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Bauminister Bernreiter will Tempo bei Wohnungsbau
dpa
 |  aktualisiert: 04.04.2022 02:22 Uhr

Der neue bayerische Minister für Wohnen, Bau und Verkehr, Christian Bernreiter (CSU), will angesichts der aus der Ukraine geflohenen Menschen mehr Tempo beim Wohnungsbau machen. Zudem forderte er auch Städte und Gemeinden auf, sich an den Bemühungen für mehr Wohnungen zu beteiligen. Man sei hier auf Kooperation angewiesen, weil diese die Hoheit über die Bebauungspläne haben.

Frage: Lassen Sie uns mit dem Schwierigsten beginnen, dem Bau günstiger Wohnungen. Dafür wurde 2018 eigens die staatliche Wohnungsbaugesellschaft Bayernheim gegründet. Sie sind der vierte Minister innerhalb von vier Jahren, und das auf einem Gebiet, auf dem es vor allem auf Kontinuität ankommt. Das ist doch ein Problem, oder?

Bernreiter: Das kann ich als bisher Außenstehender noch nicht beurteilen. Ich habe mich in den ersten vier Wochen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier im Haus intensiv unterhalten. Es gibt zum Glück in Bayern keine politischen Beamten, die einer Partei oder einem Minister gehören, sondern alle fühlen sich dem Staat verpflichtet. Sie sorgen für Kontinuität und versichern mir, dass wir in Bayern auf einem beachtlichen Weg sind. Bei der Bayernheim sind derzeit knapp 3500 Wohnungen in Bestand, Bau, Planung oder Entwicklung. Allerdings habe ich tatsächlich schon in den ersten beiden Wochen jede Menge Briefe bekommen, warum dieses oder jenes Vorhaben nicht geht.

Genau das ist doch eines der Probleme. Oder andersrum: Der einzige Vorteil der staatlichen Bayernheim ist doch im Wettbewerb mit privaten oder kommunalen Unternehmen, dass sie einen privilegierten Zugriff auf staatliche Grundstücke hat – der Staat, genauer gesagt die Ministerien, diese Grundstücke aber bisher nicht rausrücken. Sehen Sie eine Chance, das zu ändern?

Bernreiter: Selbstverständlich sehe ich diese Chance, andernfalls bräuchten wir diese Aufgabe ja gar nicht anzupacken. Wir müssen das ändern. Der Staat muss versuchen, so viele Grundstücke wie möglich zur Verfügung zu stellen. Der Wohnungsmarkt war schon vor dem Krieg in der Ukraine angespannt, jetzt ist er es noch viel mehr. Das ist mittlerweile nicht nur in den Städten, sondern auch im ländlichen Raum ein Top-Thema, das die Leute umtreibt. Deshalb müssen da jetzt auch alle anpacken. Der Staat muss Grundstücke zur Verfügung stellen. Aber auch Städte und Gemeinden müssen mitmachen. Das habe ich den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern vergangene Woche in einer Videoschalte auch gesagt. Wir sind da auf Kooperation angewiesen, weil Städte und Gemeinden die Hoheit über die Bebauungspläne haben. Ich habe mich in dieser Sache auch an die Kirche als großen Grundbesitzer gewandt. Kardinal Reinhard Marx hat mir zugesichert, dass er das Thema auf die Tagesordnung der Freisinger Bischofskonferenz setzt.

Wie sind die Reaktionen?

Bernreiter: Im Grundsatz stoße ich auf Wohlwollen. Aber wenn es konkret wird mit einem Bauvorhaben, dann kommen häufig die Einwände: Da ist eine Hundewiese, dort ist es grün, da geht keine Nachverdichtung, dort geht es um die Aussicht. Ich sage: Wir müssen wieder mehr das „Wir“ in den Vordergrund stellen und das „Ich“ wieder etwas zurückdrängen. Wenn das nicht fruchtet, dann muss man sich tatsächlich über die rechtlichen Regularien unterhalten und die Frage stellen, wie man schneller zu bebaubaren Grundstücken kommt. Das geht dann nur über den Bundesrat im Baugesetzbuch.

Es gab gegenüber der Bayernheim, die nach der Vorgabe von Ministerpräsident Markus Söder bis zum Jahr 2025 10.000 zusätzliche Wohnungen bauen soll, von Anfang an einen Einwand: Die Bauwirtschaft sei mit ihren Kapazitäten ohnehin an ihren Grenzen und durch eine neue Wohnungsbaugesellschaft würde in der Summe auch nicht mehr gebaut werden können. Es sei ein Nullsummenspiel. Haben Sie da ein Gegenargument?

Bernreiter: Ja. Uns geht es nicht einfach um Wohnraum. Als Staat haben wir eine soziale Verantwortung, deshalb geht es auch darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wir haben die entsprechenden Grundstücke und mir ist noch nicht zu Ohren gekommen, dass wir, wenn wir Aufträge vergeben, keine Angebote bekommen.

Der Wohnungsbau ist nicht Ihr einziges Problem. Was beschäftigt Sie aktuell sonst noch?

Bernreiter: Ein großes Thema ist natürlich die Verkehrsinfrastruktur. Aber am meisten treibt mich zurzeit die Steigerung der Spritpreise um. Die Vorschläge, die im Moment aus Berlin kommen, überzeugen mich nicht. Das ist für mich eine Missachtung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im ländlichen Raum. Mit einem Energie- oder Mobilitätsgeld ist jemandem, der zum Beispiel aus dem Bayerischen Wald 80 oder 100 Kilometer zur Arbeit fährt, nicht geholfen. Ich habe daheim einen Lehrling als Nachbarn, der fährt täglich 40 Kilometer zu seiner Ausbildungsstätte. Da ist der Fünfziger schon mit einmal Tanken weg. Und die Forderung nach einem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs hilft uns da auch nicht weiter.

Wenn das Benzin auf Dauer teurer wird, dann ist aber doch der ÖPNV die beste Alternative?

Bernreiter: Ja, da bin ich ja auch voll dabei. Aber im ländlichen Raum ist das halt etwas anderes als in München oder anderen großen Städten, wo es ausreichend viele Fahrgäste gibt. In dünner besiedelten Regionen müssen wir auf flexible Angebote zurückgreifen. Von einem flächendeckenden ÖPNV ab fünf Uhr morgens halte ich persönlich gar nichts. Leere Busse fahren zu lassen, ist weder ökologisch noch wirtschaftlich sinnvoll. Wenn ich vor Ort mit Leuten vom Bund Naturschutz rede, dann geben mir die in diesem Punkt recht. Ein ÖPNV bis in den kleinsten Ort auch zu den Tagesrandzeiten ist für mich Utopie und auch ökologisch ein Unsinn. Zu den Kernzeiten, wenn es tatsächlich eine Nachfrage gibt, ist das etwas anderes. Da muss man sehen, was möglich ist.

 
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