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MÜNCHEN
Bayern baut Internet-Polizei stark aus
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 29.01.2014 19:58 Uhr

Bayerns oberster Internet-Polizist hat einen griffigen Vergleich für die aktuelle Sicherheitslage im Internet: Nur weil es in Bayern relativ wenige Wohnungseinbrüche gebe, käme doch auch niemand auf die Idee, auf feste Türen oder Sicherheitsschlösser zu verzichten, sagt Günter Seibold, Leiter der Abteilung „Cybercrime“ beim bayerischen Landeskriminalamt (LKA).

Doch im Internet verzichteten die meisten Nutzer selbst auf einfache Sicherungsmaßnahmen, warnt Seibold: „Um im Bild zu bleiben: Dort haben die meisten ein Haus ohne Türen und Fenster. Und ihre Kreditkarte lassen sie auch noch auf dem Fensterbrett liegen.“

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Zwar ist auch das Internet kein Raum der Gesetzlosigkeit. Doch mit der Nutzung steigen auch die Verbrechen, die mit dem „Tatmittel Internet“ begangen werden, wie es im Polizeijargon heißt. So wuchs laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Zahl der angezeigten Delikte von 2012 auf 2013 um mehr als zehn Prozent auf über 24 000 Fälle. Der materielle Schaden belief sich dabei laut Herrmann auf über 17 Millionen Euro: „Und das sind nur die Zahlen, die uns bekannt geworden sind.“

Dabei wollen die Internet-Kriminellen nicht nur an das Geld ihrer möglichen Opfer: Neben Warenbetrug (plus 23,6 Prozent) und Kreditkartenbetrug (plus 11,1 Prozent) legen auch angezeigte Beleidigungen (plus 23,4 Prozent) oder Erpressungsversuche (plus 13,9 Prozent) im Internet stark zu.

Der Innenminister will auf diese Entwicklung mit einem Ausbau der Internet-Polizei reagieren: Bereits seit Mitte der 1990er Jahre fahndet die bayerische Polizei auch anlassunabhängig nach Straftaten im Internet. Seit 2012 gibt es zudem bayernweit 25 sogenannte „Cybercops“, drei davon in Unterfranken.

„Mit diesen extra zu Polizisten ausgebildeten EDV-Spezialisten haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht und eine bundesweite Vorreiterrolle eingenommen“, findet Herrmann. Noch in diesem Jahr soll die Zahl der bayerischen „Cybercops“ deshalb verdoppelt werden.

Doch auch die Strukturen zur Bekämpfung der Internetkriminalität sollen verbessert werden. So soll das LKA in München zum „Kompetenzzentrum“ für Internetkriminalität werden und auch den in diesem Bereich besonders wichtigen Austausch mit internationalen Sicherheitsbehörden pflegen.

Dazu sollen in ganz Bayern „Cybercrime-Einheiten“ eingerichtet werden. „Bei jeder bayerischen Kriminalpolizeiinspektion gibt es in Zukunft speziell geschulte Beamte zur Bekämpfung der Internetkriminalität“, verspricht der Innenminister. Jedes „Internet-Delikt“ könne dann von der Polizei „bürgernah aufgenommen und fachmännisch bearbeitet“ werden. Und auch technisch will die Polizei mit den Kriminellen mithalten: Hochmoderne „Cyber-Labore“ sollen die Arbeit der Internet-Polizisten unterstützen.

„Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein – weder für Kleinkriminelle noch für das organisierte Verbrechen“, fordert Herrmann – und verlangt mit Blick auf das Internet auch rechtliche Änderungen sowie eine Vorratsdatenspeicherung.

Die staatliche „Schutzpflicht“ im Internet umfasse natürlich auch „Spähangriffe ausländischer Nachrichtendienste“, beteuert der Innenminister auf Nachfrage. Allerdings dürfe man sich keine Illusionen machen: „Es gibt keine technische Möglichkeit, eine Art Schutzschirm über Bayern aufzuspannen“, räumt Herrmann ein.

„Wir können Internet-Sicherheit nicht alleine schaffen“, sagt auch „Cybercop“ Seibold. Jeder Bürger müsse deshalb mithelfen, „sein Haus im Internet sicherer zu machen“.

 
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    In Rom nannte man es panem et circenses, Brot und Spiele....
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  • H. H.
    wie aus dem Lehrbuch für schlechte Politiker:

    "Sobald du merkst oder besser: meinst, dass dein Volk von irgendwas umgetrieben wird, kündige an, dass du dafür/ -gegen was unternimmst. Und zwar vorteilhafterweise, dass du hierzu mehr Leute einstellst, denn das ist dem Volk sofort eingängig. Ob du das dann wirklich machst, ist eine ganz andere Frage - erstens fragt dich normalerweise in einem halben Jahr eh niemand mehr danach, und wenn doch, gibt es zweitens genug wohlfeile Ausreden, warum es bislang nichts wurde. Drittens kannst du, wenn mal wieder Sparen angesagt ist, dann so tun als ob du solche Stellen wieder abbaust. Machen brauchst du aber letztlich gar nichts - denn die Stellen wurden ja auch nie besetzt. Summa summarum einen feinen Lenz gehabt, die Leute sind im Durchschnitt so zufrieden, dass sie dich wieder wählen, deine sichere Altersversorgung wieder eine Legislaturperiode näher gerückt."

    Aber irgendwie steigt dabei immer mehr die Politik(er)verdrossenheit. Komisch.
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    Lustig, da soll er mal die Mainpost-online lesen. Jeden Tag mehrere Einbrüche. Eventuell würde ja etwas mehr Polizeipräsenz auf der Straße beim Bürger helfen, anstatt die Cyberpolizei zu fördern. Aber wer tauscht schon als Beamter nen Schreibtisch gegen die Straße....
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