauf hinzuweisen, dass die geltenden Gesetze auch großzügiger ausgelegt werden können“, sagte er der „Berliner Zeitung“. „Man muss das nicht so rigide handhaben, wie das Oberlandesgericht München es tut.“ Er sehe durchaus die Möglichkeit, den Prozess per Videokamera in einen weiteren Saal zu übertragen.

 
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