In der Diskussion über eine mögliche Biosphärenregion Spessart haben mehrere Lokalpolitiker aus Unterfranken Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ungewöhnlich deutlich kritisiert. In einem offenen Brief werfen sie dem Freie-Wähler-Politiker eine „völlig undifferenzierte Betrachtungsweise” und unsachliche Wortwahl vor.
Sie beklagen eine Vorgehensweise von oben herab, die jeglichen Respekt vor den kommunalen Entscheidungsträgern vermissen lasse. Unterzeichnet wurde der Brief von der Landrätin des Landkreis Main-Spessart, Sabine Sitter (CSU), den Landräten von Aschaffenburg, Alexander Legler (CSU), und Miltenberg, Jens Marco Scherf (Grüne), sowie vom Aschaffenburger Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD).
Mit ihrer Kritik beziehen sich die Lokalpolitiker vor allem auf Äußerungen, die Aiwanger bei einem Besuch beim Verein „Wir im Spessart” Ende Juni in Rechtenbach getroffen haben soll. In Bezug auf eine Umsetzung der Biosphärenregion soll der Wirtschaftsminister dort laut einem Bericht des „Main Echo” von „Dummheit”, „Naivität”, und einer „Schnapsidee” gesprochen haben. Er sagte demnach auch, man dürfe „das tote Pferd” nicht weiterreiten. Die Lokalpolitiker werfen Aiwanger vor, sich mit dem Thema bislang nicht umfassend auseinandergesetzt und mit den Orts- und Kreisverbänden seiner eigenen Partei in der Region keine Rücksprache gehalten zu haben.
Aiwanger soll Fragen beantworten
Im Gegenzug richten sie eine Reihe an Fragen an den Minister. Etwa, ob Aiwanger den gewählten kommunalen Vertretern nicht zutraue, selbst zu entscheiden, „wie wir unsere Region weiter entwickeln möchten”. „Wie kommen Sie zum Schluss, dass das Projekt schon gescheitert sei, obwohl wir uns noch mitten in einem demokratischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess befinden?”
Aiwangers Aufgabe sei es zudem, Menschen zusammenzuführen und zusammenzuhalten, statt sie auseinanderzudividieren. „Hören Sie daher bitte auch auf mit Ihren Hetztiraden gegenüber Stadtbewohnern.” Das sei unanständig. „Und nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir in einer urban-ländlich geprägten Region zu Hause sind, in der sich Stadt und Land ganz hervorragend ergänzen und gegenseitig bereichern”, heißt es in dem Brief.
Mit der Biosphärenregion soll eine Modellregion für nachhaltiges Leben und Wirtschaften im Einklang mit der Natur geschaffen werden. Anders als ein Nationalpark kann sie deutlich stärker wirtschaftlich durch den Menschen genutzt werden, etwa durch Vermarktung regionaler Produkte und Förderung von nachhaltigem Tourismus. Naturschützer wie der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) und der BUND unterstützen die Idee.