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Augsburg
Einschränkungen bei der Teilzeit: Lehrer fürchten Negativ-Effekt
45 Prozent der Lehrkräfte arbeiten Teilzeit. Markus Söder will mehr Vollzeitkräfte und denkt laut über neue Regeln nach. Der Lehrerverband fürchtet ungewollte Nebenwirkungen.
Lehrerin und Schüler.jpeg       -  In Bayern arbeiten 45 Prozent der Lehrkräfte in Teilzeit.
Foto: Marijan Murat, dpa | In Bayern arbeiten 45 Prozent der Lehrkräfte in Teilzeit.
Sarah Ritschel
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:12 Uhr

Der größte deutsche Lehrkräfteverband sieht den Vorschlag von CSU-Chef Markus Söder, die Teilzeitmöglichkeiten für Lehrkräfte zu beschränken, kritisch. "Würde der Ministerpräsident die Teilzeitregelungen pauschal einschränken, könnte er damit vielleicht kurzfristig etwas herausholen, aber auf lange Sicht wird diese Strategie wenig Erfolg haben", warnt Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, im Gespräch mit unserer Redaktion. 

Söder hatte jüngst Ideen ins Spiel gebracht, um die hohe Quote der Teilzeitlehrkräfte zu reduzieren. Bayerns Regierungschef sieht darin eine Maßnahme im Kampf gegen den seit Jahren herrschenden Personalnotstand an Schulen. Die Frage sei, so hatte es Söder etwa bei der CSU-Klausurtagung in Kloster Banz gesagt, ob Teilzeit in der jetzigen Größenordnung angemessen sei, "oder ob nicht vielleicht die Unterrichtsversorgung Priorität hat". Eltern und Kinder hätten Anspruch "auf eine hervorragende Schulpolitik". 

Tatsächlich arbeiten in Deutschland gut 42 Prozent der Lehrkräfte in Teilzeit. Das ist deutlich mehr als in anderen Wirtschaftsbereichen. In Bayern ist die Quote der Teilzeit-Pädagogen mit 45 Prozent sogar noch höher. Der Schulbereich ist diesbezüglich bekannt für seine Flexibilität. 

Baden-Württemberg hat Einschränkungen bei der Teilzeit für Lehrer schon beschlossen

Söder dachte – neben freiwilligen Anreizen – zuletzt über mehrere Möglichkeiten nach: Die Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern ans Alter der eigenen Kinder zu knüpfen, Beamte zum Start ihrer Laufbahn zunächst zur Vollzeit zu verpflichten und eine Maximalzahl an Teilzeitjahren festzulegen. Er spricht von einem "Diskussionsprozess", auch ihm sei Freiwilligkeit lieber. Das Nachbarland Baden-Württemberg ist schon einen Schritt weiter: Lehrkräfte sollen dort künftig nur noch in begründeten Fällen weniger als 75 Prozent arbeiten dürfen. Teilzeitlösungen wegen Elternzeit, Pflege oder aus sonstigen familiären Umständen bleiben laut dem dortigen Kultusministerium aber unangetastet. 

In Bayern arbeiteten im Schuljahr 2022/2023 rund 58 Prozent der Teilzeitlehrkräfte aus familiären Gründen nicht voll. Lehrerverbandspräsident Düll verweist auch auf jene Kollegen, die der Gesundheit wegen weniger arbeiten. "Ich befürchte, dass pauschale Teilzeitkürzungen viele gesundheitlich angeschlagene Lehrkräfte dazu bringen werden, sich vom Amtsarzt auf Teildienstunfähigkeit untersuchen zu lassen."

"Tendenziell arbeiten Teilzeit-Lehrkräfte phasenweise deutlich mehr, als dem Teilzeitmaß entspricht", weiß Düll. "Sie sind bei allen Konferenzen und Meetings dabei, fahren mit auf Klassenfahrt. Ihnen mehr Stunden aufzubrummen, ist ein Schlag ins Gesicht von Lehrerinnen und Lehrern, die ohnehin schon mehr leisten, als sie müssten." Man müsse die Teilzeitkräfte motivieren, "dass sie gerne und von sich aus ihre Stundenzahl erhöhen. Man muss Anreize schaffen. Davon höre ich aus der Politik zu wenig."

Auch der bayerische Philologenverband begründet die hohe Teilzeitquote mit einem "Selbstschutz vor Überlastung" und fordert wie Düll Entlastungen an anderer Stelle, etwa bei der Bürokratie und bei unterrichtsfremden Aufgaben, damit Lehrkräfte freiwillig ihre Stunden aufstocken. Söder hatte in Banz gesagt, er halte das Argument einer "Flucht vor Überlastung" für "nicht so überzeugend". Schließlich gebe es viele Bereiche – Pflege etwa oder Krankenhäuser – "wo wir ganz andere Arbeitszeiten haben". 

Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hat sich bisher nicht für Einschränkungen der Teilzeit an Schulen ausgesprochen. Auch sie räumt die angespannte Personallage ein. "Dabei gibt es für mich nicht den einen Lösungsansatz", sagte sie unserer Redaktion. "Wir brauchen einen klugen Mix aus unterschiedlichen Strategien. Anstatt stufenweise Einzelmaßnahmen zu präsentieren, setze ich auf eine wirklich tragfähige, langfristige Planung im Dialog mit den beteiligten Verbänden, die wir derzeit erarbeiten und dann in geeignetem Rahmen vorstellen werden." Dem Vernehmen nach soll das in den kommenden Monaten sein. 

 
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