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Augsburg
CSU kritisiert "Schnellschuss" bei der Grundschulreform
Die Bayern-Koalition ist von Harmonie weit entfernt. Die Christsozialen zeigen sich "irritiert" über Pläne der Kultusministerin. Dabei hat das Kabinett ihren Maßnahmen zugestimmt.
Bücher und ein Stundenplan auf der Schulbank eines Erstklässlers. Foto: Patrick Pleul/Symbolbild       -  Bayerns Grundschüler sollen besser in Deutsch und Mathe werden.
Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild) | Bayerns Grundschüler sollen besser in Deutsch und Mathe werden.
Sarah Ritschel
 |  aktualisiert: 15.03.2024 02:52 Uhr

Die Frontalangriffe zwischen CSU und Freien Wählern nehmen kein Ende. Wochenland stritten sich die Christsozialen mit Freie-Wähler-Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger über dessen Jobauffassung, Mitte vergangener Woche schoss FW-Generalsekretärin Susann Enders dann gegen CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek und Wissenschaftsminister Markus Blume, weil die als quasi "Fachfremde" einen Traktorenhersteller besuchten. Jetzt konzentrieren sich die Streitereien auf die Politik von Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler).

Die CSU zeigt sich gegenüber unserer Redaktion "irritiert" über die Grundschulreform, die die 41-Jährige vorletzte Woche präsentiert hatte. Damit reagierte Stolz auf die historisch schlechten Ergebnisse deutscher Schülerinnen und Schüler bei der internationalen Pisastudie. "Die Pisa-Offensive ist leider ein Schnellschuss der Kultusministerin und entsprechend nicht durchdacht", sagt Peter Tomaschko, schwäbischer Schulexperte der CSU. Er sitzt seit zehn Jahren im Bildungsausschuss des Landtags und ist stellvertretender Vorsitzender im Arbeitskreis Bildung der CSU-Fraktion. 

Konzept für Grundschulreform in Bayern: Stil sorgt für Kontroverse

Weder der Arbeitskreis noch der Bildungsausschuss seien in die inhaltliche Ausgestaltung des Maßnahmenpakets eingebunden gewesen. Lediglich Eckpunkte habe Stolz im Arbeitskreis vorgestellt. "Ich habe den fertigen Katalog auf der Homepage des Kultusministeriums entdeckt", sagt Tomaschko. Zwar hätten CSU und Freie Wähler bei der Bildung "absolut dieselben Ziele", aber es sei "eine Frage des Stils", den Koalitionspartner einzubeziehen. 

Die Kultusministerin entgegnet auf Anfrage unserer Redaktion, sie habe ihr Konzept "in mehreren Besprechungsrunden mit der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Verbändelandschaft und der Schulfamilie besprochen und entwickelt". Bei der Vorstellung im Arbeitskreis und im Bildungsausschuss habe das Maßnahmenpaket viel Zustimmung erhalten. Die 41-Jährige hatte ihre Reformvorschläge kürzlich auch dem bayerischen Kabinett vorgelegt – und die Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern stimmte zu. Warum aber zog die CSU im Ministerrat nicht die Handbremse, wenn das Konzept nicht ausgegoren ist? 

"Das Kabinett muss sich darauf verlassen können, dass die Arbeit eines Ministers oder einer Ministerin Hand und Fuß hat", sagt CSU-Politiker Tomaschko. Davon sei der Ministerrat auch bei der Pisa-Offensive ausgegangen. "Und dass etwas getan werden muss, um die Basiskompetenzen der Schüler zu stärken, steht ja außer Frage." Hätte Stolz ihren Entwurf vor der Kabinettssitzung dem CSU-Arbeitskreis Bildung vorgelegt, wäre die Sache aber anders ausgegangen, ist er überzeugt. "Wir hätten die Ministerin gebeten, das Konzept noch zurückzuhalten."

Kunst, Musik und Werken werden in der Grundschule zum Fächerverbund

Die Grundschulreform sieht je eine Stunde mehr Deutsch in allen Jahrgangsstufen vor, dazu in den Klassen eins und drei je eine Wochenstunde mehr Mathematik. Weil über die ganze Schulzeit hinweg die Stundenzahl nicht steigen soll, müssen andere Fächer gekürzt werden. Streichen dürfen die Schulleitungen eine von zwei Wochenstunden Englischunterricht. Kunst, Musik, Werken und Gestalten sind ab der dritten Jahrgangsstufe ein "Fächerverbund". Hatten Dritt- und Viertklässler bisher wöchentlich eine Stunde Kunst und je zwei Stunden Musik und Werken, können die Schulleitungen sich künftig auf insgesamt vier Stunden beschränken und diese flexibel über die einzelnen Fächer verteilen.

Bei der CSU hält man Stundenkürzungen in anderen Fächern für unnötig. "Wir haben kein Zeitproblem an Schulen", sagt Tomaschko. Stattdessen müsse man an Unterrichtsqualität und Inhalten arbeiten. "Wir brauchen eine Rückkehr zum Üben. Diktate, Nachschriften, Einmaleins – und wiederholen, bis es sitzt." Außerdem sollten Schulen enger mit Eltern zusammenarbeiten, etwa indem sie den Familien Materialien zum Üben zur Verfügung stellen. Er wisse außerdem, sagt Tomaschko, dass Schulleitungen sich klare Vorgaben aus dem Ministerium gewünscht hätten. Das jetzige Konzept, wonach sie vor Ort selbst über Kürzungen entscheiden, löse Verunsicherung aus. Die Ministerin schiebe "die Verantwortung an die Basis ab". 

Auch in diesen Punkten verteidigt sich Stolz: "In der Debatte wird zum Teil übersehen, dass es sich bei der Pisa-Offensive um ein Maßnahmenpaket aus sieben Bausteinen handelt", erklärt sie. Die Überarbeitung der Lehrpläne und die Einbindung von Eltern in die Leseerziehung sind tatsächlich darin hinterlegt. In zahlreichen Gesprächen habe sich die Schulfamilie zudem mehr Eigenverantwortung gewünscht, sagt die Unterfränkin. "Wir geben den Rahmen vor, die Schulen füllen ihn mit Leben." Stolz bleibt selbstbewusst: "So funktionieren moderne Schule und moderne Bildungspolitik für mich, und so möchte ich meinen Weg weitergehen." 

 
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