Ein Gefühl für Situationen hat Horst Seehofer zweifellos: Seit' an Seit' mit seinem Innenstaatssekretär Bernd Weiß schreitet er deshalb an diesem Dienstag vom CSU-Fraktionssaal zum Plenarsaal des Landtags. Weiß hatte am Wochenende den Regierungschef in einem Brandbrief für den aus seiner Sicht kommunalfeindlichen Kurs bei der Finanzierung des neuen Digitalfunks für Polizei und Feuerwehr scharf kritisiert (wir berichteten). Das Bild vom Schulterschluss mit dem aufmüpfigen Kabinettsmitglied soll nun wohl vor allem eines zeigen: Der nach der Wahlschlappe der CSU angeschlagene Ministerpräsident hat in München nach wie vor alles unter Kontrolle.
Am Morgen, vor der Kabinettssitzung, waren beide unter vier Augen zusammengetroffen: Er habe sich für den Ton seines Briefes entschuldigt, berichtete Weiß hinterher. Dieser sei „aus dem Zorn heraus gekommen“. In der Sache seien er und Seehofer aber bei ihren unterschiedlichen Positionen geblieben. Man sei übereingekommen, dass die daraus folgenden Konsequenzen „nicht zur Hängepartie“ werden sollen, so der Mellrichstädter. Er werde eine Nacht darüber nachdenken, „ob ich jetzt noch glaubwürdig im Amt bleiben kann“. Bereits in seinem Brief hatte Weiß einen Rücktritt zumindest angedeutet: „Die Art und Weise, wie mir als dem verantwortlichen Kabinettsmitglied die Erfüllung mir übertragener Aufgaben unmöglich gemacht wird, ist keine Basis für eine Zusammenarbeit“, schließt er dort.
Seehofer bekräftigte vor Journalisten, dass die von Weiß mit den Kommunen ausgehandelte Übernahme der kompletten Digitalfunk-Betriebskosten durch den Freistaat nicht in Frage komme: „Der Finanzminister muss auf solide Finanzpolitik achten“, sagte er. Auf Vorschlag von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) habe man sich deshalb geeinigt, das Thema im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu klären. Dabei bleibe es.
Zunächst ließ Seehofer kein großes Interesse erkennen, den Unterfranken in seinem Kabinett zu halten. Später erklärte er dann: „Ich wünsche mir, dass er weiter macht.“ Seinen Staatssekretär selbst an die Luft setzen, will der Ministerpräsident aber keinesfalls: „Ich schaffe keine Märtyrer“, sagte er dazu nur.
In der Landtags-CSU fand Weiß dagegen mit seiner inhaltlichen Kritik viel Zustimmung: „Wir werden das Thema Digitalfunk noch einmal ausgiebig diskutieren“, erklärte CSU-Fraktionschef Georg Schmid. Entschieden sei noch nichts. Der frühere CSU-Chef Erwin Huber kritisierte dagegen die Art der Kritik: „Man sollte nicht Briefe schreiben, sondern miteinander reden.“ Ex-Minister Eberhard Sinner sprach gar von einem „Sturm in der Espresso-Tasse“.
Weiß, der bereits im Sommer mit Seehofer aneinandergeraten war, als dieser ihm mit Rauswurf drohte, weil er entschuldigt eine Kabinettssitzung wegen eines anderen Termins frühzeitig verlassen hatte, betonte, ihm gehe es nicht um eine Grundsatzdebatte zum Thema Seehofer: „Es geht mir um die Sache, vor allem um die Kommunen.“ Er tauge auch nicht zum Partei-Rebellen: „Ich bin keine Gabi Pauli.“