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AUGSBURG/IRSEE
Bayerische Bezirke sind empört
reda
 |  aktualisiert: 22.05.2015 19:02 Uhr

Im Bayerischen Bezirkstag hat sich gewaltiger Ärger aufgestaut. Das Reizwort für Präsident Josef Mederer (CSU), der mit seinem kommunalen Spitzenverband die Interessen der sieben bayerischen Bezirke vertritt, heißt „Bundesteilhabegesetz“. Im Kern geht es darum, dass geistig, seelisch und körperlich behinderte Menschen wegen ihres Handicaps nicht per se zum Sozialfall werden sollen.

Die Bezirke jedoch fühlen sich allein gelassen und mit der Eingliederungshilfe, die Behinderte erhalten, finanziell überfordert. Denn dank medizinischer Fortschritte haben Menschen auch mit schwerwiegenden Behinderungen eine Lebenserwartung, die vor Jahrzehnten so nicht vorstellbar war.

Bereits seit Jahren schwebt den Bezirken eine Drittelfinanzierung vor, an der sich neben den Kommunen (Bezirke) die Länder und vor allem der Bund beteiligen soll. 2013 rangen sich die Koalitionspartner in Berlin dazu durch, dies auch in den Koalitionsvertrag aufzunehmen.

Mederer hat sich damals „sehr gefreut darüber, dass wir es im Sinne der behinderten Menschen endlich geschafft haben, den Bund mit ins Boot zu holen“. Doch die Freude ist längst verflogen.

„Völlig unzureichend“

Der Bund will ab diesem Jahr und in den beiden darauffolgenden Jahren jeweils mit einer Milliarde Euro Entlastung beitragen – die eine Hälfte soll an Landkreise und kreisfreie Städte über einen höheren Umsatzsteuer-Anteil fließen. Die andere Hälfte geht – so der Plan – indirekt an die Länder über eine höhere Bundeserstattung für Unterkunftskosten bei Sozialhilfeempfängern. Ab dem Jahr 2018 schließlich hat der Bund signalisiert, sich mit jährlich fünf Milliarden zu beteiligen.

Der bayerische Bezirkstags-Präsident hält das Vorhaben für völlig unzureichend und auch noch für falsch adressiert. Bereits jetzt belaufen sich Mederer zufolge die Gesamtaufwendungen für die Eingliederungshilfe in Deutschland auf über 15 Milliarden Euro. Ein Drittel der Kosten übernimmt der Bund also selbst nicht im Jahr 2018, geschweige denn jetzt. Wegen des erwarteten Anstiegs der Fälle müsse die Summe zudem „dynamisiert“ werden und dürfe nicht festgeschrieben bleiben.

Als „größte Ungerechtigkeit überhaupt“ empfindet es der CSU-Kommunalpolitiker, dass die Gelder „nicht dort ausbezahlt werden, wo sie auch anfallen“ – in Bayern ist das bei den Bezirken. Kreise, Städte und Gemeinden könnten Gelder einstreichen, „ohne zu wissen warum“. Und später wird es ihnen dann über eine deutlich erhöhte Umlage, die die Bezirke erheben, wieder abgenommen. Der Streit sei durch die falsche Systematik bereits programmiert.

„Mir hat noch niemand erklären können, welcher Sinn hinter dieser irrsinnigen Hin- und Herschieberei steckt“, sagt der 66-Jährige Mederer. Er will kommunale Spitzenverbände und Bundestagsabgeordnete dafür gewinnen, sich für eine Änderung einzusetzen.

Das Bundesteilhabegesetz wird zentrales Thema bei der Vollversammlung des Bezirkstags Anfang Juli in Amberg sein. Dann wird auch ein 15 Eckpunkte umfassendes Papier beschlossen, das sich mit der Besserstellung behinderter Menschen befasst. Mederer setzt sich etwa dafür ein, dass es einen leichteren Wechsel von Arbeitskräften aus Werkstätten für Behinderte in den ersten Arbeitsmarkt geben soll und auch wieder zurück, „falls das nicht funktioniert“.

Gleichwertige Lebensverhältnisse

Darüber hinaus sollten Menschen mit entsprechenden Leistungseinschränkungen in zwei Stufen (400 und 800 Euro monatlich) grundsätzlich ein Bundesteilhabegeld erhalten, „um nicht länger in der Rolle des Bittstellers und Almosenempfängers“ sein zu müssen. „Sie haben das Anrecht auf gleichwertige Lebensverhältnisse.“

 
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