Nürnberg Tower – Grüß Gott – Alpha Bravo 123 – Established ILS – Runway 10.“ – Der diensthabende Platzlotse vom Tower Nürnberg bekommt über Funk Meldung von einem Piloten. Die Passagiermaschine hat den Luftraum westlich vom Flughafen erreicht, befindet sich auf der Höhe von Fürth/Langenzenn – und ist zur Landung bereit. Der Lotse hatte den Airbus schon auf dem Radargerät näherkommen sehen. Knapp 20 Kilometer ist das Flugzeug noch entfernt. Der Mann im Tower am Flughafen Nürnberg kontrolliert noch einmal kurz seine Computer, ob wirklich alles frei ist, wirft zusätzlich einen Blick auf die Landebahn – und gibt dann dem Piloten durch: „Wind 100 Grad, 5 Knoten, Runway 10, cleared!“
Damit hat der Lotse dem Piloten noch kurz die Windrichtung und Windstärke auf der Landebahn durchgegeben – und ihm dann die Landefreigabe mitgeteilt. Jetzt liegt alles in den Händen der Piloten, die Maschine sauber „runterzubringen“.
Ein engmaschiges und ausgeklügeltes System
Zwei Lotsen haben im Tower Dienst, rund um die Uhr wechseln sie sich im Schichtbetrieb ab. Ihre Aufgabe ist es, den gesamten Flugverkehr in einem Radius von etwa 18 Kilometern um den Nürnberger Flughafen zu kontrollieren, sowie startende und landende Flugzeuge in eine bestimmte Reihenfolge einzuordnen. Bevor die Flugzeuge sich Nürnberg nähern, werden sie vom Radar-Kontrollzentrum München gelotst – von Centerlotsen. Erst im näheren Luftraum übernehmen dann die Towerlotsen in Nürnberg. So sieht es das engmaschige und ausgeklügelte System der Deutschen Flugsicherung (DFS) vor, die die Kontrolle über ganz Deutschland hat.
„Unser Auftrag ist, Sicherheit für den Luftverkehr in der Luft und am Boden zu produzieren“, beschreibt Rainer Baierlein von der DFS, Geschäftsbereich Tower Nürnberg, die Tätigkeiten der Lotsen. „Sämtlicher Flug- und Rollverkehr muss absolut konfliktfrei durchgeführt werden.“ Zwischenzeitlich ist die Maschine AB 123 sicher gelandet. Der erste Lotse, Platzlotse genannt, fordert den Piloten auf, die Landebahn an einer genau definierten Abbiegespur zu verlassen und übergibt die Maschine dem Rolllotsen, der für das gesamte Vorfeld am Flughafen zuständig ist.
„Verlassen sie die Bahn über Bravo und rufen sie Nürnberg Ground 118.1“, spricht er auf Englisch den Piloten an. Was bedeutet, dass das Flugzeug die Piste über Rollbahn „B“ verlassen und über die Funkfrequenz 118.1. den Rolllotsen ansprechen soll. Dieser teilt nun der Besatzung die genaue Parkposition am Flughafengelände mit. Langsam rollt die Maschine parallel zur Landebahn dorthin.
Überblick über das ganze Flug- und Rollfeld
Der Rolllotse schaut aus seinem fast 50 Meter hohen Arbeitsplatz genau zu. Er hat von hier aus einen phantastischen, uneingeschränkten Blick über das gesamte Flug- und Rollfeld. Bemerkt er, dass zum Beispiel ein Tank- oder Kofferfahrzeug der Maschine zu nahe kommt, greift er sofort per Funk ein. Kurz vor der Parkposition winkt ein „Marshaller“ mit Leuchtstäben den Piloten fast zentimetergenau auf eine weiße Markierung ein, wo dann die Triebwerke abgeschaltet werden.
Auf seinem Computer hakt der Lotse den Flug AB 123 ab. „Bei schlechter Sicht wie Nebel oder Regen haben wir alles über Radaranlagen zusätzlich im Blick, sowohl den Luftraum als auch den Rollbereich“, sagt Baierlein. Ruhig und konzentriert arbeiten die beiden Lotsen in ihrem in luftiger Höhe liegenden Kontrollraum weiter. In kurzen, präzisen Funksprüchen, teils in englischer, teils in deutscher Sprache, kommunizieren sie mit ankommenden oder startenden Maschinen.
Viele kleine Flugzeuge unterwegs
„Neben dem nationalen und internationalen Linienbetrieb haben wir in Nürnberg auch noch viel Privatfliegerei abzuwickeln“, sagt Rainer Baierlein. Die großen Fluglinien arbeiten mit verschiedenen Instrumentenflugverfahren, das heißt, dass sie sich auf einem Leitstrahl bis ins Ziel führen lassen. Anders die kleinen Flugzeuge: Sie werden „auf Sicht“ geflogen, die Piloten erwarten noch mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung durch die Lotsen. „Ich kann ein kleines Flugzeug nicht direkt hinter einem Airbus landen lassen, da dieser durch seine Triebwerke sogenannte Wirbelschleppen hinter sich herzieht“, erklärt ein Lotse. „Kommt ein Flugzeug da hinein, wird es durch Turbulenzen gefährlich durchgeschüttelt.“
Freigabe zum Start
In ihrer Ausbildung lernen die Fluglotsen genau, welche Sicherheitsabstände bei welchen Flugzeugen erforderlich sind. Entsprechend weist der Mann im Nürnberger Tower die Flugzeuge in den Landevorgang ein – indem er sie zum Beispiel auffordert, langsamer zu fliegen oder eine Warteschleife zu drehen.
Eine andere Passagiermaschine hat mittlerweile alle Passagiere an Bord, die Crew schließt die Türen und will starten. Als erstes muss der Pilot beim Tower anfragen, ob er die Triebwerke anlassen darf. Der Lotse überzeugt sich, ob alle notwendigen Flugdaten vorliegen und gibt erst dann die Anlassfreigabe. Danach erteilt er dem Piloten die Rollfreigabe bis zu einem gewissen Haltepunkt vor der Startbahn. Hier übergibt er an den Platzlotsen. Der überprüft, ob sich keine anderen Flugzeuge der Landebahn nähern und gibt erst dann die Freigabe zum Start. „Cleared for Take-Off“ – lautet dafür das internationale Kommando.
Der Rettungshubschrauber hat Vorrang
Plötzlich ein Zwischenfall: Ein am Vorfeld abgestellter Rettungshubschrauber muss sofort starten. Eine Besonderheit am Nürnberger Flughafen: Dort sind zwei Rettungshubschrauber stationiert, die zu jeder Zeit, einer auch nachts, sofort starten müssen. Wenn sie ein Alarm erreicht, haben die Hubschrauber absoluten Vorrang. Der Lotse weiß, dass der Hubschrauber noch etwa drei Minuten braucht, um in die Luft steigen zu können.
Als erstes spricht er den Piloten in der Maschine an, die starten will. Er sieht, dass sie noch vor der Startbahn steht und gibt die Anweisung, die Vorbereitungen zum Start abzubrechen. Ein Kleinflugzeug, das gerade um die Landegenehmigung nachgefragt hat, wird angewiesen wieder, Höhe zu gewinnen und nach Norden auszuweichen. Keine Minute ist vergangen und der Lotse kann dem Hubschrauberpiloten mitteilen, dass er gefahrlos starten kann. Wie heißt es bei des DFS? Produktion von Sicherheit erfolgreich.