Der Zeitpunkt ist geschickt gewählt: Nur wenige Tage vor Beginn der Olympischen Spiele in Sotschi erhöht Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) mit einem neuen, eigenen Gesetzesvorschlag den politischen Druck im Kampf gegen Doping im Spitzensport.
Zwar sei die bayerische Justiz, die seit 2009 eine eigene Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Dopingbekämpfung in München unterhält, in den letzten Jahren sehr erfolgreich: So wurde nach Angaben des zuständigen Münchner Oberstaatsanwalts Kai Gräber in den letzten fünf Jahren in mehr als 2300 Fällen gegen Hersteller und Vertreiber der verbotenen Substanzen ermittelt. 408 Beschuldigte wurden verurteilt.
Auch seien bundesweit mehrere „Untergrundlabors“ zerschlagen worden – eines davon laut Gräber „im Raum Würzburg“. Dort würden oft im eigenen Keller „ohne medizinische Kenntnisse und unter fragwürdigen hygienischen Bedingungen“ Dopingsubstanzen zusammengemischt.
„Doch wenn sie mich nach verurteilten Spitzensportlern fragen, dann ist die Antwort: Null“, sagt Oberstaatsanwalt Gräber. Doping im Spitzensport sei nämlich bisher schlicht juristisch nicht greifbar, beklagt auch Bausback: „Hier fehlt schlicht alles, was für eine Strafverfolgung notwendig ist.“
Der Aschaffenburger fordert deshalb nun eine umfassende Lösung, um das Dopingproblem an der Wurzel zu packen: „Ich will ein Sportschutzgesetz, das die Gesundheit der Sportler ebenso schützt wie den sportlichen Wettbewerb.“ So soll nach Bausbacks Vorschlag auf der einen Seite der Besitz von Dopingmitteln schon „ab dem ersten Milligramm“ unter Strafe stehen, um auch gegen dopende Spitzensportler ermitteln zu können.
Verbunden mit einer Kronzeugenregelung könnten so endlich kriminelle Strukturen im Hintergrund zerschlagen werden, hofft der Minister: „Denn Doping ist oft nichts anderes als organisierte Kriminalität.“ Als Strafrahmen für Dopingvergehen schlägt Bausback Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vor.
Auf der anderen Seite soll aber auch für gedopte Spitzensportler ein neuer Straftatbestand des Sportbetrugs eingeführt werden. Auch Bestechung und Bestechlichkeit im Sport sollen künftig strafbar sei, fordert der CSU-Minister. Nur so lasse sich der faire sportliche Wettbewerb schützen: „Denn die Sportgerichtsbarkeit allein ist damit überfordert.“
Bayern kämpft bereits seit 2006 für ein bundesweites Anti-Dopinggesetz. Bislang allerdings ohne Erfolg. So liegt etwa ein bayerischer Gesetzesentwurf seit acht Jahren im Bundesrat auf Eis. Bausback hofft allerdings mit der neuen Bundesregierung auf eine „veränderte politische Konstellation“ in Berlin: So fordert der Berliner Koalitionsvertrag ausdrücklich ein Anti-Dopinggesetz – ohne jedoch in die Details zu gehen.
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) hatte sich kürzlich zwar grundsätzlich positiv gezeigt, aber verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. „Ich will jetzt, dass eine fachliche Diskussion möglichst schnell in Gang kommt“, erklärt Bausback. Deshalb lege er mit seinem Gesetzesvorschlag eine neue, fachlich fundierte Diskussionsgrund- lage vor.
Auf massive Widerstände, etwa vonseiten der Sportverbände, ist Bausback allerdings gefasst. Dort wird unter anderem vor einer Aushebelung der Sportgerichtsbarkeit und der Abschreckung durch Wettkampfsperren gewarnt. Die Sportgerichte würden „dem Problem des Dopings nicht gerecht“, hält Bausback dagegen. Vor allem könnten sie keine „Netzwerke hinter einem konkreten Dopingfall“ aufdecken, argumentiert der Minister: „Und genau das ist es doch, was wir noch wirksamer bekämpfen müssen.“
Bayerns Vorschlag für ein Anti-Doping-Gesetz
Zur effektiven Bekämpfung des Dopings im Spitzensport fordert Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) in einem Gesetzentwurf:
• Die uneingeschränkte Strafbarkeit jeglichen Besitzes von Dopingmitteln und Dopingwirkstoffen, weil dopende Top-Athleten häufig nur kleine Mengen der verbotenen Substanzen bei sich haben, weshalb gegen sie bisher in der Regel nicht strafrechtlich ermittelt werden kann.
• Einführung der Straftatbestände Sportbetrug sowie Bestechlichkeit und Bestechung im Sport, um den sportlichen Wettbewerb zu schützen.
• Umfassende Strafvorschriften gegen den Vertrieb von Dopingmitteln.
• Die uneingeschränkte Strafbarkeit aller Dopingmethoden, um mit ausgeklügelten neuen Dopingpraktiken mithalten zu können.
• Erhöhung des Strafrahmens auf bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.
• Einführung differenzierter Verbrechenstatbestände, etwa für bandenmäßigen Handel oder bei Abgabe von Dopingmitteln an Minderjährige.
• Ermöglichung von Telefonüberwachung und Gewinnabschöpfung sowie Einführung einer „sportspezifischen Kronzeugenregelung“, um Informationen aus der abgeschotteten Dopingszene gewinnen zu können. Text: rys
Über "CO²" unterhalte ich mich gerne an anderer und passender Stelle, aber sich nicht bei diesem Artikel
An die Doping-Problematik müsste man ganz anders und vor allem konzertiert herangehen - so bringt das garnix. Wahrscheinlich wollen sie mit diesem puren Aktionismus nur von der Thematik "Schwarzgeld" ablenken, denn das könnte sie selber treffen...
P.S. Der Grundaussage des ersten Absatzes kann man ja durchaus noch zustimmen, wobei ihre Wortwahl "von ganz oben" und "maßgeblichen Herrschaften" natürlich etwas unpräzise ist und man je nach gusto damit "die einen oder doch die anderen" als gemeint betrachten könnte - you know?
Genau solcher Quatsch wäre dann die allein deutsche Doping-Wende...
(Wie jeder Vergleich hinkt aber auch dieser ein bisschen: während eine Doping-Wende wg. damit verbundenen Medaillenmindererfolges kaum Vorbildwirkung entfalten dürfte, sieht das bei besserer Außenhandelsbilanz wg. geringerer Ausgaben für Energieträgerimporte anders aus...)