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Augsburg/Ulm
Trassensuche über schwieriges Terrain
Für den Ausbau der Bahnstrecke von Augsburg nach Ulm stehen nur noch drei Streckenvorschläge zur Diskussion. Wie geht es jetzt weiter?
Symbolfoto Bahn / Bahnausbau /.jpeg       -  Nach Beendigung des Raumordnungsverfahrens stehen noch drei Varianten plus zwei kleine Mini-Varianten zur Debatte.
Foto: Marcus Merk | Nach Beendigung des Raumordnungsverfahrens stehen noch drei Varianten plus zwei kleine Mini-Varianten zur Debatte.
Josef Karg
 |  aktualisiert: 10.06.2024 02:37 Uhr

Die Planungen für den Ausbau der Bahnstrecke zwischen Ulm und Augsburg gehen voran. Zuletzt hat die Regierung von Schwaben das Raumordnungsverfahren abgeschlossen. Dabei hat man drei Trassen als machbar eingestuft, zwei andere wurden abgelehnt. Was bedeutet dies nun für das Projekt? 

Wie ist der Stand nach dem Raumordnungsverfahren?

Im Mai 2025 soll nach heutigem Stand der Bundestag darüber entscheiden, ob die ICE-Strecke tatsächlich umgesetzt wird. Dann folgen weitere Planungen und das Genehmigungsverfahren. Damit gebaut werden kann, müssen vom Bundestag und dem Bundesverkehrsministerium entsprechende Gelder bereitgestellt werden. Und die stehen nach dem Verfassungsgerichtsurteil zum Bundeshaushalt nicht mehr so üppig zur Verfügung wie gedacht. Ob sich das auf den Bau der Strecke auswirkt, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht definitiv sagen. Bekannt ist aber, dass für Neubauprojekte statt 45 Milliarden Euro nur noch 27 Milliarden zur Verfügung stehen. Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer (FDP) sah darin zuletzt kein Problem. „Es gibt die klare Ansage an die Deutsche Bahn, dass weiter zügig geplant werden muss“, sagte er im Februar unserer Redaktion. 

Um welche Trassen geht es künftig?

Ursprünglich standen sieben Trassenvarianten zur Debatte. Sie waren nach Farben – Türkis, Blau-Grün, Orange und Violett plus drei Untervarianten – bezeichnet. Zwei davon wurden von der Regierung von Schwaben als „nicht raumverträglich“ eingestuft. Daraufhin hat man rund 150 Stellungnahmen, unter anderen von Bürgerinitiativen oder öffentlichen Stellen, ausgewertet, beurteilt und eingearbeitet. Aktuell sind noch drei Vorschläge (plus zwei Minivarianten) übrig: die Strecken Violett (mit den Möglichkeiten Durchfahrung oder Umfahrung von Burlafingen), Orange (Bündelung A 8 oder Tiefbahnhof Zusamtal) sowie Türkis. Letztere verläuft fast als komplette Neubaustrecke zwischen Ulm und Augsburg. Sie führt vom Augsburger Hauptbahnhof Richtung Gersthofen und zweigt im Landkreis Augsburg zur Autobahn 8 ab. Die Trassenvarianten Blau-Grün und „Orange Tunnel Mindeltal“ schieden aus.

Blau-Grün hätte durch Gessertshausen und Dinkelscherben (Landkreis Augsburg) geführt und im Landkreis Günzburg Grundwasservorkommen gequert, die für die künftige Trinkwasserversorgung wichtig sind. Bei „Orange Tunnel Mindeltal“ wäre ein in der Nähe von Burgau (Landkreis Günzburg) geplantes Hochwasserschutzprojekt nicht mehr möglich gewesen. Die zuständige DB Infrago AG kann nun entscheiden, für welche der noch zur Diskussion stehenden Trassenvarianten sie nun die Detailplanung angeht.

Was muss bei der Detailplanung beachtet werden?

Es gilt für die Bahn, bestimmte Maßgaben zu berücksichtigen. Das ist zum Beispiel der Immissionsschutz für Siedlungsgebiete, der Schutz bestehender Trinkwassergewinnungsanlagen, die Erhaltung eines funktionsfähigen land- und forstwirtschaftlichen Wegenetzes sowie der Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft. Auch muss die Bahn Möglichkeiten für zusätzliche Haltepunkte offenhalten. 

Wann soll die Strecke fertig werden?

Noch gibt es dazu keine näheren Angaben, dazu ist das Projekt noch in einem zu frühen Stadium. Wolkig heißt es im Verkehrswegeplan: ab 2030. Es dürfte aber deutlich später werden, eher 2040. 

Wie teuer wird die Strecke?

Die Bahn nennt keine aktuellen Schätzungen. Für die Strecke sind gemäß Bundesverkehrswegeplan, jedoch zum Preisstand von 2015, Investitionen von 2,039 Milliarden Euro vorgesehen. Das Projekt dürfte aber massiv teurer werden. 

Wo liegen die Herausforderungen für die Planer?

Allein die landschaftlichen Gegebenheiten zwischen Augsburg und Ulm stellen die Projektplaner vor einige Herausforderungen. Denn mehrere Flusstäler ziehen sich von Süd nach Nord, während die Bahnstrecke von West nach Ost verläuft. So müssen tiefe Flusstäler überwunden werden, dazu kommen Seen und Moorgebiete. Außerdem führen die Streckenvarianten durch sogenannte Vorranggebiete, die zum Beispiel für Windkraft und Bodenschätze vorgesehen sind. Jetzt, wo die drei Trassenverläufe in feststehen, kann die Detailplanung beginnen, in der Fragen zu klären sind wie: Wo können Brücken gebaut werden, wo ist besser ein Tunnel? Weil die Strecke nicht nur für Fernverkehrszüge, sondern auch Güterzüge ausgelegt werden soll, wird die Planung noch komplizierter. Denn beim schweren Gütertransport (die Züge sind bis zu 740 Meter lang) spielt die Steigung eine große Rolle. 

Warum wird das Projekt dringend benötigt?

Der heute 86 Kilometer lange Streckenabschnitt gilt als ein Teil der europäischen Magistrale, die zwischen Paris und Bratislava/Budapest verläuft. Das Bauvorhaben ist im Bundesverkehrswegeplan 2030 enthalten und als „vordringlicher Bedarf“ eingestuft. Ziel ist es, die Reisezeiten zwischen Ulm und Augsburg im Fernverkehr auf 26 Minuten beziehungsweise 40 Minuten bei einem Fernverkehrshalt in Günzburg zu verkürzen. Um diese Zeiten zu erreichen, müssen die Züge deutlich schneller fahren als bisher. Für Geschwindigkeiten bis zu 300 km/h ist die Bestandsstrecke nicht geeignet. Würde nicht ausgebaut, wäre das für die anliegenden Städte eine massive Schwächung im Schienenverkehr. 

Wie ist Historie der Strecke?

Die Bahnstrecke Augsburg–Ulm ist eine elektrifizierte, zweigleisige Schienenverbindung zwischen Bayern und Baden-Württemberg. Sie wurde vor etwa 170 Jahren ursprünglich als Teil der Königlich Bayerischen Maximiliansbahn erbaut und betrieben.

Weniger Verspätungen, mehr Klimaschutz. Mit diesem Versprechen will die Deutsche Bahn eine neue ICE-Strecke zwischen Augsburg und Ulm bauen. Aber dagegen regt sich Widerstand. Hören Sie über diesen Konflikt unseren dreiteiligen Recherche-Podcast "Weichenstellung" .

 
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