Es sind vage Ankündigungen, versteckt in Halbsätzen, die Ministerpräsident Markus Söder am Samstag beim CSU-Parteitag in seiner fast eineinhalbstündigen Rede fallen lässt: "Mir macht es Sorge, dass immer weniger Kinder schwimmen können." In einem Land wie Bayern mit vielen Freizeitregionen und Seen sei das nicht richtig. Söders Lösungsansätze: Der Schwimmunterricht in Bayern solle deutlich ausgebaut, die Kommunen sollen beim Erhalt und der Sanierung von Schwimmbädern unterstützt werden. Konkrete Pläne kann die Staatsregierung allerdings noch nicht vorlegen – was vor allem einer Oppositionspartei im Landtag sauer aufstößt.
Mehr als die Hälfte der bayerischen Bäder gilt als mindestens sanierungsbedürftig, die Kommunen schätzen den Sanierungsstau auf rund 1,78 Milliarden Euro. Immer mehr Kommunen müssen ihre Bäder schließen. Manuel Friedrich, Präsident der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Bayern, sieht darin auch einen der Gründe, warum immer weniger Kinder in Bayern schwimmen können: "In den vergangenen drei Jahren hat sich die Anzahl der Kinder, die am Ende der Grundschulzeit keine sicheren Schwimmer sind, verdoppelt." Zwischen 30 und 40 Prozent der Kinder in diesem Alter würden den Freischwimmer nicht bestehen.
Hinzu kommt, dass in den vergangenen beiden Jahren deutschlandweit nirgends so viele Menschen ertranken wie in bayerischen Gewässern: 2021 starben 60 Menschen, 2022 gab es 69 Badetote zu beklagen. Erst am Wochenende starb etwa ein Fünfjähriger in Haibach, nachdem er während eines Schwimmkurses mit dem Kopf unter Wasser geraten war.
Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast mit einem Rettungsschwimmer aus der Reihe "Augsburg, meine Stadt" an:
Zu geringer Umfang, zu hohe Hürden beim derzeitigen Förderprogramm SPSF
Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze beklagt: "Die Söder-Regierung kennt diese Zahlen schon lange. Zu viele Menschen ertrinken in Bayern, es braucht Bäder, um Schwimmen zu lernen." Unlängst besuchte Schulze das mittlerweile geschlossene Hallenbad in Bobingen, das sie als "symptomatisch für den Zustand der bayerischen Schwimmbäder" empfindet: "In die Jahre gekommen, muss dringend saniert werden, die Kommunen können sich die Sanierung aber nicht leisten." Die Leidtragenden seien letztlich die Menschen, Kinder müssten schwimmen lernen, viele Seniorinnen und Senioren hielten sich zudem in Schwimmbädern fit. "Daran muss der Regierung doch etwas liegen, das zu erhalten", sagt Schulze.
Der Staat wälze die Verantwortung aber auf die Kommunen ab, mit Verweis auf bestehende Förderprogramme. Seit 2019 besteht in Bayern das Sonderprogramm Schwimmbadförderung (SPSF). Darüber sollen bis 2024 Kommunen mit insgesamt 120 Millionen Euro bei der Sanierung von öffentlichen Schwimmbädern unterstützt werden. Das jährliche Volumen wurde bislang allerdings nicht annähernd ausgeschöpft, die bewilligten Mittel rangierten zwischen 4,2 Millionen Euro (2021) und 8,3 Millionen Euro (2020). Das geht aus einer Anfrage der Landtagsfraktion der Grünen vom April hervor. Laut Katharina Schulze fielen die abgerufenen Fördermittel deshalb so niedrig aus, weil sie von zu geringem Umfang seien und Kommunen zu hohe Hürden bewältigen müssten: "Wir fordern deshalb eine Verschlankung der Förderkulisse."
Die Landtags-Grünen rücken die öffentlichen Bäder regelmäßig in den Fokus
In den vergangenen Jahren rückten die Grünen regelmäßig die Sanierungsbedürftigkeit der bayerischen Bäder in den Fokus der Landespolitik, wie Protokollen zu entnehmen ist: Die Fraktion stellte bereits des Öfteren Anfragen zum Zustand und Sanierungsbedarf der bayerischen Bäder, wie zuletzt im April dieses Jahres. Darüber hinaus legte die Grünen-Fraktion allein in der aktuellen Legislaturperiode acht verschiedene Anträge in Bezug auf den Erhalt der öffentlichen Bäder vor. Im Zuge der Haushaltsverhandlungen wurde etwa wiederholt ein deutlicher Mittelzuwachs beim SPSF gefordert. "Diese wurden bislang aber alle abgelehnt", sagt Schulze.
Die Söder-Ankündigung auf dem CSU-Parteitag sieht die Fraktionsvorsitzende deshalb skeptisch: "Ich würde gerne Taten sehen, nicht nur wolkige Halbsatz-Ankündigungen auf einem Parteitag. Bayerische Kommunen müssen jetzt mit Geldern unterstützt werden, nicht mit vagen Ankündigungen." Große interne Absprachen scheint es in der Staatsregierung bislang aber nicht gegeben zu haben. Söder betonte lediglich, dass die Aufstockung der Programme mit Finanzminister Albert Füracker abgesprochen sei. Darüber hinaus heißt es vonseiten der bayerischen Staatskanzlei bislang nur, die Details würden nun ausgearbeitet. Auch das Finanzministerium kann auf Anfrage unserer Redaktion momentan noch keine Einzelheiten mitteilen: "Veränderungen an den Förderprogrammen stehen derzeit noch in der Diskussion."