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Bankvollmacht: Kein Platz für Misstrauen
Bankvollmacht: Einer anderen Person freie Hand über die eigenen Geldangelegenheiten zu geben, fällt vielen schwer. Im Ernstfall kann eine entsprechende Vollmacht den Angehörigen aber vieles erleichtern.
500945091       -  Vertrauensfrage: Anderen Personen die volle Kontrolle über das eigene Geld zu geben, fällt schwer
Foto: thinkstock | Vertrauensfrage: Anderen Personen die volle Kontrolle über das eigene Geld zu geben, fällt schwer
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 14.11.2015 03:53 Uhr

Als alles geregelt war, war das eine große Erleichterung für mich“, sagt Esther H. (Name von der Redaktion geändert). Doch in ihrer Geschichte geht es nicht darum, dass die 55-Jährige für den Fall einer eigenen Handlungsunfähigkeit vorgesorgt hat. Vielmehr zeigt die Erfahrung von Esther H., wie sehr Angehörige von klaren Regelungen für schwere Zeiten profitieren. Als die Mutter von Esther H. 2006 schwer erkrankt und ins Krankenhaus muss, stellt das die Familie vor viele Probleme, unter anderem vor die banale Frage, wie der Vater an Geld kommt oder Rechnungen begleichen kann. „Behördengänge erledigte meine Mutter“, erzählt Esther H. Alleine zur Bank zu gehen, war für den damals 87-Jährigen schon seit langem unmöglich.

Die Lösung war eine Bankvollmacht, die ihr Vater unterschrieb. Eine solche berechtigt dazu, Überweisungen auszuführen, Geld abzuheben, Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen. Was nicht geht: Der Bevollmächtigte kann weder neue Kreditverträge abschließen noch Kreditkarten beantragen oder gar das Konto auflösen. „Der Dispo-Kredit kann aber sehr wohl in Anspruch genommen werden“, sagt Bernhard Roth, Experte für Vermögensnachfolge bei der HypoVereinsbank.

Banken können in der Regel auch nicht prüfen, ob der Bevollmächtigte zu Recht Gebrauch von seiner Vollmacht macht und ob der Kontoinhaber tatsächlich nicht handlungsfähig ist.

Ein Restrisiko bleibt also. „Unsere Mitarbeiter müssen also aufmerksam sein und ungewöhnlichen Kontobewegungen nachgehen, indem zunächst beim Kontoinhaber nachgefragt wird“, beruhigt Roth. Einigen Kunden koste es dennoch Überwindung, eine Bankvollmacht auszustellen, so Roth weiter. „Sie ist ein enormer Vertrauensbeweis, deswegen sollte man sich eine Person aussuchen, der man dieses Vertrauen auch entgegenbringt, damit man auch nach der Unterschrift noch beruhigt sein kann.“

Für Roth überwiegen unterdessen ohnehin die Vorteile. Schließlich darf ohne das Einverständnis des Kontoinhabers zum Beispiel im Fall einer schweren Erkrankung nicht einmal der Ehepartner auf dessen Geld zugreifen, solange keine Vollmacht vorliegt oder man ohnehin ein gemeinsames Konto hat. Auch im Todesfall können die Erben nicht auf die Konten zugreifen, solange kein Erbschein vorliegt – und auf den wartet man bisweilen mehrere Wochen.

Deswegen rät Roth seinen Kunden zu einer Vollmacht. „Die sollte auch das Online-Banking mit einschließen“, so der Experte. Inzwischen sind laut Bundesbank fast 100 Millionen Girokonten in Deutschland registriert, von denen mehr als die Hälfte per Electronic Banking als Onlinekonten geführt werden.

Sich die Bankvollmacht zu sparen und einer Vertrauensperson das Passwort für das Online-Banking zu verraten, damit diese dann Rechnungen über das Internet begleichen kann – davor warnt Roth: „Wer sein Passwort an Dritte weitergibt, handelt fahrlässig.“ Man laufe Gefahr, im Missbrauchsfall nicht über das Kreditinstitut abgesichert zu sein. Gleiches gelte für die Weitergabe der Geheimnummer der Kontokarten. Daher gebe es im Zusammenhang mit einer Bankvollmacht auch die Möglichkeit, eine EC-Karte für das entsprechende Konto auf den Bevollmächtigten auszustellen.

Wenn man sich zu einer Bankvollmacht entschließt, müssten unterdessen nicht alle Konten freigegeben werden, betont Roth. So genüge es oft, wenigstens für das Zahlungsverkehrskonto – also jenes, auf das etwa die Rente eingeht – eine Vollmacht zu erteilen, damit im Krankheits-, Pflege- oder Todesfall beispielsweise Arztrechnungen durch den Bevollmächtigten bezahlt werden können.

Darüber hinaus bieten viele Banken verschiedene Laufzeitmodelle an: So gibt es Bankvollmachten, die entweder im Todesfall automatisch enden oder erst ab dem Zeitpunkt des Todes in Kraft treten. Und es werden zeitlich unbegrenzte Vollmachten angeboten, die ab Unterschrift und über den Tod hinaus gelten – so wie die von Esther H.s Vater.

Wenige Jahre nachdem die Mutter im Krankenhaus schließlich gestorben war, wurde der Vater zum Pflegefall. Bevor er starb, lebte er noch einige Zeit in einem Würzburger Heim. „Die Kosten für das Heim mussten genauso beglichen werden wie die für die anstehende Beerdigung“, sagt Esther H. Gerade im medizinischen Bereich können sich Rechnungen bekanntermaßen schnell über einige Tausend Euro belaufen. Ähnlich sieht es mit Forderungen von Bestattungsunternehmen aus.

„Dass wir uns in der ersten Trauerphase nicht damit beschäftigen mussten, wie wir zeitnah die Rechnungen bezahlen können, war sehr hilfreich“, erinnert sich Esther H. Die Erfahrung, die sie vor knapp zehn Jahren mit ihren Eltern gemacht hat, hat sie dazu bewogen, selbst tätig zu werden. „Mein Vater hat erst mit 87 eine Bankvollmacht unterschrieben und andere Vorkehrungen getroffen“, erklärt sie. „Ich möchte, dass meine beiden Söhne im schlimmsten Fall so wenige Probleme wie möglich haben.“ Schon vor einigen Jahren hat sie daher ihren Söhnen mehrere Vollmachten erteilt für den Fall, dass sie selbst einmal nicht mehr handeln kann.

Ein Risiko sieht sie dabei nicht. „Ich habe keinen Grund, meinen Kindern zu misstrauen“, sagt sie.

 
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